Beim Bürgergeld bleibt Beziehern ein Schonvermögen, über das hinaus keine Berechtigung besteht, Leistungen zu beziehen. Das gilt aber nicht, wenn Verwandte für die Leistungsberechtigten Sparbücher anlegen, auf die die Betroffenen jedoch erst in ferner Zukunft einen möglichen Zugriff haben – unabhängig von der Summe. So urteilten das Sozialgericht Cottbus und das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (L 18 A S 447/23 vom 20. November 2024).
Sparbücher für Sohn und Enkel
Die Familie bezog als Bedarfsgemeinschaft Grundsicherung. Als das Jobcenter von Zinszahlungen auf mehreren Sparbüchern unter dem Namen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erfuhr, stellte es die Leistungen ein.
450.000 Euro für Sohn und Enkel
Die Betroffenen beteuerten, dass sie nichts von diesen Kapitalerträgen gewusst hätten. Es handelte sich nicht um Konten, auf die sie selbst Zugriff hätten, sondern der Großvater und Vater hätten diese Sparbücher im Namen seiner Enkel und seines Sohnes angelegt. Insgesamt handelte es sich um 450.000 Euro.
Verfügungsgewalt beim Großvater
Die Leistungsberechtigten, der Vater / Großvater und auch die zuständige Sparkasse bestätigten, dass die uneingeschränkte Verfügungsmacht beim Vater / Großvater liege. Erst dessen Tod führe dazu, dass das Guthaben den Leistungsberechtigten zur Verfügung stünde.
Ferner solle das Guthaben aufgebraucht werden, falls Vater und Mutter zum Pflegefall würden.
Jobcenter bleibt stur
Das Jobcenter ließ sich von diesen Fakten nicht überzeugen, sondern forderte 11.337,59 Euro Leistungen zurück. Die Familie legte Widerspruch ein, und das Jobcenter lehnte diesen ab. Darauf gingen die Leistungsbezieher zum Sozialgericht Cottbus und hatten dort Erfolg. (S 37 AS 1823/18 vom 24. März 2023).
Berufung abgelehnt: Kein Zugriff auf das Guthaben
Auch die Berufung des Jobcenters lehnte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ab. Dabei betonten beide Gerichte den Unterschied zwischen verfügbarem und fiktivem Vermögen.
Entscheidend für die Leistungsberechtigung bei der Grundsicherung sei, dass Betroffene zum gegenwärtigen Zeitpunkt tatsächlich ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln decken könnten.
Ein lediglich auf ihren Namen eingerichtetes Vermögen, auf das die Betroffenen erst in Zukunft Zugriff hätten, und selbst das nur möglicherweise, wenn der Einrichter der Sparbücher nicht pflegebedürftig würde, ändere nichts an der bestehenden Hilfebedürftigkeit.
Es geht um die Verfügbarkeit
Als das Urteil des Sozialgerichts Cottbus durch die Medien ging, war die Empörung in der Boulevardpresse groß, und dies lag besonders an der verzerrten Darstellung.
Wenn jemand nämlich tatsächlich 450.000 Euro zur Verfügung hat, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, dann besteht kein Anspruch auf Bürgergeld. Denn diesen gibt es nur, wenn jemand sein Existenzminimum nicht aus eigener Kraft decken kann.
Die 450.000 befinden sich aber nicht im Besitz der Leistungsberechtigten, sondern nach wie vor im Besitz des Vaters / Großvaters und gehen lediglich nach dessen Tod in den Besitz der Leistungsberechtigten über. Dann, aber erst dann, wird das fiktive Vermögen zu einem tatsächlichen Vermögen, das für die Sozialleistung angerechnet wird.