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Schwerbehinderung: Eine Rente kann rückwirkend erhöht werden

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27. März 2025

Wurde bereits eine Altersrente bewilligt und wird nun eine Schwerbehinderung festgestellt, kann sich die Rente erhöhen. Außerdem kann die gesetzliche Altersrente wegen Schwerbehinderung vorzeitig in Anspruch genommen werden, wenn bei Beginn der Altersrente die Schwerbehinderung anerkannt ist. Rückwirkend Anspruch auf höhere Altersrente Das Bundessozialgericht hat entschieden (Az. B 13 R 44/07 R), dass Rentnerinnen und Rentner rückwirkend Anspruch auf eine höhere Altersrente haben, wenn nachträglich festgestellt wird, dass sie seit Rentenbeginn als schwerbehindert gelten. Dies gilt selbst auch dann, wenn die Schwerbehinderung zum Zeitpunkt der erstmaligen Rentenantragstellung noch nicht festgestellt oder beantragt war. Wichtig ist, dass das Versorgungsamt die Schwerbehinderung nachträglich anerkennt und diese Anerkennung rückwirkend ab Beginn der ersten bewilligten Rente gilt. Rentnerinnen und Rentner, bei denen dies der Fall ist, können dadurch eine höhere Rente ohne die sonst üblichen Abschläge oder mit geringeren Abschlägen gegenüber der ursprünglich bewilligten Altersrente erhalten. Entscheidend ist die Behinderung, nicht das Datum ihrer Feststellung Für die Anerkennung einer Schwerbehinderung kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Feststellung an. Für die Rente genügt der Nachweis, dass die Schwerbehinderung bei Rentenbeginn objektiv vorlag. Muss der Antrag auf Schwerbehinderung entschieden sein? Anträge auf Schwerbehinderung nehmen oft viel Zeit in Anspruch. Sie erfordern ärztliche Gutachten, oft von mehreren Ärzten, und manchmal kommt es zu Auseinandersetzungen mit den Versorgungsämtern und der Rentenkasse über die Anerkennung und den Grad der Behinderung. Da eine Schwerbehinderung erst ab einem Grad der Behinderung von 50 vorliegt, geht es bei der Feststellung auch um Rentenvergünstigungen. Lesen Sie auch: 2 Jahre bis zur Rente überbrücken Widerspruch und Klage Nicht selten landen solche Konflikte zwischen Betroffenen und Behörden bei den Sozialgerichten. Dafür müssen die Kläger zuvor aber in der gesetzten Frist Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid eingelegt haben und diesen muss die Behörde wiederum zurückgewiesen haben. Im nächsten Schritt kann dann ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht angestrengt werden. Endet dieses zugunsten des Klägers und kommt es jetzt zur Anerkennung der Schwerbehinderung, dann kann dies nachträglich auf die Rente bezogen werden. Rückwirkende Anpassung Wird eine Schwerbehinderung rückwirkend anerkannt, dann muss die Höhe der Rente entsprechend angepasst werden. Dabei spielt es keine Rolle, wenn die Anerkennung per Bescheid nicht zum Zeitpunkt des Rentenbeginns vorlag. Auch wenn der Bescheid des Versorgungsamtes erst nach Bewilligung der Altersrente erfolgt, gilt er - und dann rückwirkend. Es kommt nicht auf das Datum an Das Bundessozialgericht stellte in einem Urteil klar, dass es nicht auf das Datum des Bescheides vom Versorgungsamt ankommt, sondern eine spätere Anerkennung auch rückwirkend gültig ist. (B 13 R 44/07 R) Ausdrücklich gilt dies laut dem Urteil auch, wenn erst ein Überprüfungsantrag nach Paragraf 44 SGB IX die rückwirkende Anerkennung durchsetzte. Keine Benachteiligung wegen falschen Entscheidungen Das Gericht begründete dies damit, dass sonst Menschen benachteiligt würden, die ihren Anspruch nur deshalb nicht "im ersten Anlauf durchsetzen" konnten, weil Verwaltungen falsch entschieden. Nur bei Rente, nicht bei Pension Die rückwirkende Anerkennung und die damit verbundenen Vorteile bei der Altersversorgung gelten nur bei der gesetzlichen Rente, nicht aber bei Pensionen für Beamte mit Schwerbehinderung. Im Beamtenrecht wird eine "Zurruhesetzungsverfügung" nicht im Nachhinein verändert, weil nach Eintritt in die Pension eine Schwerbehinderung anerkannt wird. Praktische Tipps für Betroffene Erstens: Ein nach Rentenbeginn erfolgter Antrag auf rückwirkende Feststellung einer Schwerbehinderung kann einen bestehenden Bescheid eines Grades der Behinderung unter 50 anfechten, was für die Betroffenen Vorteile und bares Geld bedeuten kann. Zweitens: Wenn vor Antritt der Rente ein Grad der Behinderung von 50 (oder mehr) und will das Versorgungsamt diesen entziehen, dann helfen Rechtsmittel wie Widerspruch und Klage. Sogar wenn diese am Ende erfolglos sein sollten, muss die Altersrente für Menschen mit Schwerbehinderungen bis zum letztlichen Gerichtsbeschluss gezahlt werden - und bei Erfolg auch weiterhin.

Aktuelles

Beitragsbild von: Bürgergeld: Muss man den Gesundheitsfragebogen vom Jobcenter ausfüllen?

27. März 2025

Der Gesundheitsfragebogen des Jobcenters dient dazu, die Erwerbsfähigkeit eines Leistungsbeziehers auf ihre gesundheitliche Eignung hin zu überprüfen. In der Regel wird er vom Jobcenter verschickt, wenn Zweifel bestehen, ob jemand in dem vorgesehenen Umfang arbeiten kann. Mit seinen persönlichen Angaben im Gesundheitsfragebogen kann man dem Ärztlichen Dienst relevante Informationen zu bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Diagnosen geben. Theoretisch können diesen Fragebogen auch Betroffene selbst anfordern, wenn sie eine erneute Überprüfung ihrer Erwerbsfähigkeit wünschen. Wir werden allerdings immer wieder gefragt, ob eine Pflicht besteht, diesen Fragebogen auszufüllen und ob Sanktionen folgen, wenn man quasi seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt. Warum herrscht Verwirrung bei der Freiwilligkeit der Angaben? Auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit wird der Gesundheitsfragebogen ausdrücklich als freiwilliges Instrument bezeichnet. Es wird betont, dass alle persönlichen Angaben, die auf dem Fragebogen gemacht werden, dem Datenschutz unterliegen und in einem verschlossenen Umschlag direkt an den Ärztlichen Dienst gehen. Das Jobcenter, also die jeweilige Fachkraft oder Sachbearbeitung, erfährt nur das Ergebnis in Form einer sozialmedizinischen Stellungnahme. Dort wird angegeben, in welchem Umfang und auf welche Weise jemand in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt sein könnte, aber nicht warum. Auf den offiziellen Dokumenten, die den Betroffenen zugeschickt werden, ist jedoch ebenfalls vermerkt, dass eine Weigerung, den Gesundheitsfragebogen auszufüllen, unter bestimmten Umständen zu einer Versagung oder Kürzung der Leistungen führen kann. Das wirft die Frage auf, wie freiwillig die Abgabe der Angaben tatsächlich ist. Ist die Schweigepflichtentbindung wirklich verpflichtend? Im Gesundheitsfragebogen wird häufig nahegelegt, man solle die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbinden. Damit soll der Ärztliche Dienst detaillierte Informationen einholen können, ohne den Betroffenen erneut untersuchen zu müssen. Nach allgemeiner Rechtsauffassung und den Aussagen von Datenschutzbeauftragten besteht jedoch keine Pflicht, diese Schweigepflichtentbindung zu unterschreiben. Wer seine Ärzte dennoch entbinden möchte, tut dies aus eigenem Entschluss und kann sich davon Vorteile erhoffen, weil bereits vorliegende ärztliche Unterlagen berücksichtigt werden. Lesen Sie auch: - Bürgergeld: Jobcenter muss auch ohne mietvertragliche Vereinbarung Renovierung zahlen Können Bürgergeld-Leistungen eingestellt werden, wenn man den Fragebogen nicht ausfüllt? In den Unterlagen zum Gesundheitsfragebogen finden sich Hinweise, dass eine Verweigerung der Mitwirkungspflicht ohne wichtigen Grund zu Leistungskürzungen führen kann. Gleichzeitig wird in anderen Dokumenten und auf der Website der Bundesagentur für Arbeit klargestellt, dass das Ausfüllen der medizinischen Angaben eine freiwillige Entscheidung ist. Hier liegt der Kern des Widerspruchs: Die rechtliche Grundlage (§ 62 SGB I) erfordert eine Mitwirkung im Sinne einer ärztlichen Untersuchung, verpflichtet aber nicht zum Einreichen eines ausgefüllten Fragebogens. Wer nicht kooperiert, kann unter Umständen Leistungen gefährden. Wer allerdings nur die Teilnahme an einer Untersuchung verweigert, verstößt klar gegen die Mitwirkungspflicht. Das bloße Nicht-Ausfüllen des Fragebogens ist juristisch umstritten und wird von einigen Experten nicht als Verstoß angesehen. Wie begründet sich der Widerspruch zwischen Praxis und rechtlicher Auslegung? Für viele Menschen ist es widersprüchlich, dass ein Instrument zugleich als freiwillig bezeichnet wird und bei Ablehnung Konsequenzen in Form von Leistungsentzug haben könnte. Einige Juristinnen und Juristen gehen davon aus, dass die Behörden diesen Fragebogen als Teil der Mitwirkungspflicht behandeln, obwohl das SGB I lediglich zur ärztlichen Untersuchung verpflichtet, nicht aber zur Preisgabe sämtlicher Gesundheitsdetails. Das führt dazu, dass in offiziellen Dokumenten zwei voneinander abweichende Darstellungen zu finden sind: Einerseits die Freiwilligkeit, andererseits die Androhung von Sanktionen. Was sagen Experten zu dieser Unsicherheit? Dr. Utz Anhalt, der sich intensiver mit Sozialrecht befasst, berichtet von zahlreichen Fällen, in denen Jobcenter auf die Rückgabe des Gesundheitsfragebogens bestehen und gleichzeitig mit Leistungssperren drohen. Andere Fachleute verweisen jedoch auf den eigentlichen Wortlaut des Gesetzes. Danach besteht Mitwirkungspflicht primär in der Pflicht zur Untersuchung oder Vorstellung beim Ärztlichen Dienst, nicht jedoch zur detaillierten Offenlegung aller Befunde. Wer sich auf sein Recht berufen möchte, nur das Nötigste preiszugeben, kann dabei rechtliche Beratung in Anspruch nehmen und gegebenenfalls Widerspruch gegen Bescheide einlegen, die eine Kürzung der Leistung vorsehen. Wie sinnvoll ist das Ausfüllen für Betroffene trotzdem? Einige entscheiden sich aus freien Stücken dafür, den Bogen auszufüllen, wenn sie zum Beispiel eindeutige Diagnosen haben, die eine Einschränkung ihrer Erwerbsfähigkeit nachvollziehbar machen. Wer von einer schnelleren und reibungslosen Bearbeitung profitiert, könnte mit den entsprechenden Angaben die eigenen Interessen stützen. Der Ärztliche Dienst kann dann effizienter prüfen, wo und in welchem Umfang eine Einschränkung vorliegt. Ob dies im Einzelfall ratsam ist, hängt von der jeweiligen persönlichen und gesundheitlichen Situation ab. Welcher Umgang ist empfehlenswert? Eine klare Rechtslage ist in der Praxis oft schwieriger umzusetzen, als es auf dem Papier den Anschein hat. Bei Unsicherheiten ist es ratsam, sich beraten zu lassen und möglicherweise Fachleute hinzuzuziehen, die auf Sozialrecht spezialisiert sind. Für manche Betroffene ist es beruhigend, den Gesundheitsfragebogen sorgfältig auszufüllen, um ihre gesundheitliche Lage darzulegen. Andere wiederum möchten ihr Recht auf Datenschutz ausüben und geben nur die allernotwendigsten Informationen preis. Fazit Der Gesundheitsfragebogen ist ein Instrument, das auf Freiwilligkeit setzen soll und unter dem ärztlichen Datenschutz steht. Gleichzeitig wird in den Dokumenten immer wieder auf mögliche Leistungskürzungen bei fehlender Mitwirkung hingewiesen. Es ist rechtlich anerkannt, dass man zwar verpflichtet ist, an einer ärztlichen Untersuchung teilzunehmen, jedoch nicht zwingend alle persönlichen Gesundheitsdaten offenlegen muss.

Beitragsbild von: Erwerbsminderung: Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) nach dem Urteil nicht mehr sicher

27. März 2025

Wenn ein Gerichtsurteil viele Menschen betreffen kann, hört man genau hin. Genau dies ist nun bei einer wegweisenden Entscheidung zur Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) geschehen. Ein rechtskräftig gewordenes Urteil des Oberlandesgerichts Braunschweig hat deutlich gemacht, dass Versicherte, die beim Vertragsabschluss bewusst falsche Angaben machen, auch noch lange Zeit später mit gravierenden Konsequenzen rechnen müssen. Ursprünglich galt die Regelung, dass eine arglistige Täuschung nach zehn Jahren verjährt. In dem aktuellen Verfahren stellte sich jedoch heraus, dass diese Frist nicht immer einen sicheren Schutzschirm für diejenigen bietet, die absichtlich gelogen haben. Welche Hintergründe hat das neue Urteil genau? Hintergrund des Falles war ein Polizeibeamter, der bereits seit 2005 psychische Erkrankungen wie ADS und Depressionen kannte und sich deshalb mehrfach in ärztlicher Behandlung befand. Obwohl diese Vorerkrankungen zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses im August 2008 bereits bestanden, verneinte der Mann sämtliche Angaben zu psychischen Leiden und Behandlungen im Antrag. Er erhielt daraufhin eine BU-Police. Als er zehn Jahre später, im September 2018, seine Leistungen wegen Berufsunfähigkeit beantragte, prallte sein Begehren jedoch an der Versicherung ab. Diese berief sich unter anderem auf den Vorwurf der vorsätzlichen Schädigung und argumentierte, der Versicherungsnehmer habe durch bewusstes Abwarten der Zehnjahresfrist versucht, der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zu entgehen. Sowohl das Landgericht Göttingen als auch das Oberlandesgericht Braunschweig gaben letztlich der Versicherung recht und verwehrten die BU-Rente. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung im Oktober 2024 durch Abweisung der Nichtzulassungsbeschwerde. Warum ist diese Entscheidung eine Zeitenwende? Bereits im Jahr 2015 hatte der Bundesgerichtshof in einem anderen Fall über eine ähnliche Fragestellung entschieden, allerdings mit dem Ergebnis, dass nach Ablauf der Zehnjahresfrist keine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung mehr möglich sei. Dieses Urteil galt vielen Versicherten bisher als wichtige Orientierung. Die aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig verdeutlicht nun, dass die Gerichte im Einzelfall streng darauf schauen, ob dem Versicherer ein besonders hinterlistiges und bewusst irreführendes Verhalten nachgewiesen werden kann. Der Unterschied liegt in der spezifischen Konstellation: Wer nachweislich die Zehnjahresfrist gezielt „aussitzt“ oder bewusst lügt und die notwendigen Angaben verschweigt, darf nach der jetzigen Sichtweise nicht auf Schutz durch Verjährung hoffen. Welche Folgen haben die neuen Vorgaben für Verbraucherinnen und Verbraucher? Für Millionen Inhaberinnen und Inhaber von Berufsunfähigkeitsversicherungen bedeutet dieses Urteil mehr Rechtssicherheit – allerdings aus einem anderen Blickwinkel, als viele vielleicht annehmen würden. Denn neben dem Schutz vor ungerechtfertigter Leistungsverweigerung durch Versicherer betont das Urteil die Verpflichtung der Versicherten zur Aufrichtigkeit. Wer beim Abschluss der Police in gutem Glauben alle gesundheitlichen Fragen wahrheitsgemäß beantwortet, braucht keine Nachteile zu fürchten und kann weiterhin fest auf seine BU-Rente vertrauen. Wer jedoch bei Vertragsbeginn Erkrankungen wissentlich und mit Vorsatz verschweigt, könnte sich selbst nach vielen Jahren noch in einer prekären Lage wiederfinden. Wie sollten Verbraucher beim Abschluss einer BU-Versicherung vorgehen? Ein häufiger Ratschlag aus der Branche lautet, vor Vertragsabschluss die eigene Krankenakte einzusehen. So lassen sich Unsicherheiten darüber, welche Erkrankungen angegeben werden müssen, reduzieren. Versicherte können dadurch gewährleisten, dass ihre Angaben zu Krankheiten und Behandlungen lückenlos sind. Auch wenn die Versuchung besteht, bestimmte Diagnosen nicht offenzulegen, um vielleicht bessere Vertragskonditionen zu erhalten oder überhaupt eine BU-Versicherung abschließen zu können, zeigt das neue Urteil, dass dies ein gefährliches Spiel ist. Es ist keineswegs sinnvoll, „auf Lücke“ zu setzen und im Ernstfall zu riskieren, dass die Versicherung nicht leisten muss – oder durch die Gerichte am Ende sogar Recht bekommt, die Auszahlung gänzlich zu verweigern. Prinzip von Treu und Glauben Treu und Glauben ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert und soll verhindern, dass jemand gezielt auf Kosten anderer Personen oder Institutionen Vorteile erlangt. Im vorliegenden Fall stellten die Gerichte vor allem darauf ab, dass der Polizeibeamte schon bei Vertragsschluss arglistig vorgegangen sei und diese Arglist, gepaart mit dem Ausnutzen der Zehnjahresfrist, die Rechte der Versicherung schutzwürdig erscheinen lasse. Wer seinen Vertragspartner bewusst im Dunkeln lässt und Krankheiten verschweigt, kann sich nicht später auf die Verjährung berufen, wenn er diese Situation absichtlich herbeigeführt hat. In juristischer Sprache heißt das, niemand darf aus einem Verhalten Nutzen ziehen, das er treuwidrig selbst geschaffen hat. Was bedeutet das alles für die Zukunft der BU-Versicherung? Versicherungen sind auf das Vertrauen angewiesen, dass die Antragsangaben korrekt sind. Nur so können Policen kalkuliert und Preise fair gestaltet werden. Das Urteil aus Braunschweig, das vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde, setzt ein deutliches Signal: Wer die Wahrheit sagt, hat im Ernstfall nichts zu befürchten. Wer hingegen schummelt, riskiert nicht nur seinen Versicherungsschutz, sondern läuft auch Gefahr, nach Jahren ohne Leistungen dazustehen und zusätzlich hohe Prozesskosten zu tragen. Welche Hilfestellung können Verbraucherinnen und Verbraucher in Anspruch nehmen? Bevor jemand eine BU-Police abschließt, ist es ratsam, die Gesundheitsfragen gemeinsam mit einer fachkundigen Beratung durchzugehen. Wer bereits eine Berufsunfähigkeitsversicherung besitzt und unsicher ist, ob der bestehende Schutz ausreichend und korrekt ist, kann in vielen Fällen eine unabhängige Prüfung in Anspruch nehmen. Mit einem solchen „BU-Check“ lassen sich mögliche Lücken oder Fehler im Vertrag frühzeitig aufdecken. Wichtig ist, dabei stets die Wahrheit zu sagen und ehrlich offenzulegen, welche Erkrankungen oder Beschwerden möglicherweise vorliegen. Der zentrale Appell lautet: Erst verstehen, dann versichern – in Kenntnis aller relevanten Fakten, damit später keine bösen Überraschungen drohen. Urteile: BGH, Urteil vom 25.11.2015 – IV ZR 277/14 OLG Braunschweig, Beschluss Aktenzeichen 11 U 316/21 LG Göttingen, Urteil vom 12.10.2021, Az. 5 O 25/20 BGH, Beschluss IV ZR 229/23

Beitragsbild von: Bürgergeld: Post vom Jobcenter - Absender muss Zugang beweisen

27. März 2025

Ob eine Information des Jobcenters Bürgergeld-Bezieher erreicht oder nicht, kann für die Betroffenen existenzielle Folgen haben. Wenn die Leistungsberechtigten eine entsprechende Nachricht der Behörde, die sie zur Mitwirkung verpflichtet, nicht erhalten, dann verletzen sie nicht ihre Mitwirkung. Deshalb kann das Jobcenter Ihnen auch nicht wegen fehlender Mitwirkung die Leistungen kürzen, wenn Sie etwa ein Stellenangebot nicht bekommen haben. Umso wichtiger ist es also, zu wissen, wann der Zugang einer Postsendung als belegt gilt. Das Bundesarbeitsgericht hat im Januar 2025 für Klarheit gesorgt. (2 AZR 68/24) Der Anscheinsbeweis für den Zugang Rechtlich gilt beim Zugang einer Postsendung der sogenannte Anscheinbeweis. Wenn jemand behauptet, er hätte eine Sendung nicht erhalten, die der Sender ihm zugeschickt hat, dann kann das stimmen oder auch nicht. Sendungen gehen auf dem Postweg verloren, vielleicht hat der Postbote das Schreiben in den falschen Briefkasten geschickt oder jemand hat es aus dem Briefkasten entwendet. Das alles ist möglich, und ebenso ist es möglich, dass ein Empfänger leugnet, ein Schreiben bekommen zu haben. Darum gilt es als Beweis, wenn es den Anschein hat, dass eine Sendung zugegangen ist. Was gilt nicht als Anscheinsbeweis? Einfache Briefe gelten per se nicht als Anscheinsbeweis für den Zugang einer Sendung. Auch der Einlieferungsbeleg eines Einwurf-Einschreibens belegt nicht, dass eine Sendung bei einem konkreten und gewollten Empfänger angekommen ist. Der Ausdruck des online abgerufenen Sendungsstatus mit Sendungsnummer und Zustellungsdatum ist noch kein Nachweis für einen Zugang. Worum ging es im konkreten Fall? Der Fall, den letztlich das Bundesarbeitsgericht entschied, handelte von einer Kündigung. Eine Arbeitgeberin hatte einer Arbeitnehmerin außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Die Arbeitnehmerin hatte daraufhin mit Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben, mit Bezug auf ihre bestehende Schwangerschaft. Das Arbeitsgericht entschied, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst. Das Regierungspräsidium erteilte hingegen der Arbeitgeberin die Zustimmung zur Kündigung. Im Kündigungsschutzverfahren berief sich die Arbeitgeberin darauf, dass sie das Arbeitsverhältnis ein weiteres Mal außerordentlich, hilfsweise ordentlich gekündigt hätte. Die Arbeitnehmerin bestritt, dass dieses Kündigungsschreiben ihr zugegangen war. Das Bundesarbeitsgericht sieht die Kündigungsschutzklage als berechtigt an Das Arbeitsgericht wies die Klage der Arbeitgeberin ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr jedoch in der Berufung statt und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch eine Kündigung aufgelöst worden sei. Dem stimmte das Bundesarbeitsgericht zu. Beweis für den Zugang der Kündigung fehlt Eine Kündigung sei erst wirksam mit dem Zugang der schriftlichen Kündigung. Einen Beweis für diesen Zugang hätte die Arbeitgeberin nicht erbracht, und sie sei in der Beweispflicht. Das haben Landesarbeitsgericht und Bundesarbeitsgericht entschieden. Lesen Sie auch: Bürgergeld-Mehrbedarf nur mit teurem Nachweis auf eigene Kosten Bürgergeld: Jobcenter muss auch ohne mietvertragliche Vereinbarung Renovierung zahlen Kein Beweis, weder dem Anschein nach noch durch Zeugen Es gebe weder einen Zeugenbeweis noch einen Anscheinsbeweis. Es sei auch nicht ersichtlich, ob die Arbeitgeberin einen Fensterbriefumschlag benutzt hätte, der dieselbe Adresse wie das vermeintlich zugestellte Kündigungsschreiben erkennen ließe, oder ob sie einen fensterlosen Umschlag mit der zutreffenden Anschrift der Arbeitnehmerin versehen hätte. Der im vorliegenden Verfahren vorgelegte Einlieferungsbeleg genügte nicht. Dabei handelte es sich um ein Einwurf-Einschreiben, aus dem neben dem Datum und der Uhrzeit der Einlieferung die jeweilige Postfiliale und die Sendungsnummer ersichtlich waren. Hinzu kam ein von der Arbeitgeberin im Internet abgefragter Sendungsstatus („Die Sendung wurde am 28.07.2022 zugestellt.“). Das reicht nicht für einen Beweis des ersten Anscheins, dass das Schreiben der Arbeitnehmerin tatsächlich zugegangen sei. Die Arbeitgeberin hätte den Auslieferungsbeleg für die von ihr am 26.07.2022 eingelieferte Postsendung nicht vorgelegt und sei hierzu wegen des zwischenzeitlich eingetretenen Fristablaufs auch nicht mehr in der Lage. Wörtlich heißt es: „Die Vorlage des Einlieferungsbelegs eines Einwurf-Einschreibens und die Darstellung seines Sendungsverlaufs begründeten ohne die Vorlage einer Reproduktion des Auslieferungsbelegs keinen Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger.“ Außerdem gebe es keine Angaben für den zuständigen Postbediensteten und weitere Einzelheiten der Zustellung. Ein Einlieferungsbeleg weist nicht den Zugang nach Ein Einlieferungsbeleg begründet keine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit, dass ein Schreiben eingegangen sei, denn die Absendung eines Schreibens sei kein Nachweis für dessen Zugang. Das gelte ebenso für den Ausdruck des Sendungsstatus. In diesem Fall zeige dieser weder, wer die Sendung zugestellt haben soll, noch sei er ein Ersatz für einen Auslieferungsbeleg, und er rechtfertige auch nicht den Schluss, dass das Schreiben in den Briefkasten der Arbeitnehmerin gelangt sei. Kein konkreter Empfänger Der Sendungsstatus lässt auch nicht erkennen, an wen die Zustellung erfolgt sein soll (direkt an den Empfänger, an eine andere Person in dessen Haushalt oder Einwurf in den Hausbriefkasten), noch zu welcher Uhrzeit, unter welcher Adresse oder zumindest in welchem Bezirk. Das Gericht betonte, dass ein solcher Sendungsstatus als Anscheinsbeweis, also ohne Kenntnis des Zustellers, keine Möglichkeit gebe, einen Gegenbeweis anzutreten oder ihn auch nur zu erschüttern. Die Arbeitgeberin hätte hingegen einen Auslieferungsbeleg anfordern können, und dazu hätte sie 15 Monate Zeit gehabt, in der die Deutsche Post AG Kopien speichert. Was bedeutet das Urteil für Bürgergeld-Berechtigte? Das Bundesarbeitsgericht hat Punkte klargestellt, die immer wieder für Konflikte mit dem Jobcenter sorgen. Erstens: Der Absender trägt die Beweispflicht dafür, ob eine Sendung zugegangen ist, entweder durch einen Zeugenbeweis oder durch einen Anscheinsbeweis. Zweitens: Wenn derjenige nicht bekannt ist, der eine Sendung einwirft (eingeworfen haben soll), dann fehlt ein Anscheinsbeweis. Auch der Empfänger muss konkret benannt werden. Auf all diese Punkte können Sie sich berufen, wenn Sie ein Schreiben des Jobcenters nicht erhalten haben, aber das Jobcenter behauptete, es sei Ihnen zugegangen. Im Ernstfall schützt Sie das vor Sanktionen.

Beitragsbild von: Neue Freiheit: Die besten Hilfsmittel bei Schwerbehinderung

27. März 2025

Menschen mit Schwerbehinderung profitieren zunehmend von digitalen Technologien, die ihre Selbstständigkeit stärken. Die Lösungen reichen von Kommunikationssystemen bis zu spezialisierten Eingabegeräten, die gezielt auf individuelle Bedürfnisse zugeschnitten sind. Dieser Artikel gibt einen Überblick über aktuelle Trends, zeigt praxisnahe Beispiele und erklärt, wie Interessierte passende Produkte beantragen oder am Arbeitsplatz einsetzen können. Mehr Handlungsspielraum durch Technik Fortschritte in Elektronik und Software ebnen den Weg für barrierefreie Anwendungen. Sprachsynthesizer ermöglichen Kommunikation, digitale Exoskelette schaffen neue Mobilität, und spezialisierte Joysticks erlauben eine präzisere Steuerung von Computern oder Rollstühlen. Diese Entwicklungen bringen nicht nur Komfort, sondern auch echte Chancen auf Teilhabe in allen Lebensbereichen. Betroffene können dadurch eigene Fähigkeiten nutzen, ohne ständig auf persönliche Assistenz angewiesen zu sein. Von Kommunikations-Apps bis Mobilitätshilfen Forschende und Unternehmen konzentrieren sich seit Jahren auf die Bedürfnisse von Menschen mit Schwerbehinderung. So entstanden Apps, die Texte laut vorlesen oder per Augensteuerung bedienbar sind. Andere Programme unterstützen bei der Organisation des Alltags und erinnern an wichtige Termine. Rollstühle mit elektronischer Steuerung oder Navigationshilfen in Großstädten sind längst keine Seltenheit mehr. Im Kern geht es darum, Barrieren abzubauen: Wer zuverlässige digitale Hilfsmittel verwendet, bleibt flexibel und gewinnt Sicherheit. Kommunikationshilfen: Sprechen, Schreiben und Interagieren Eine der größten Herausforderungen für Menschen mit Sprach- oder Motorikbeeinträchtigungen ist der Austausch mit der Umgebung. Digitale Kommunikationshilfen schließen diese Lücke: Sprachsynthesizer wandeln Texte in gesprochene Wörter um. Augensteuerung übernimmt die Mausbewegung für Menschen, die keine oder nur eingeschränkte Kontrolle über Arme und Hände haben. Headset-Maus erkennt Kopfbewegungen und lenkt den Cursor in die gewünschte Richtung. Wer seine Arme nicht bewegen kann, aber den Kopf gut kontrolliert, erzielt damit eine präzise Steuerung. Auch bei kognitiven Beeinträchtigungen helfen übersichtliche Apps, Abläufe in einzelne Schritte zu zerlegen. So bleiben Nutzerinnen und Nutzer aktiv am sozialen Leben beteiligt, ohne auf ständige Begleitung angewiesen zu sein. Mobilitätshilfen: Elektronische Rollstühle und intelligente Routen Moderne Rollstühle mit sensibler Steuerung bieten individuell justierbare Armlehnen, verschiedene Fahrmodi und Schnittstellen für externe Schalter. Einige Modelle verfügen über programmierbare Joysticks, die sich an feinste Hand- oder Fingerbewegungen anpassen lassen. Zusätzlich unterstützen Navigations-Apps, die barrierefreie Wege aufzeigen oder Informationen zu öffentlichen Verkehrsmitteln bereitstellen. Menschen mit Sehbehinderungen erhalten oft akustische Hinweise, um Kreuzungen sicherer zu überqueren. Lesen Sie auch: Schwerbehinderung: Neues Gesetz bringt echte Vorteile bei Hilfsmitteln Bei Schwerbehinderung: Eilverfahren für Hilfsmittel Spezial-Joysticks: Präzise Kontrolle trotz eingeschränkter Motorik Neben Standardlösungen existieren Joysticks für sehr spezifische Ansprüche. Manche Modelle setzen auf sogenannte Nullweg-Joysticks, die minimalste Handbewegungen in Mausbefehle umwandeln. Sie sind besonders hilfreich bei Muskeldystrophie oder fortgeschrittenen Lähmungen. Andere Joysticks ähneln klassischen Gaming-Geräten, allerdings befinden sich die Tasten am Fuß des Controllers. Diese Knöpfe ersetzen gängige Funktionen wie Rechtsklick, Doppelklick oder das Ziehen von Dateien. Praxisbeispiel: Wer seine Hand nur um Millimeter bewegen kann, aktiviert dank eines Nullweg-Joysticks trotzdem komplexe Computerbefehle. So bleibt die Bedienung eines PCs, Tablets oder eines elektronisch gesteuerten Rollstuhls möglich. Spezielle Tastaturen: Angepasste Schreibwerkzeuge Verschiedene Behinderungen erfordern unterschiedliche Tastaturlösungen. Manche Menschen profitieren von Tastaturen mit Schutzschablone. Dabei verhindert eine aufliegende Platte, dass die Finger unkontrolliert von einer auf die nächste Taste rutschen. Nutzer mit Spastiken oder zittrigen Bewegungen profitieren besonders davon. Andere Personen benötigen Kleinfeldtastaturen. Deren Tasten sind sehr klein und eng beieinander, was auch bei geringem Bewegungsspielraum eine zielsichere Eingabe ermöglicht. Weitere Eingabegeräte: Kopf- und Augensteuerung, Mundmaus Kopfsteuerung und Augensteuerung arbeiten mit einer Kamera. Diese erfasst Kopf- oder Blickbewegungen und konvertiert sie in Mausbewegungen. Wer seinen Kopf zur Seite neigt, bewegt den Cursor dorthin. Bei einer reinen Augensteuerung registriert eine Kamera den Blick auf den Monitor. Sobald Sie den Blick fokussieren, bewegt sich der Mauszeiger. Eine Mundmaus empfiehlt sich, wenn keine zuverlässige Kopfbewegung möglich ist, aber eine gute Mundkontrolle besteht. Diese Vorrichtung besitzt einen kleinen Joystick, den Sie mit Lippen oder Zunge steuern. Dadurch wird ein Cursor ebenfalls punktgenau navigiert. Externe Schalter und Gaming Controller: Bedienung leicht gemacht Viele Eingabegeräte unterstützen externe Schalter. Diese extra Buttons platzieren Sie dort, wo noch eine funktionierende Bewegungsoption vorhanden ist: etwa an der Kopfstütze, am Rollstuhlrahmen oder auf dem Boden. Manche Menschen drücken den Schalter mit dem Kopf, andere mit dem Fuß. So lassen sich Mausklicks, Scrollbewegungen und andere Befehle ausführen. Auch in der Spielewelt gibt es maßgeschneiderte Lösungen. Spezielle Gaming-Controller wurden für Konsolen wie Xbox oder Nintendo entwickelt, um Menschen mit verschiedenen Behinderungen teilhaben zu lassen. Individuell platzierbare Tasten und Joysticks stellen sicher, dass möglichst viele Nutzerinnen und Nutzer passende Einstellungen finden. Barrierefreiheit im Web: Gleichberechtigter Zugang zu Online-Diensten Wer im Internet surft, begegnet immer noch Websites mit fehlenden Untertiteln oder unzugänglichen Navigationsmenüs. Dabei schreiben Richtlinien wie die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) eine barrierearme Gestaltung digitaler Inhalte vor. Unternehmen, die sich an diese Standards halten, erleichtern die Bedienung für alle. Screenreader lesen Webseiteninhalte vor, Bildunterschriften helfen sehbeeinträchtigten Personen und eine übersichtliche Struktur vereinfacht den Umgang mit Online-Formularen. Finanzierung und Antragstellung: So klappt die Bewilligung Anders als einfache Computermäuse finden sich viele dieser spezialisierten Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis. Ärztinnen und Ärzte können solche Produkte verordnen, wenn ein medizinischer Bedarf vorliegt. Krankenkassen übernehmen dann häufig die Kosten, sofern eine Hilfsmittelnummer existiert. Allerdings ist eine fundierte Begründung entscheidend. Therapieberichte von Ergotherapie oder Physiotherapie helfen, den konkreten Nutzen zu verdeutlichen. Fällt eine Krankenkasse den Bescheid negativ aus, lohnt sich ein Widerspruch. Viele Anträge werden erst im zweiten Anlauf genehmigt. Wer trotz allem scheitert, kann den Rechtsweg beschreiten. Hartnäckigkeit zahlt sich oft aus. Hilfsmittel am Arbeitsplatz: Arbeitgeber und Integrationsfachdienst Benötigen Sie Hilfsmittel beruflich, ist nicht die Krankenkasse zuständig. Der Arbeitgeber finanziert entsprechende Anpassungen, bekommt jedoch Unterstützung vom Integrationsfachdienst oder von speziellen Programmen der Arbeitsagentur. Dies entlastet das Unternehmen finanziell und schafft gleichzeitig einen barrierearmen Arbeitsplatz. So sind auch Personen mit schweren körperlichen Einschränkungen in der Lage, Tätigkeiten an Computern zu übernehmen oder komplexe Maschinen zu steuern. Ausblick: Mehr Inklusion durch ständige Weiterentwicklung Künftig dürften Sensoren, Robotik und künstliche Intelligenz noch präzisere Steuerungen ermöglichen. Dank solcher Techniken passen sich Hilfsmittel immer besser an individuelle Bedürfnisse an. Spracherkennungssysteme erkennen Dialekte und flüssige Sprechweisen, Roboterarme lernen feinere Bewegungen, und Exoskelette werden leichter und bezahlbarer. Mit jedem technologischen Sprung wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen mit Schwerbehinderung eigenständig lernen, arbeiten und soziale Kontakte pflegen.

Beitragsbild von: Bald kann diese Rente nicht mehr beantragt werden

27. März 2025

Die Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) bietet Menschen finanzielle Unterstützung, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen nur eingeschränkt oder gar nicht mehr arbeiten können. Allerdings gibt es eine Variante dieser Rente, die in Kürze nicht mehr beantragt werden kann. Dieser Beitrag zeigt, welche EM-Rente ausläuft, wer davon betroffen ist und welche Alternativen es gibt. Auf diese Weise erfahren Sie, wie Sie Ihre Ansprüche optimal sichern und welche Schritte Sie jetzt unternehmen sollten. Die Auslaufmodelle im Rentenrecht Im Laufe der Zeit wurden bestimmte Rentenarten für neue Jahrgänge abgeschafft. Die Politik wollte damit den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen und das Rentensystem vereinheitlichen. Beispiele sind die frühere Altersrente für Frauen oder die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Diese Modelle wurden nur bis zu einem klar definierten Geburtsjahr gewährt. Danach liefen sie aus. Ähnliches gilt für eine bestimmte Ausprägung der Erwerbsminderungsrente: die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Nur Versicherte, die spätestens am 1. Januar 1961 geboren wurden, können sie noch beantragen. Diese Regelung hängt historisch mit dem alten Berufsunfähigkeitsbegriff zusammen, der vor 2001 galt. Seit der Rentenreform 2001 führt ein eingeschränktes Leistungsvermögen nicht mehr automatisch zu dieser speziellen Rente, sofern Sie nach dem Stichtag geboren wurden. Warum diese EM-Rente bald nicht mehr beantragt werden kann Die rechtliche Grundlage für die „Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit“ (vgl. § 240 SGB VI) knüpft strikt an das Geburtsdatum an. Wer nach dem 1. Januar 1961 zur Welt kam, kann diesen Anspruch nicht mehr geltend machen. Dadurch wird dieses Rentenmodell schrittweise aus dem System entfernt. Konkretes Beispiel: Eine Person, die am 2. Januar 1961 geboren ist, erfüllt die Voraussetzung nicht mehr. Sie könnte folglich nicht die spezielle Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erhalten. Bis zur Regelaltersgrenze greift stattdessen nur noch die Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI, sofern alle weiteren Bedingungen erfüllt sind. Was bedeutet das für Betroffene? Wer gesundheitliche Einschränkungen hat und zu den letzten Jahrgängen gehört, die den Berufsschutz noch nutzen können, sollte die Situation zeitnah prüfen lassen. Zumindest besteht die Chance, eine höhere Teilrente zu erhalten, falls die gesundheitliche Einschränkung so gravierend ist, dass der angestammte Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann. Doch selbst, wenn Sie die alte Form der „Berufsunfähigkeitsrente“ nicht mehr in Anspruch nehmen können, bleiben andere Leistungsvarianten bestehen. Bei gravierenden Beeinträchtigungen könnte eine Rente wegen voller Erwerbsminderung greifen. Wer noch eingeschränkt arbeiten kann, prüft die teilweise Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI. Die Bedeutung der EM-Rente im Rentensystem Die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland definiert verschiedene Formen der Alters- und Erwerbsminderungsrenten. Die EM-Rente ist eine wesentliche Säule, um Menschen zu unterstützen, die krankheitsbedingt eingeschränkt erwerbsfähig sind. Dabei zahlt der Versicherungsträger eine monatliche Leistung, solange die gesundheitliche Einschränkung anhält und bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Für viele Versicherte wird die EM-Rente zu einer wichtigen Einkommensquelle, wenn Voll- oder Teilzeiterwerbstätigkeit nicht mehr möglich ist. Lesen Sie auch: Rente: Gericht hat jetzt entschieden – Nun drohen tausende Rentenrückforderungen Rentenerhöhung: So viel mehr Rente gibt es – Tabelle Aktuelle Varianten der Erwerbsminderungsrente Nach geltendem Recht (vgl. § 43 SGB VI) erhalten Betroffene eine Rente, wenn sie weniger als sechs Stunden täglich arbeiten können. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen zwei Hauptformen: Rente wegen voller Erwerbsminderung: Diese bekommen Versicherte, deren tägliche Arbeitsfähigkeit unter drei Stunden liegt. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung: Diese umfasst Personen mit einem Leistungsvermögen zwischen drei und unter sechs Stunden. Zusätzlich gibt es eine besondere Teilrente, die an einen Berufsschutz geknüpft ist. Sie kommt zum Tragen, wenn das verbleibende Leistungsvermögen im zuletzt ausgeübten Beruf zwar noch zwischen drei und unter sechs Stunden täglich liegt, jedoch durch bestimmte Regelungen ein Anspruch auf berufsspezifische Absicherung entsteht (vgl. § 240 SGB VI). Praxisbeispiel: Wenn Sie bisher eine körperlich anspruchsvolle Vollzeittätigkeit ausgeübt haben und nur noch vier Stunden am Tag arbeiten können, greift unter Umständen eine teilweise Erwerbsminderungsrente. Durch den Berufsschutz kann Ihr Beruf genauer betrachtet werden, um einen höheren Rentenanspruch zu prüfen. Häufige Fragen zur Beantragung 1. Wie läuft der Antrag ab? Zunächst müssen Sie ein Formular bei der Deutschen Rentenversicherung ausfüllen. Gleichzeitig sollten Sie umfassende medizinische Nachweise beibringen. 2. Was ist beim Widerspruchsverfahren zu beachten? Wird Ihr Antrag abgelehnt, besteht die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Hier ist es ratsam, ärztliche Atteste nachzureichen oder Ihren Gesundheitszustand weiter zu erläutern. 3. Wann endet die Rente? Eine bewilligte EM-Rente läuft in der Regel bis zur Regelaltersgrenze. Danach wird sie, sofern keine andere Entscheidung gefällt wird, in eine Altersrente umgewandelt. Entwicklungen seit der Rentenreform 2001 Vor der Rentenreform 2001 wurden vollständige Erwerbsminderungsrenten oft als „Erwerbsunfähigkeitsrenten“ bezeichnet, während teilweise Erwerbsgeminderte eine „Berufsunfähigkeitsrente“ erhielten. Diese Unterscheidung hing stark von der jeweiligen beruflichen Tätigkeit ab. Nach der Reform rückte man von diesem differenzierten Ansatz ab. Der Gesetzgeber führte ein einheitliches System ein, bei dem primär die Stunden pro Tag entscheidend sind. Der Sonderfall nach § 240 SGB VI blieb allerdings als Übergangsregelung für Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1. Januar 1961 bestehen. Tipps zur optimalen Absicherung Für viele Menschen ist unklar, wie sie ihre berufliche Situation beim Rentenversicherungsträger darstellen können. Deshalb helfen spezialisierte Fachleute (z. B. unabhängige Rentenberater oder Fachanwälte für Sozialrecht). Sie wissen, wie Anträge korrekt ausgefüllt werden und wie man medizinische Unterlagen einreicht, um den maximal möglichen Anspruch geltend zu machen. Drei wichtige Schritte für die Beantragung einer EM-Rente 1. Dokumentation Ihres Krankheitsverlaufs: Sammeln Sie Atteste, Arztberichte und Diagnosen. 2. Verständliche Darlegung Ihres Berufsbildes: Erläutern Sie konkret, welche Arbeiten Sie noch ausführen können und welche nicht. 3. Prüfung durch unabhängige Experten: Ein neutraler Blick von außen hilft, Fehler im Antrag zu vermeiden.

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Von der Arbeitsmarktreform sind Millionen von Menschen betroffen. Vieles ist im SGB II unklar und auf die individuellen Bedarfe des Einzelnen zu pauschal ausgelegt. Laut einiger Erhebungen, sollen nur rund 50 Prozent aller Bescheide der Jobcenter mindestens teilweise falsch und rechtswidrig sein. Das bedeutet für die Menschen oft tatsächliche Beschneidungen in Grundrechten und Ansprüchen.



Diese Plattform will daher denen eine Stimme geben, die kein Gehör finden, weil sie keine gesellschaftliche Lobby besitzen. Bezieher von Bürgergeld (ehemals Hartz IV) werden nicht selten als "dumm" oder "faul" abgestempelt. Es reicht nicht, dass Leistungsberechtigte mit den täglichen Einschränkungen zu kämpfen haben, es sind auch die täglichen Anfeindungen in den Jobcentern, in der Schule, in der Familie oder auf der Straße. Neben aktuellen Informationen zur Rechtssprechung konzentrieren wir uns auch auf Einzelfälle, die zum Teil skandalös sind. Wir decken auf und helfen damit den Betroffenen. Denn wenn eine Öffentlichkeit hergestellt wurde, müssen die Jobcenter agieren. Sie bekommen dadurch Druck. Lesen Sie mehr darüber in unserem redaktionellem Leitfaden!

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Bürgergeld News

Zwang zur vorzeitigen Rente bei Schwerbehinderung

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27. März 2025

Immer mehr ältere Menschen mit Schwerbehinderung geraten nach Krankengeld und Arbeitslosigkeit in den Bezug von Bürgergeld. Dabei stellt sich oft die Frage: Kann das Jobcenter Betroffene ab dem 62. Lebensjahr dazu zwingen, eine vorgezogene Altersrente zu beantragen? Droht ein Zwang in die Altersrente? Betroffene, besonders ab dem Geburtsjahrgang 1964, können bereits mit 62 Jahren eine Altersrente für Schwerbehinderte beantragen. Das Jobcenter könnte deshalb versucht sein, Leistungsbezieher in die vorzeitige Rente zu drängen, um eigene Kosten zu reduzieren. Der Haken bei der frühzeitigen Rente: Dabei müssen sie Abschläge von bis zu 10,8 % hinnehmen. Dies bedeutet langfristig eine deutliche Verringerung der finanziellen Versorgung. Schutz durch das Rentenmoratorium bis Ende 2026 Doch aktuell profitieren Betroffene von einem wichtigen Schutzmechanismus, dem sogenannten Rentenmoratorium. Diese Regelung, gültig bis zum 31. Dezember 2026, untersagt Jobcentern, Bürgergeldempfänger zum vorzeitigen Renteneintritt mit Abschlägen zu verpflichten. Wichtig: Diese Regelung gilt ausschließlich für Renten, die mit Abschlägen verbunden wären. Betroffene, die bereits ohne Abschläge in Altersrente gehen könnten – beispielsweise weil sie die erforderlichen 45 Versicherungsjahre erreicht haben –, sind von diesem Schutz nicht betroffen. In solchen Fällen darf das Jobcenter darauf bestehen, dass Sie die reguläre Altersrente beantragen. Lesen Sie auch: Schwerbehinderung: Weniger KFZ-Steuern in 2025 für behinderte Menschen Schwerbehinderung: Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld Trick des Jobcenters: Die Prüfung der Erwerbsfähigkeit Trotz dieses Schutzes versuchen Jobcenter oft, indirekten Druck auf Betroffene auszuüben. So kann das Jobcenter die medizinische Überprüfung Ihrer Arbeitsfähigkeit veranlassen. Amtsärztliche Gutachten und Berichte behandelnder Ärzte entscheiden dann darüber, ob Sie weiterhin arbeitsfähig sind. Wird festgestellt, dass Ihre gesundheitliche Situation keine ausreichende Erwerbsfähigkeit mehr erlaubt, können Sie zur Stellung eines Antrags auf Erwerbsminderungsrente oder zur Einleitung einer medizinischen Reha-Maßnahme verpflichtet werden. Folgen einer erzwungenen Prüfung Verweigern Sie diese Anträge, droht der Verlust Ihres Anspruchs auf Bürgergeld. Damit steigt der Druck, entweder eine Erwerbsminderungsrente oder doch eine vorgezogene Altersrente in Anspruch zu nehmen. Vorteilhaft kann dabei sein, dass während der Bearbeitung Ihres Antrags durch die Deutsche Rentenversicherung das Bürgergeld weiterhin gezahlt wird. Somit gewinnen Sie zusätzliche Zeit, um eventuell spätere Abschläge zu reduzieren. Erwerbsminderungsrente statt vorgezogener Altersrente Sollte die Rentenversicherung eine volle Erwerbsminderung feststellen, profitieren Sie möglicherweise sogar finanziell. Erwerbsminderungsrenten liegen oft deutlich höher als die vorgezogene Altersrente mit Abschlägen. Das bedeutet konkret: Ein zunächst unerwünschter Antrag auf Erwerbsminderungsrente könnte letztlich finanziell vorteilhafter sein. Probleme der Jobvermittlung trotz Schwerbehinderung Die theoretische Vermittlungsfähigkeit trotz Schwerbehinderung stellt viele Betroffene vor erhebliche Probleme. Zwar gilt eine Schwerbehinderung offiziell nicht als Hindernis für die Arbeitsvermittlung. In der Praxis sieht dies jedoch anders aus: Arbeitgeber scheuen sich oft, Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen einzustellen, um mögliche Risiken oder Verpflichtungen zu umgehen. Dies führt regelmäßig dazu, dass Vermittlungsbemühungen ergebnislos bleiben. Was kann man als Betroffener tun? Um dem Druck durch das Jobcenter wirksam zu begegnen, empfiehlt es sich, aktiv und rechtzeitig die eigenen Rechte sowie wichtige Schutzbestimmungen, etwa das bis Ende 2026 geltende Rentenmoratorium, zu kennen. Sollte das Jobcenter ärztliche Untersuchungen zu Ihrer Erwerbsfähigkeit anordnen, ist eine kooperative Haltung ratsam, um den weiteren Bezug von Bürgergeld nicht zu riskieren. Zusätzlich kann es sinnvoll sein, einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente zu prüfen, da diese oft finanziell vorteilhafter ist als eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen.

Aktuelle Urteile zum Bürgergeld, Sozialhilfe und Rente

Sozialhilfe: Das Sozialamt schnappt sich oft das Erbe

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27. März 2025

Auf viele Erben wartet eine böse Überraschung. Der verstorbene pflegebedürftige Vater, die Ehefrau, die im Pflegeheim lebte und Sozialhilfe empfing, hinterlässt ihnen ein Häuschen oder etwas Bargeld. Kaum kommt die Nachricht über die Erbschaft, da greift auch schon das Sozialamt danach, um den Erben ihr Erbe wegzunehmen. Pflicht zur Erstattung Den Erben mag das vorkommen wie behördliche Wegelagerei. Doch was scheint wie das Handeln institutioneller Strauchdiebe ist rechtlich vorgeschrieben. Erben eines vom Sozialamt Unterstützten sind nach Paragraf 102 SGB XII verpflichtet, die Kosten für geleistete Sozialbeiträge für die vergangenen zehn Jahre dem Sozialamt zu erstatten - sofern das Erbe dies zulässt. Dabei darf das Amt von den Erben nicht mehr Geld verlangen als das Erbe enthält. Den überschüssigen Betrag müssen die Erben dann nicht mehr zahlen. Es gilt eine Drei-Jahres-Frist Für Erben ebenfalls wichtig ist die gesetzte Frist. Das Sozialamt muss die Summe für die geforderten Sozialleistungen innerhalb von drei Jahren nach dem Tod des Leistungsberechtigten von den Erben einfordern. Danach besteht kein Anspruch mehr, und das Sozialamt geht leer aus. Rückforderungen gelten auch für Hausbesitz Die Erstattungsforderungen an die Erben gelten auch für vererbte Immobilien. Wer Sozialhilfe erhält darf ein Häuschen oder eine Wohnung besitzen, bei Einzelpersonen in der Größe von 90 Quadratmetern. Stirbt der oder die Leistungsberechtigte und vererbt das Wohneigentum, dann wird das Sozialamt fordern, die Immobilie zu verkaufen, um die Sozialleistungen der letzten zehn Jahre zu bezahlen. Aufpassen: Freibetrag Das Sozialamt darf allerdings nicht auf jeden Cent zugreifen, der von Hilfebedürftigen an Hinterbliebene geht. Es gilt ein Freibetrag von 3378 Euro. Erst wenn die Leistungen des Sozialamts an den Verstorbenen höher waren, kann es das Erbe einkassieren. Es gibt kein "postmortales Schonvermögen" Erben haben kaum Möglichkeiten, diesen Zugriff auf ihr Erbe abzuwehren. Das stellte das Bundessozialgericht klar. Es betonte 2019, dass es kein "postmortales Schonvermögen" gebe. Im Verfahren ging es um eine 83-jährige Witwe, die ihr Häuschen verkaufen sollte, um dem zuständigen Sozialamt 15.316 Euro Kosten für das Pflegeheim ihres verstorbenen Mannes zu erstatten. (Az. B 8 SO 15/17 R). Lesen Sie auch: - Mehrere Einzel-GdB können zur Schwerbehinderung GdB 50 führen – Wichtiges Urteil Was ist die Rechtsgrundlage? Paragraf 102 des Sozialgesetzbuches XII (Sozialhilfe) regelt den "Kostenersatz durch Erben". Dieser gilt ausdrücklich nicht bei Erwerbsminderung und bei Grundsicherung im Alter, sondern bezieht sich auf ausgezahlte Sozialhilfe. Angewandt werden diese Regelungen hauptsächlich bei der "Hilfe zur Pflege", also bei der Übernahme der Kosten für Pflege / Heimunterbringung durch das Sozialamt. Erben sind per Gesetz dazu verpflichtet, die Kosten der Sozialhilfe der letzten zehn Jahre vom Erbe zu bezahlen. Was müssen die Erben erstatten? Wie bereits beschrieben, gilt ein Freibetrag, der dem sechsfachen des monatlichen Regelbedarfs eines Alleinstehenden entspricht. Erst darüber darf dass Sozialamt zur Kasse bitten. Wichtig: Lebten der / die Verstorbene und der Erbe / die Erbin in häuslicher Gemeinschaft zusammen, dann können sogar über 15.000 Euro Erbvermögen vor dem Zugriff des Sozialamts gerettet werden. Die Härteklausel Es gibt zudem eine allgemeine Härteklausel. Das Sozialamt darf das Erbe nicht einfordern, wenn das "nach der Besonderheit des Einzelfalles eine besondere Härte bedeuten würde". Kein genereller Schutz der Wohnung Ausdrücklich stellte das Bundessozialgericht aber klar, dass es keinen generellen Schutz für Erben vor dem Zugriff des Sozialamts auf geerbtes Wohneigentum gibt - auch dann nicht, wenn sie selbst seit Jahrzehnten darin leben. Wohnungslos durch Erbschaft Da es kein "postmortales Schonvermögen" gibt, müssen Hinterbliebene also auch die geerbte Wohnung verkaufen, um die Erstattungsforderungen des Sozialamts zu erfüllen. Zu erben bedeutet in diesem Fall auf der Straße zu stehen.

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Rente: Gericht hat jetzt entschieden - Nun drohen tausende Rentenrückforderungen

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27. März 2025

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit einem aktuellen Urteil (Az.: B 5 R 3/23 R) für eine präzisere Auslegung des § 18a Absatz 2a SGB VI gesorgt. Künftig finden steuerliche Verlustvorträge bei der Anrechnung von Einkommen auf die Witwenrente keine Berücksichtigung mehr. Hintergrund dieser Regelung ist die Absicht, ausschließlich das tatsächlich verfügbare Einkommen zu erfassen, um die Hinterbliebenenrente fair zu berechnen. Für Betroffene kann diese Entscheidung jedoch finanzielle Rückforderungen nach sich ziehen. Warum steuerliche Verlustvorträge bei der Witwenrente keine Rolle spielen Der Zweck der Hinterbliebenenrente besteht darin, den Einkommensausfall nach dem Tod der versicherten Person teilweise auszugleichen. Dabei wird geprüft, inwieweit die Witwe oder der Witwer wirtschaftlich in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen. Genau an dieser Stelle setzt die BSG-Entscheidung an: Ein Verlustvortrag aus vergangenen Jahren sagt nichts über die aktuelle Finanzlage aus und darf daher nicht die Höhe der Witwenrente mindern. Damit wird vermieden, dass frühere, steuerlich anerkannte Verluste zu einer höheren Hinterbliebenenrente führen, obwohl effektiv mehr Einkommen zur Verfügung steht. Praxisbeispiel: Schaustellerin muss 12.600 Euro erstatten Ein Fall aus der Schaustellerbranche verdeutlicht die Folgen des Urteils. Eine seit 1992 rentenberechtigte Witwe erwirtschaftete zwischen 2007 und 2016 positive Einkünfte. Obwohl das Finanzamt diese Einkünfte aufgrund eines Verlustvortrags nicht besteuerte, betrachtete die Rentenversicherung die tatsächlichen Einnahmen als relevant. Infolgedessen wurde eine Überzahlung von insgesamt 12.600 Euro festgestellt, die die Witwe zurückzahlen musste. Das BSG bestätigte dieses Vorgehen und betonte, dass die Verluste aus früheren Jahren keinen Einfluss auf die aktuelle Witwenrente haben dürfen. Kernpunkte des § 18a Absatz 2a SGB VI Einkommensanrechnung: Alle relevanten Erwerbseinkommen werden bei der Berechnung der Witwenrente berücksichtigt. Ausschluss von Verlustvorträgen: Steuerlich anerkannte Verlustvorträge mindern das verfügbare Einkommen nicht und beeinflussen die Witwenrente folglich nicht. Ziel der Regelung: Es soll verhindert werden, dass Personen, die sich wirtschaftlich selbst versorgen können, eine unverhältnismäßig hohe Hinterbliebenenrente beziehen. Rückforderungen und finanzielle Konsequenzen Das Urteil verdeutlicht, dass es zu teils erheblichen Rückforderungen kommen kann, wenn die Rentenversicherung nachträglich feststellt, dass die Witwenrente aufgrund nicht berücksichtigter Einkommen zu hoch ausgefallen ist. Betroffen sind in erster Linie Hinterbliebene, deren tatsächliches Einkommen zunächst durch einen Verlustvortrag steuerlich reduziert wurde. Für die Rentenberechnung gelten jedoch allein die real verfügbaren Mittel. Bedeutung für weitere Hinterbliebenenrenten Neben der Witwenrente existieren weitere Formen der Hinterbliebenenversorgung, etwa die Waisenrente oder das sogenannte Sterbevierteljahr. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts unterstreicht für alle diese Leistungen, dass stets das aktuelle und tatsächlich verfügbare Einkommen zählt. Damit wird das Ziel verfolgt, den wirtschaftlichen Bedarf der Hinterbliebenen transparent und gerecht zu erfassen. Konsequenzen für die Praxis Wer eine Witwen- oder Witwerrente bezieht und gleichzeitig eigene Einkünfte erzielt, sollte die aktuelle Einnahmesituation präzise dokumentieren. Vergangene Jahre mit negativen Einkünften sind zwar für die Steuer von Bedeutung, aber nicht für die Rentenberechnung. Künftige Anträge oder Neuberechnungen der Witwenrente werden daher ohne Berücksichtigung früherer Verlustvorträge erfolgen. Mögliche Schritte: Prüfung bisheriger Rentenbescheide auf zu erwartende Rückforderungen Genaue Dokumentation der aktuellen Einnahmen, um keine Unklarheiten bei der Anrechnung entstehen zu lassen Beachtung der klaren Linie des BSG in Bezug auf steuerliche und rentenrechtliche Bewertungen

Bürgergeld News

Rente: Die Renteninformation der Rentenversicherung stimmt so nicht

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27. März 2025

Wer sich seine Renteninformation durchliest, wird vielleicht überrascht sein, wie hoch der dort prognostizierte Monatsbetrag ausfällt. Doch diese Schätzung basiert auf mehreren Annahmen, die sich in der Zukunft verändern können. Steigende Lebenshaltungskosten, eine mögliche Erhöhung der Sozialabgaben und Steuern oder auch Änderungen im Rentensystem an sich sorgen dafür, dass der tatsächlich ausbezahlte Rentenbetrag von der Summe abweichen kann, die in der Renteninformation aufgeführt wird. Außerdem werden Kaufkraftverluste häufig nur in Szenarien berechnet – und selbst diese Annahmen sind nicht immer realistisch. Ab wann erhält man überhaupt eine Renteninformation? Die erste Renteninformation flattert in der Regel automatisch ins Haus, wenn man das 27. Lebensjahr erreicht hat und zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung vorweisen kann. Wer noch nicht auf fünf Beitragsjahre kommt oder aus anderen Gründen vor dem 27. Geburtstag an seine Renteninformation gelangen möchte, kann diese auch aktiv bei der Deutschen Rentenversicherung anfordern – sowohl telefonisch als auch über deren Webseite. Mit diesem Schritt erhält man einen ersten Überblick über die bereits erworbenen Anwartschaften, also das Geld, das theoretisch bereits für die künftige Altersrente angespart ist. Was besagt die Rente bei voller Erwerbsminderung auf der ersten Seite? Bevor die reguläre Altersrente zur Sprache kommt, informiert die Renteninformation über die sogenannte Rente bei voller Erwerbsminderung. Diese greift, wenn jemand gesundheitlich so weit eingeschränkt ist, dass er oder sie keine drei Stunden pro Tag mehr arbeiten kann. Doch hier entsteht häufig ein falsches Sicherheitsgefühl: "In der Praxis prüft die Rentenversicherung genau, ob nicht doch irgendein anderer Beruf – rein theoretisch – mindestens teilweise auszuüben wäre. Selbst wenn dieser auf der anderen Seite Deutschlands liegt, kann das die Auszahlung einer Erwerbsminderungsrente verhindern oder reduzieren", erläutert der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt. Welche Zahlen gibt es zur künftigen Regelaltersrente und wie werden sie hochgerechnet? Neben der Erwerbsminderungsrente findet sich in der Renteninformation meistens eine zweite wichtige Kennziffer: die künftige Regelaltersrente. "Dabei unterscheidet das Dokument zwei Beträge. Der erste wird als bislang erreichte Anwartschaft ausgewiesen, also was man bis zum Zeitpunkt der Information an Rentenansprüchen aufgebaut hat. Der zweite, größere Wert basiert auf der Annahme, dass die Beiträge weiterhin in derselben Höhe gezahlt werden wie in den vergangenen fünf Jahren", so der Experte. "Auch das angegebene Alter, ab dem man abschlagsfrei in Rente gehen kann, spielt eine Rolle. Für die meisten liegt die reguläre Altersgrenze inzwischen beim 67. Lebensjahr – Ausnahmen, etwa durch 45 Beitragsjahre, werden in der Standardinformation oft gar nicht erst aufgeführt", so Anhalt Wie funktioniert die Berechnung der gesetzlichen Regelaltersrente? Im Kern ist die Rentenformel der Deutschen Rentenversicherung kein Geheimnis: Multipliziert werden die im Laufe des Erwerbslebens gesammelten Entgeltpunkte mit dem jeweils gültigen Rentenwert. Wer Jahr für Jahr das durchschnittliche versicherungspflichtige Einkommen aller Versicherten verdient, erzielt pro Jahr exakt einen Entgeltpunkt. Bei höheren Verdiensten – jedoch gedeckelt durch die Beitragsbemessungsgrenze – werden anteilig mehr Punkte gutgeschrieben. Der Rentenwert gibt an, wie viel ein gesammelter Entgeltpunkt bei Rentenbeginn wert ist. Er wird regelmäßig angepasst und kann zudem regional (Ost und West) noch leicht variieren. Diese Berechnung führt dazu, dass Menschen mit langem und höherem Einkommen automatisch eine höhere Rente beziehen, während Studierende, Auszubildende oder Arbeitnehmer mit geringem Verdienst im späteren Alter oftmals geringere Auszahlungen zu erwarten haben. Warum können die ausgewiesenen Zahlen täuschen? Auf den ersten Blick wirken die Angaben der Renteninformation verlockend, da die Beträge relativ hoch erscheinen. "Doch man muss sich bewusst machen, dass darin keine Abzüge für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge enthalten sind", mahnt Anhalt. Erst wenn diese Kosten herausgerechnet werden, ergibt sich ein realistischeres Bild davon, was netto tatsächlich übrig bleibt. "Zudem berücksichtigt die Renteninformation auf ihrer Vorderseite nicht den Kaufkraftverlust durch Inflation. Im Kleingedruckten auf der Rückseite wird zwar auf einen angenommenen Kaufkraftverlust hingewiesen, doch realistische Werte sind hier oft anders, als in den Beispielen angegeben. " Ob 1,5 Prozent Inflation pro Jahr dem tatsächlichen Preisniveau in der Zukunft gerecht werden, ist fraglich – vor allem angesichts der jüngsten Inflationsentwicklungen. Lesen Sie auch: - Rente, Bürgergeld und Elterngeld: Jetzt soll es harte Kürzungen geben Wie hoch ist der Kaufkraftverlust und wieso ist er so entscheidend? Die Deutsche Rentenversicherung erwähnt, dass jährlich mit einem Kaufkraftverlust von 1,5 Prozent gerechnet wird. Das bedeutet, dass man sich pro Jahr real weniger für einen Euro leisten kann. Läuft das Einkommen in der Renteninformation dem Kaufkraftschwund nicht genügend hinterher, schmälert sich der tatsächliche Wert der Rente im Portemonnaie immer weiter. Wer also lediglich auf die ausgewiesenen Bruttobeträge vertraut, könnte später vor einer bösen Überraschung stehen. Tatsächlich ist es möglich, dass sich über Jahrzehnte angespart geglaubte Rentenanwartschaften deutlich weniger wert sind, als man beim Blick auf die Renteninformation zunächst vermutet. Was bleibt nach Abzügen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen wirklich übrig? "Die gesetzliche Rente wird in voller Höhe besteuert, wenn man ab 2040 oder später in Rente geht. Gleichzeitig fallen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an. Gerade Letztere können je nach persönlicher Situation – etwa Kinderlosigkeit oder Veränderungen bei den Beitragssätzen – spürbar ins Gewicht fallen", sagt der Sozialrechtsexperte. Wenn etwa eine Bruttorente von 2.500 Euro prognostiziert ist, kann allein durch Sozialversicherungsbeiträge, Kirchensteuer (falls zutreffend) und Einkommensteuer schnell ein erheblicher Betrag vom scheinbar komfortablen Monatsbudget wegfallen. Ein reales Beispiel kann verdeutlichen, dass der Netto-Betrag damit schnell unter 2.000 Euro sinkt – was angesichts steigender Lebenshaltungskosten nur bedingt ein sicheres Polster darstellt. Wie gehts weiter mit der Rente? Die Frage nach der Zukunft der deutschen Rentenversicherung ist so alt wie die Rente selbst. Fakt ist, dass die Gesellschaft altert und weniger junge Menschen die künftigen Rentengenerationen finanzieren. Welche Reformen in den kommenden Jahren nötig sein werden, ist unter Experten heiß diskutiert. Denkbar sind unter anderem höhere Beitragssätze, längere Lebensarbeitszeiten oder staatliche Zuschüsse – vielleicht auch eine Erweiterung der Pflichtversicherung auf mehr Personengruppen. Ob das bestehende System langfristig Bestand hat oder ob ein kompletter Neuanfang nötig wird, lässt sich kaum mit Bestimmtheit vorhersagen. Doch eines scheint sicher: Wer sich nicht ausschließlich auf die gesetzliche Rente verlässt, sondern selber aktiv vorsorgt, wird am Ende deutlich beruhigter in den Ruhestand blicken können. Alles falsch oder doch wichtig? Die Renteninformation liefert zweifelsohne erste wichtige Hinweise auf das, was man von der gesetzlichen Rente erwarten kann. Sie ist ein sinnvolles Instrument, um einen groben Anhaltspunkt dafür zu bekommen, wie viel sich bislang an Rentenansprüchen angesammelt hat. Aber sie ist mit Vorsicht zu genießen: Der Teufel steckt im Detail, insbesondere wenn es um Kaufkraftverluste, Steuerabzüge und Sozialversicherungsbeiträge geht.

Aktuelle Urteile zum Bürgergeld, Sozialhilfe und Rente

Bürgergeld-Mehrbedarf nur mit teurem Nachweis auf eigene Kosten

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27. März 2025

Bürgergeld-Bezieher müssen selbst zahlen, um Mehrbedarf bei den Stromkosten zu belegen? Wie kann das sein? Wir zeigen Ihnen eine Gerichtsentscheidung, die sich für Leistungsberechtigte mit dezentraler Warmwasserversorgung und ohne eigenen Stromzähler negativ auswirkt. Stromkosten gehören zum Regelbedarf Stromkosten sind beim Bürgergeld im Regelbedarf enthalten und deshalb für Betroffene oft ein enormes Problem. Denn der Regelsatz deckt die tatsächlichen Stromkosten häufig nicht. Das gilt besonders, Wasser dezentral über Boiler oder Durchlauferhitzer erwärmt wird. Die Pauschale für Mehrbedarf Die Jobcenter gewähren bei dezentraler Warmwasseraufbereitung eine monatliche Pauschale als Mehrbedarf für den Stromverbrauch. Die liegt bei alleinstehenden Leistungsbeziehern 2025 bei 12,95 Euro, und bei Ehepaaren bei 23,28 Euro - pro Monat. Höhere Kosten werden nur per Nachweis erstattet Liegen die realen Kosten über dieser Pauschale, dann können Leistungsberechtigte die höheren Aufwendungen nur dann beim Jobcenter einfordern, wenn sie diese nachweisen. Das geht über einen separaten Stromzähler. Die Katze beißt sich in den Schwanz Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Ist nämlich ein separater Stromzähler nicht vorhanden, dann müssen die Bürgergeld-Bezieher dessen Einbau aus eigener Tasche bezahlen. Die höhere Kosten werden also nur erstattet, wenn diejenigen, die diesen Anspruch haben, erst einmal zusätzliche Kosten auf sich nehmen. Das sehen nicht nur Jobcenter so, sondern das entschieden auch Gerichte. Lesen Sie auch: - Jobcenter erstellen Psychogramme über Bürgergeld-Leistungsbezieher Ein konkreter Fall Dieses Dilemma beschäftigte Sozialgerichte. Ein Betroffener beantragte beim Jobcenter Hamburg die Kostenübernahme für den Einbau eines Drehstromzählers. Er hatte ein günstiges Angebot gefunden: 695,00 Euro statt einem vom Vermieter eingeholten Elektriker, der 2.500 Euro verlangte. Er begründete dies damit, dass die Warmwasserpauschale seinen tatsächlichen Bedarf nicht abdecke. Das Jobcenter lehnt ab Das Jobcenter wies den Antrag jedoch ab, und behauptete, es gebe kein Rechtsgrundlage für die Übernahme der Einbaukosten. Diese seien weder notwendig, um den Lebensunterhalt zu sichern, noch gebe es einen unabweisbaren Mehrbedarf. Sozialgerichte stimmen dem Jobcenter zu Nach eingelegtem und abgewiesenem Widerspruch ging es vor das Sozialgericht Lüneburg, und dieses stimmte dem Jobcenter zu. (S 50 AS 56/22 ER). Auch vor der nächsten Instanz, dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, blieb er erfolglos. (L 11 AS 415/22 B ER). Wie begründet das Landessozialgericht die Entscheidung? Erst einmal, so das Landessozialgericht, halte der Gesetzgeber die Warmwasserpauschalen grundsätzlich für ausreichend. Es gebe keinen Anspruch auf Zuschüsse dafür, eine gesonderte Messeinrichtung zu installieren. Keine Regelung durch den Gesetzgeber Der Gesetzgeber hätten keine Regelung über Stromzähler geschlossen. Das sei hingegen anzunehmen, wenn eine Kostenübernahme durch die Leistungsträger gewollt gewesen wäre. Außerdem könnten Bedarfe geschätzt werden, wenn eine separate Messeinrichtung fehle. Kein unabweisbarer Bedarf Auch nach dem Paragrafen 21, Absatz 6 im Sozialgesetzbuch ergebe sich in diesem Fall kein Anspruch, denn dort stünde: „Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.“ Kein Härtefall Es gebe weiterhin keine atypische Bedarfslage, wegen der dem Betoffenen ein gesonderter Mehrbedarf gewährt werden könne, weil er als Härtefall gelte. Einsparmöglichkeiten hätte er zum Beispiel nicht ausgeschöpft. Einen Anstieg der Energiepreise hätte es tatsächlich gegeben, darauf hätte jedoch der Gesetzgeber mit einer Einmalzahlung im Juli 2022 von 200,00 Euro reagiert.

Aktuelle Urteile zum Bürgergeld, Sozialhilfe und Rente

Bürgergeld: Jobcenter muss auch ohne mietvertragliche Vereinbarung Renovierung zahlen

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27. März 2025

BSG-Urteil: Trotz fehlender mietvertraglicher Vereinbarung muss das Jobcenter Renovierungskosten zahlen Das Jobcenter muss auch dann - Renovierungskosten zahlen, wenn eine Einzugsrenovierung - mietvertraglich nicht vereinbart wurde (höchstrichterliche Rechtsprechung zu den KdU bei Bürgergeld-Beziehern ). Angemessene Kosten für die Einzugsrenovierung sind nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Teil der Kosten der Unterkunft, wenn die Einzugsrenovierung mietvertraglich vereinbart worden ist. Die aus Anlass des Einzugs in eine neue Wohnung anfallenden Renovierungskosten sind als Bestandteil der Kosten für die Unterkunft nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 vom Jobcenter zu übernehmen, soweit diese angemessen sind. Dies gilt auch dann, wenn - mietvertraglich eine Einzugsrenovierung nicht vereinbart wurde, so die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den Kosten der Unterkunft für Grundsicherungsempfänger nach dem SGB II/ Bürgergeld. Denn auch wenn mietvertragliche Vereinbarungen nicht vorliegen, können im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich auch weitere einmalige Beihilfen erbracht werden (vgl zu Heizkosten BSG, Urteil vom 16.5.2007, Az.: B 7b AS 40/06 R). Bei den Kosten für die Einzugsrenovierung ist das der Fall, soweit sie zur Herstellung der Bewohnbarkeit der Unterkunft erforderlich und auch ansonsten angemessen sind. Die Angemessenheit der Einzugsrenovierungskosten, die grundsätzlich unabhängig von der Angemessenheit der Unterkunft selbst gegeben sein muss, ist in drei Schritten zu prüfen. Zunächst ist festzustellen, ob die Einzugsrenovierung im konkreten Fall erforderlich war, um die "Bewohnbarkeit" der Unterkunft herzustellen, eine Einzugsrenovierung ortsüblich ist, weil keine renovierten Wohnungen in nennenswertem Umfang zur Verfügung stehen und die Renovierungskosten zur Herstellung des Standards einer Wohnung im unteren Wohnungssegment erforderlich waren. (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 4 AS 49/07 R). Ob die Einzugsrenovierung zur Herstellung der - Bewohnbarkeit- der Wohnung erforderlich ist, richtet sich einerseits nach objektiven Kriterien, andererseits aber auch danach, ob die Kosten aus der vertretbaren Sicht des Hilfebedürftigen zu übernehmen waren. Insoweit hat eine Orientierung am "Ausstattungsstandard" im unteren Wohnungssegment zu erfolgen. Es ist mithin von einem lediglich einfachen "Ausstattungsgrad" auszugehen. Hierzu gehört auch im unteren Wohnungssegment eine Ausstattung der Wohnung mit einem einfachen Wand- und Fußbodenoberbelag. Wird eine Wohnung ohne derartige Ausstattungsmerkmale übergeben, ist die Einzugsrenovierung im Regelfall als zur Herstellung dieser Ausstattung objektiv erforderlich anzusehen. Aufwendungen unter anderem für Teppichboden, Tapeten und Farbe im Rahmen einer erforderlichen Einzugsrenovierung sind nicht mit der Regelleistung nach § 20 Abs 1 SGB II abgegolten, so aber immer noch einige Jobcenter. Jobcenter dürfen für die Kosten der Einzugsrenovierung auch kein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II vergeben, da die Kosten der Einzugsrenovierung keinen von der Regelleistung umfassten Bedarf darstellen, ist dieser in der Regel auch nicht durch ein Darlehen zu decken. Entgegen der Auffassung des Sozialhilfeträgers bzw. Jobcenters ist auch keine schriftliche Zusicherung erforderlich Denn eine vorherige Zusage der Kostenübernahme ist nur für Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkautionen und Umzugskosten notwendig ( BSG Rechtsprechung ). Es kommt lediglich darauf an, ob sie angemessen sind. Zusammenfassung Auch wenn eine Einzugsrenovierung nicht mietvertraglich vereinbart wurde, sind Aufwendungen einer Einzugsrenovierung als KdU anzuerkennen, wenn dies erforderlich ist, um die Bewohnbarkeit der Wohnung herzustellen (Orientierung am "Ausstattungsstandard" im unteren Wohnungssegment), die Einzugsrenovierung ortsüblich ist, weil kein renovierter Wohnraum im unteren Wohnsegment in ausreichendem Umfang zur Verfügung steht, und soweit die Kosten angemessen sind, um die Herstellung des Standards einer Wohnung im unteren Wohnsegment zu gewährleisten. Kosten für einen Fachbetrieb bei Krankheit und Behinderung Können Renovierungsarbeiten nicht selbst durchgeführt werden (z.B. aus gesundheitlichen Gründen, wobei das Kreisgesundheitsamt in Zweifelsfällen einzuschalten ist; in der Sozialhilfe ist ab Vollendung des 70. Lebensjahres kein Amtsarzt zur Überprüfung der körperlichen Konstitution einzuschalten, wenn der Hilfebedürftige glaubhaft vorträgt, er könne wegen seines Alters die Renovierung nicht selbst durchführen) und wenn auf keine Verwandten/Bekannten zurückgegriffen werden kann, können Kosten eines Fachbetriebs für eine einfache Renovierung, die sich bei Arbeitnehmern unterer Einkommensschichten ergeben würde, anerkannt werden. Nur das günstigste Angebot aus mindestens 3 Kostenvoranschlägen verschiedener Unternehmen ist zu berücksichtigen. Praxistipp Bezieher von Bürgergeld - Leistungen nach dem SGB II können die Kosten der Einzugsrenovierung beim Jobcenter geltend machen als Kosten der Unterkunft - § 22 Abs. 1 SGB 2. Bezieher von Sozialhilfe können diese Kosten ebenfalls als Unterkunftskosten geltend machen beim Sozialhilfeträger - § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Hinweis vom Experten für Sozialrecht Detlef Brock Kosten der – Endrenovierung der Wohnung können Leistungsempfänger nach dem SGB II/ SGB XII als – Schönheitsreparaturen – bei den Kosten der Unterkunft geltend machen, vorausgesetzt, diese sind angemessen. https://www.gegen-hartz.de/urteile/sozialhilfe-kosten-der-endrenovierung-muss-das-sozialamt-zahlen Das Sozialamt muss auch - Kosten der Auszugsrenovierung sowie vertragliche Schadensersatzansprüche - der Vermieterin übernehmen. Denn unter Aufwendungen in diesem Sinne fallen alle (Geld-) Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte in der Bedarfszeit für die Nutzung einer bestimmten Unterkunft Dritten gegenüber kraft bürgerlichen oder öffentlichen Rechts aufzubringen hat. Damit sind auch Ersatzansprüche als andere unterkunftsbezogene Aufwendungen erfasst, jedenfalls soweit diese bei – ordnungsgemäßer Wohnnutzung – entstanden sind.

Aktuelle Urteile zum Bürgergeld, Sozialhilfe und Rente

Trotz Abfindung nach Kündigung kürzer auf Arbeitslosengeld warten

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26. März 2025

Eine zum Ende des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindung muss nicht zu einem langen Ruhen des Arbeitslosengeldes führen. Wenn der Arbeitgeber die reguläre Kündigungsfrist eingehalten hat, darf die Arbeitsagentur allenfalls eine Sperrzeit von zwölf Wochen verhängen, urteilte am Donnerstag, 21. Juni 2018, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 11 AL 13/17 R). Es gab damit einer früheren Mitarbeiterin der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen recht. Die KV hatte 2009 Umstrukturierungen beschlossen, darunter die Schließung der Bezirksstellen in Limburg und Marburg. Soweit die KV keine andere Stelle anbieten konnte, erhielten die betroffenen Mitarbeiter eine mit dem Gesamtpersonalrat vereinbarte Abfindung. Im November 2009 vereinbarte die KV mit der Klägerin eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2010. Sie erhielt eine Abfindung von 6.925 Euro. Laut Gesetz kann die Arbeitsagentur eine sogenannte Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von bis zu zwölf Wochen verhängen, wenn Arbeitnehmer selbst gekündigt haben oder aus anderen Gründen selbst für ihre Arbeitslosigkeit verantwortlich sind. Das wird meist auch angenommen, wenn – wie hier – Arbeitnehmern nicht formell gekündigt, sondern ein Aufhebungsvertrag vereinbart wurde. BSG unterbindet Sparpraxis der Arbeitsverwaltung Darüber hinaus kann das Arbeitslosengeld weiter ruhen, wenn Arbeitnehmer eine Entlassungsentschädigung erhalten haben. Die Ruhensdauer kann bis zu ein Jahr betragen und hängt im Einzelfall unter anderem vom Alter, Beschäftigungsdauer und Höhe der Abfindung ab. Allerdings schließt das Gesetz ein solches Ruhen aus, wenn das Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf der jeweils gültigen Kündigungsfrist beendet wird. Im Streitfall war die Kündigungsfrist von drei Monaten eingehalten worden. Dennoch bewilligte die Arbeitsagentur Arbeitslosengeld erst ab dem 24. September 2010, was einer Sperrzeit von zwölf Wochen und einem Ruhen von weiteren drei Monaten entspricht. Hintergrund sind immer wieder auftretende Versuche der Arbeitsverwaltung, statt der tatsächlichen Kündigungsfrist aus den Umständen des Einzelfalls eine längere, „fiktive Kündigungsfrist“ abzuleiten. Dem schob das BSG nun einen Riegel vor. Eine solche Einzelfallprüfung mit abweichenden fiktiven Kündigungsfristen ist mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar, urteilten die Kasseler Richter. Das Gesetz knüpfe grundsätzlich an die rechtlichen Fristen für eine ordentliche Kündigung an. Ob, wie hier von der Arbeitsagentur angenommen, eine ordentliche Kündigung im Einzelfall möglicherweise erschwert gewesen wäre, sei „unerheblich“. mwo