Pflegeeinrichtungen dürfen einen bestehenden Heimvertrag nur in seltenen Situationen beenden. Trotzdem erhalten einige Bewohnerinnen und Bewohner eine Kündigung, die oft zu Unsicherheit führt. Sie können sich dagegen wehren, wenn die rechtliche Grundlage dafür fehlt.
Dieser Artikel erläutert alle wichtigen Aspekte zum Thema Kündigung durch ein Pflegeunternehmen. Sie erfahren, welche Gründe als legitim gelten und wie Sie bei umstrittenen Kündigungen vorgehen. Außerdem erhalten Sie praktische Tipps für einen möglichen Umzug und finden heraus, wo Sie Beratung bekommen.
Rechtlicher Hintergrund
Ein Pflegeunternehmen hat meist kein gewöhnliches, sondern ein außerordentliches Kündigungsrecht. Das bedeutet, es darf Verträge nicht beliebig beenden, sondern nur bei außergewöhnlichen Umständen. Die genaue Rechtsgrundlage bildet unter anderem das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG). Dort sind Situationen aufgeführt, in denen eine Einrichtung den Betreuungsvertrag auflösen darf. Laut Gesetz muss jede Kündigung schriftlich erfolgen und gut begründet sein.
Diese Regelung hilft Ihnen, Ihre Rechte gezielt einzufordern. Selbst wenn eine Kündigung bei einer unerwarteten Veränderung in der Einrichtung oder aufgrund eines Konflikts droht, können Sie die Rechtmäßigkeit prüfen lassen. Nutzen Sie dieses Wissen, um im Zweifelsfall Einspruch zu erheben und die Hintergründe zu hinterfragen.
Häufige Gründe für eine außerordentliche Kündigung
Ein Pflegeunternehmen darf nicht willkürlich kündigen. Es muss sorgfältig nachweisen, dass eine Fortsetzung des Vertrags unzumutbar wäre. Mehrere typische Szenarien können eintreten:
1. Einstellung oder Umbau des Betriebs
Einige Pflegeeinrichtungen schließen komplett oder verkleinern ihr Angebot erheblich. Dann kommt eine Kündigung infrage, weil die Plätze knapp werden. Das Unternehmen ist verpflichtet, diesen Schritt frühzeitig zu kommunizieren und Alternativen aufzuzeigen.
Unter bestimmten Umständen müssen sogar Umzugskosten übernommen werden. Das verschafft Ihnen einen Ausgleich, wenn Sie kurzfristig eine neue Unterbringung suchen müssen.
2. Fehlende Annahme notwendiger Pflege
Steigt der Pflegebedarf einer Bewohnerin oder eines Bewohners spürbar, muss das Heim zusätzliche Leistungen erbringen. Meist geschieht das automatisch, wenn ein höherer Pflegegrad bewilligt wird. Lehnen Sie wiederholt alle Anpassungen ab, darf die Einrichtung auf eine Kündigung bestehen.
Voraussetzung ist, dass das Heim den gestiegenen Bedarf anbieten wollte und Sie diese Maßnahme konsequent verweigert haben.
3. Technische oder personelle Grenzen
Nicht jedes Pflegeheim ist auf bestimmte Versorgungsformen spezialisiert. Wenn eine Person plötzlich rund um die Uhr beatmet werden muss, kann das Personal dafür fehlen. Haben Sie als Bewohnerin oder Bewohner im Vertrag akzeptiert, dass intensive Pflege aus technischen Gründen ausgeschlossen bleibt, darf die Einrichtung den Vertrag auflösen.
Hier überprüft man, ob eine Weiterbetreuung zumutbar ist. Ist das nicht der Fall, kann das Heim ohne Frist kündigen.
4. Massive Verstöße gegen Regeln
Wer in einer Pflegeeinrichtung wohnt, verpflichtet sich zu einem respektvollen Umgang mit anderen. Beharrliche Regelverletzungen oder gewalttätige Handlungen gelten als Kündigungsgrund. Ein Beispiel ist die bewusste Beschädigung von Gemeinschaftseigentum.
Auch dauerhafter Zahlungsverzug kann zur Kündigung führen, sofern die ausstehende Summe mehrere Monatsbeträge umfasst. Das Pflegeunternehmen muss jedoch zunächst eine Nachzahlung anmahnen und auf die Kündigungsfolge hinweisen.
In jedem dieser Fälle benötigt das Unternehmen schriftliche Belege oder klare Hinweise auf den Kündigungsgrund. Das schafft Transparenz und erleichtert Ihnen die Einschätzung der Rechtmäßigkeit.
Bedeutung für Bewohnerinnen und Bewohner
Eine wirksame Kündigung beendet den Heimvertrag mit allen damit verbundenen Leistungen. Theoretisch muss die Einrichtung dann weder Pflege noch Betreuung fortführen. Dennoch dürfen Sie nicht sofort auf die Straße gesetzt werden.
Bleiben Sie nach Ablauf der Kündigungsfrist in der Einrichtung wohnen, muss das Unternehmen den Weg einer Räumungsklage einschlagen. Gerichte prüfen in diesem Verfahren sehr genau, ob die Kündigung überhaupt rechtens ist.
Dieser Ablauf schützt Sie als Betroffene oder Betroffener. Sie gewinnen Zeit und können sich juristisch beraten lassen. Die Pflegeeinrichtung kann erst nach einem Gerichtsurteil eine Räumung erzwingen. Viele Konflikte lassen sich bis dahin außergerichtlich klären.
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Vorgehen bei fragwürdigen Kündigungen
Vermuten Sie einen unzureichenden oder falschen Kündigungsgrund, sollten Sie umgehend aktiv werden. Weisen Sie die Kündigung schriftlich zurück und legen Sie dar, warum sie aus Ihrer Sicht unwirksam ist. Achten Sie auf knappe, klare Formulierungen. Je präziser Ihre Argumentation, desto eher können Sie das Heim zum Einlenken bewegen.
Praxisbeispiel: Ein Pflegebetrieb begründet seine Kündigung mit mutmaßlichen Regelverstößen. Sie bezweifeln den Vorwurf, weil Sie sich an die Hausordnung halten. Dann reicht eine formlose schriftliche Stellungnahme an die Heimleitung aus. Fordern Sie dort Nachweise oder konkrete Fakten an. Fehlen entsprechende Beweise, erhöht das Ihre Chancen auf eine Rücknahme der Kündigung.
Zusätzlich empfiehlt sich der Besuch bei einer Beratungsstelle. Die Verbraucherzentralen bieten oft Rechtsauskünfte, die Ihnen helfen, formale Schritte korrekt einzuhalten.
Auch ein Anwalt oder eine Anwältin für Sozialrecht können prüfen, ob die Kündigung im Einklang mit dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz steht.
Neue Unterkunft finden
Stellt sich heraus, dass die Kündigung Bestand hat, sollten Sie schnell eine Alternative organisieren. In Deutschland existieren verschiedene Beratungsstellen, die bei der Heimsuche helfen. Ein Beispiel sind örtliche Pflegestützpunkte, die Einrichtungsmöglichkeiten in Ihrer Nähe auflisten.
Zudem unterstützt das Zentrum für Qualität in der Pflege bei der Suche nach passenden Adressen. Auf deren Webseiten entdecken Sie einen Wegweiser zu Pflegeeinrichtungen und ambulanten Diensten. Falls Sie während der Umzugsphase Rat benötigen, ist auch die Verbraucherzentrale ein verlässlicher Anlaufpunkt. Dort erfahren Sie, welche Rechte Ihnen bei einer ungeplanten Wohnsitzverlegung zustehen.
Tipps zur Vorbeugung
Manche Konflikte lassen sich schon im Vorfeld vermeiden. Ein klares Gespräch mit der Heimleitung schafft oft Transparenz über interne Regeln und die weiteren Pflichten. Fragen Sie regelmäßig, ob sich bei Ihren Pflegeleistungen etwas ändert oder ob das Heim neue Anforderungen stellt.
Sollte Ihr Gesundheitszustand eine intensivere Versorgung erfordern, informieren Sie sich rechtzeitig über mögliche Zusatzvereinbarungen. Dadurch vermeiden Sie Überraschungen, falls die Einrichtung bestimmte Leistungen nicht bieten kann. Diese vorausschauende Planung verschafft Ihnen Sicherheit und verhindert einen überstürzten Wechsel.