Aufstockende Bürgergeld Leistungen – Anspruch und Höhe

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Für einen Anspruch auf Bürgergeld müssen Sie nicht zwingend arbeitslos sein. Auch Berufstätige und Selbstständige können ihr Einkommen mit Bürgergeld-Leistungen aufstocken. Voraussetzung hierfür ist, dass die Höhe Ihres Einkommens nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt von Ihnen und Ihrer Familie, beziehungsweise Ihrer Bedarfsgemeinschaft sicherzustellen.

Einkommen mit Bürgergeld aufstocken

Ob Sie Anspruch auf eine Aufstockung durch Bürgergeld (Ergänzungsbetrag) haben, ist in erster Linie von folgenden drei Faktoren abhängig:

  1. Einkommen
  2. Vermögen
  3. Bedarf

Was zählt als Einkommen

Das Einkommen ist die Summe, die Ihnen monatlich zur Deckung ihres Lebensunterhaltes zur Verfügung steht. Dazu zählen unter anderem:

  • Einnahmen aus nichtselbstständiger und selbstständiger Arbeit,
  • Leistungen wie Arbeitslosengeld, Elterngeld oder Krankengeld,
  • Einnahmen, die aus Vermietung oder Verpachtung entstehen,
  • Unterhaltsleistungen,
  • Kindergeld,
  • Renten,
  • Zins- und Kapitalerträge,
  • Steuererstattungen,
  • Abfindungen,
  • Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und BAföG.

Was zählt als Vermögen?

Das Vermögen ist das angesparte Geld sowie Wertsachen, die bis zu gewissen Freibeträgen aufgebraucht werden müssen, bevor ein Anrecht auf den Bezug von Bürgergeld besteht. Als Faustregel sind rund 15.000 Euro Schonvermögen pro Person in einer Bedarfsgemeinschaft erlaubt, die nicht angetastet werden müssen.

Im ersten Jahr des Bürgergeld-Bezuges greift eine sogenannte Karenzzeit. In diesem Zeitraum wird übergangsweise ein erhöhtes Vermögen von 40.000 € für die erste Person in einer Bedarfsgemeinschaft als Freibetrag gewährt. Nach Ablauf des Jahres wird diese Summe auf 15.000 € herabgesetzt. Diese Regelung ist hauptsächlich für Leute gedacht, die nur übergangsweise für ein paar Monate auf Bürgergeld angewiesen sind.

Ausführliche Informationen hierzu erhalten Sie in unserem Online-Ratgeber „Bürgergeld und Vermögen – diese Ersparnisse bleiben erhalten“.

Was ist im Bedarf enthalten?

Beim Bedarf handelt es sich um die Summe, die das Jobcenter für die Deckung Ihres Lebensunterhaltes errechnet. Der Bedarf setzt sich hauptsächlich aus den festgelegten Regelsätzen und den Kosten für die Unterkunft zusammen. In einigen Fällen können Leistungsbeziehende auch einen Mehrbedarf geltend machen.

Der Regelbarf beschreibt die Leistung, die jeder Person, die Bürgergeld bezieht, pauschal zugesteht. Alleinstehende erhalten derzeit 563 € und Paare pro Person 506 €. Die gesamte Tabelle finden Sie in dem Ratgeber „Bürgergeld-Regelsatz 2024 – Regelbedarf, Mehrbedarf und Mietkosten“.

Zum Bedarf zählen ebenfalls die Kosten, die durch Miete und Heizung entstehen. Diese werden in tatsächlicher Höhe angerechnet, insofern die Kosten in einem annehmbaren Umfang liegen. Eine alleinstehende Person könnte beispielsweise nicht die vollen Kosten für eine 120 Quadratmeter Wohnung geltend machen (außer im ersten Jahr des Bezugs aufgrund der Karenzzeit).

Beispiel für einen Bedarf

Herr und Frau Schmidt beziehen Bürgergeld. Ihnen stehen 1012 € pauschal als Regelbedarf zu (2 x 506 € für Paare). Sie wohnen in einer 70 Quadratmeter großen Wohnung, die 550 Euro Miete pro Monat kostet. Dazu kommen 100 € Euro monatliche Heizkosten. Der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft Schmidt liegt dementsprechend bei 1.662 € monatlich (Regelsatz + Wohnung + Heizung).

Würden Herr und Frau Schmidt zusammen weniger als 1.662 € verdienen, könnten sie ihr Einkommen mit Bürgergeld ergänzen.

Wer hat Anspruch auf ergänzendes Bürgergeld?

Wenn Sie ein monatliches Einkommen haben, welches nicht zur Deckung Ihrer monatlichen Kosten reicht und nicht über ein ausreichendes Vermögen verfügen, um dieses Defizit auszugleichen, können Sie einen Antrag auf aufstockende Bürgergeld-Leistungen stellen. Folgende Einnahmen gelten z.B. als Einkommen:

  • Arbeitslosengeld
  • Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit
  • Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit
  • Unterhaltszahlungen
  • Elterngeld
  • Kindergeld

Für den Anspruch auf aufstockende Bürgergeld-Leistungen ist es jedoch wichtig, dass Sie mit dem vorhandenen Einkommen Ihren Bedarf nicht decken können.

Selbstständig und Bürgergeld

Anders als beim Arbeitslosengeld (ALG I) steht das Bürgergeld auch selbständigen Geringverdienenden offen. Als Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit ist ein Betrag anzusetzen, der vom Antragsteller selbst für den Bewilligungsabschnitt von in der Regel 6 Monaten als Betriebseinnahmen geschätzt wird. Die Schätzung soll auf realistischen Erfahrungen der Vergangenheit (z.B. letzter Steuerbescheid) beruhen.

Als Betriebsausgaben können Selbstständige pauschal 30% der Betriebseinnahmen absetzen. Höhere notwendige Ausgaben müssen nachgewiesen werden. Selbständigen Bürgergeld-Hilfeempfängern können zusätzlich zu den Absetzbeträgen von Arbeitnehmern (Freibetrag Erwerbstätigkeit, Versicherungspauschale) auch Beiträge in angemessener Höhe zur Alters- und Krankheitsvorsorge gewährt werden, soweit die Selbständigen in der gesetzlichen Renten- bzw. Krankenversicherung nicht pflichtversichert sind.

Zum Bürgergeld-Rechner

Wie viel erhalten Bürgergeld-Aufstocker?

Wenn Sie als erwerbstätige Personen einen Antrag auf aufstockende Bürgergeld-Leistungen stellen, dann wird Ihr Einkommen gemäß § 11 SGB II auf diese Leistung angerechnet. Das Einkommen wird jedoch nicht in voller Höhe angerechnet. Den erwerbstätigen Bürgergeld-Beziehenden werden Freibeträge nach folgendem Prinzip gewährt:

  • Die ersten 100 € des Einkommens werden nicht auf den Bedarf angerechnet.
  • Von dem Einkommen zwischen 100 und 520 € werden 20 % als Freibetrag gewährt. Bei 520 Euro sind dies 84 €.
  • Von dem Einkommen zwischen 520 und 1000 € werden 30 % als Freibetrag gewährt. Bei 1000 Euro sind dies 144 €.
  • Von dem Einkommen zwischen 1000 und 1200 € werden 10 % als Freibetrag gewährt. Bei 1200 € sind das 20 €.
  • Eine Person mit 1200 Euro Einkommen hat demensprechend einen Freibetrag von 348 Euro auf den Bedarf (100 Euro Freibetrag + 84 € für die Summe zwischen 100 und 520 € + 144 € von der Summe zwischen 520 und 1000 € + 20 € von der Summe zwischen 1000 und 1200 €).
  • Bei Alleinerziehenden werden 10 Prozent des Einkommens zwischen 1000 und 1500 € als Freibetrag gewährt.

Rechenbeispiel zur Bürgergeld-Aufstockung

Beispiel: Andreas lebt alleine in einer Wohnung. Seine Miete beträgt 400,00 € und seine Heizkosten betragen 50 €. Er erzielt ein Bruttoeinkommen in Höhe von 700 €. Sein Bedarf würde in diesem Fall bei 1.013 € liegen (563 € Regelbedarf plus 400 Euro Miete plus 50 Euro Heizung).

Von seinen 700 € Einkommen zählen die ersten 100 Euro pauschal als Freibetrag. Das Einkommen zwischen 100 und 520 € wird zu 80 Prozent auf den Bedarf angerechnet – das sind in diesem Fall 336 €. Das Einkommen zwischen 520 und 1000 € wird zu 70 Prozent auf den Bedarf angerechnet – hier 126 €. Von den 700 € würden also 462 € auf den Bedarf angerechnet werden (1.013 € – 462 € = 551 €).

Daraus ergibt sich für Andreas eine monatliche Bürgergeld-Aufstockung von 551 €. Zusammen mit seinem Gehalt hätte er dann 1.251 € zur Verfügung. Das sind 238 € mehr pro Monat, als wenn Andreas nur Bürgergeld allein beziehen würde.

Vorrangige Leistungen müssen zuerst beansprucht werden

Wer eine Ausstockung in Erwägung zieht, sollte jedoch zuerst prüfen, ob eine sogenannte vorrangige Leistung infrage kommt. Denn wenn ein Anspruch auf eine solche Leistung besteht, muss diese zuerst ausgeschöpft werden, bevor der Leistungsträger Bürgergeld bewilligt. Zu diesen Leistungen zählen:

  • Kindergeld
  • Elterngeld
  • Unterhaltsvorschuss des Jugendamts
  • Renten

Sollte das monatliche Einkommen trotz der oben genannten Leistungen immer noch nicht zur Deckung des Lebensunterhalts reichen, kann zusätzlich noch Bürgergeld beantragt werden.

Bürgergeld-Aufstockung bei Ausbildung

Bei Schülern und Auszubildenden gelten erhöhte Freibeträge. Der gesamte Lohn bis zur Mini-Job-Grenze von derzeit 538 € gilt bei dieser Gruppe als Freibetrag, der nicht auf den Bürgergeld-Bedarf angerechnet wird.

Bei Ferienjobs, die nur über einen begrenzten Zeitraum ausgeübt werden, dürfen Schüler und Azubis sogar das gesamte Einkommen behalten, ohne dass dieses auf das Bürgergeld angerechnet wird. Ausführliche Informationen hierzu finden Sie in unserem Online-Ratgeber „Ausbildung: Dann besteht ein Bürgergeld-Anspruch“.

Wer kann Bürgergeld beantragen?

Einen Anspruch auf Bürgergeld, beziehungsweise aufstockendes Bürgergeld haben gemäß § 7 SGB II alle Personen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren (je nach Rentenalter bis zu 67), die

  • ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben,
  • mindestens 3 Stunden pro Tag arbeiten können,
  • hilfebedürftig sind.

Hilfebedürftig ist eine Person, wenn das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft unter dem Existenzminimum liegt und der Lebensunterhalt nicht vollständig aus eigenen Mitteln gedeckt werden kann.

Alle Personen, die diese Kriterien nicht erfüllen, fallen nicht in die Zuständigkeit des Bürgergeldes. In vielen Fällen scheitert es an der Voraussetzung “erwerbsfähig”, da diese Personen dem Arbeitsmarkt nicht in vollem Umfang zur Verfügung stehen.

Kinderzuschlag oder Bürgergeld

Wenn Sie minderjährige Kinder haben, die mit bei Ihnen im Haushalt leben und Sie neben dem Kindergeld über eigenes Einkommen oder Vermögen verfügen, haben Sie möglicherweise Anspruch auf den sogenannten Kinderzuschlag. Dieser soll verhindern, dass Familien nur aufgrund ihrer Kinder auf Bürgergeld angewiesen sind. Sie können also nie Kinderzuschlag und Bürgergeld gleichzeitig erhalten.

Den Kinderzuschlag erhalten Sie, wenn Sie mit Ihrem Einkommen oder Vermögen zwar Ihren eigenen und den Bedarf Ihres Partners decken können (unterer Grenzwert für das Einkommen und Vermögen der Eltern), aber nicht mehr den vollen Lebensunterhalt Ihrer Kinder. In diesem Fall erhalten Sie maximal 250 Euro pro Kind. Ausführliche Informationen hierzu finden Sie in unserem Online-Ratgeber „Kinderzuschlag – Anspruch und Höhe“.

Wo beantrage ich aufstockende Bürgergeld-Leistungen?

Ergänzende Bürgergeld-Leistungen werden beim Jobcenter beantragt. Hierzu müssen Sie einen Antrag mit Angaben über Ihre finanzielle Situation einreichen. Nötige Angaben zur finanziellen Situation sind beispielsweise:

  • die Höhe Ihrer Wohnkosten
  • Ihr monatliches Einkommen
  • ein möglicherweise bestehender Mehrbedarf
  • Ihre Vermögensverhältnisse

Quellen:

Zweites Sozialgesetzbuch (SGB II)