Nach jahrzehntelanger Arbeit in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen, darauf freuen sich viele Rentenberechtigte. Doch die Wege in die Rente sind gepflastert mit Regelungen und Bedingungen, die fรผr den Laien oft schwer zu durchschauen sind.
Ein Thema, das immer wieder auf den Schreibtischen der Beraterinnen und Berater der Sozialverbรคnde landet, ist der รbergang in die abschlagsfreie Rente – eine Rente, die nicht immer so einfach zu realisieren ist, wie es auf den ersten Blick scheint.
Die Erwartung: Rente ohne Abschlag
Weit verbreitet ist die Annahme, dass man nach 45 Arbeitsjahren automatisch und ohne finanzielle Einbuรen in den Ruhestand gehen kann. Tatsรคchlich gibt es mit der Altersrente fรผr besonders langjรคhrig Versicherte eine Regelung, die dies ermรถglicht.
Der Clou: Man kann zwei Jahre frรผher als zum gesetzlichen Renteneintrittsalter, jedoch ohne Abschlรคge in den Ruhestand gehen. Das klingt zunรคchst vielversprechend und gerecht fรผr diejenigen, die รผber Jahrzehnte hinweg das Rentensystem mit Beitrรคgen unterstรผtzt haben.
Der Knackpunkt: Das erforderliche Alter
Doch hier kommt die erste Hรผrde ins Spiel: das erforderliche Mindestalter. Auch wenn die Wartezeit von 45 Jahren erfรผllt ist, bedeutet dies nicht automatisch, dass man ohne Abschlรคge in Rente gehen kann. Auch das erforderliche Lebensalter muss erreicht sein.
Konkret heiรt das: Mรผsste man beispielsweise bis 66 Jahre und 10 Monate arbeiten, kรถnnte man frรผhestens mit 64 Jahren und 10 Monaten abschlagsfrei in Rente gehen.
Jeder Versuch, noch frรผher in Rente zu gehen, wรผrde unweigerlich zu Abschlรคgen fรผhren, bestรคtigt auch Christian Schultz vom Sozialverband Deutschland, SoVD.
Die Alternative: Altersrente fรผr langjรคhrig Versicherte
Fรผr diejenigen, die trotzdem frรผher aus dem Arbeitsleben ausscheiden mรถchten, gibt es die Altersrente fรผr langjรคhrig Versicherte.
Diese ist bereits ab 35 Versicherungsjahren mรถglich und theoretisch schon ab dem 63. Geburtstag antrittsfรคhig โ allerdings mit einem entscheidenden Nachteil: Fรผr jeden Monat, den man frรผher in Rente geht, fallen 0,3% Abschlรคge von der Bruttorente an.
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Die Kosten des frรผheren Ruhestands
Diese Abschlรคge kรถnnen sich schnell summieren und zu spรผrbaren finanziellen Einbuรen fรผhren. Wer beispielsweise drei Jahre frรผher in Rente gehen will, muss mit Abschlรคgen von 10,8 Prozent rechnen.
Hinzu kommt, dass sich auch die Beitrรคge zur Kranken- und Pflegeversicherung verringern, was viele nicht bedenken. Die Entscheidung fรผr einen frรผheren Renteneintritt ist also nicht nur eine Frage des persรถnlichen Wohlbefindens, sondern auch eine erhebliche finanzielle Entscheidung.
Eine Beispielrechnung
Um die Auswirkungen von frรผherem Renteneintritt auf die Rentenhรถhe besser zu verstehen, zeigen wir ein Rechenbeispiel. Dieses Beispiel soll verdeutlichen, wie sich Abschlรคge auf die monatliche Rente auswirken kรถnnen, wenn man sich entscheidet, frรผher die Altersrente zu beziehen.
Paul, geboren am 1. Juli 1960, steht vor der Entscheidung bezรผglich seines Renteneintritts. Gemรคร den regulรคren Bestimmungen kรถnnte er ab dem 1. November 2026 in Rente gehen, wenn er das Alter von 66 Jahren und 4 Monaten erreicht.
Doch Paul hat bereits die erforderlichen 35 Beitragsjahre fรผr die Rente erfรผllt und mรถchte daher frรผher in den Ruhestand treten, nรคmlich mit 63 Jahren. Das bedeutet, dass er bereits ab dem 1. Juli 2023 eine Rente beziehen kรถnnte.
Allerdings gibt es einen Haken. Fรผr jeden Monat, den Paul frรผher in Rente geht, wird von seiner Rente ein Abschlag vorgenommen. Die Rentenversicherung zieht fรผr jeden dieser Monate 0,3 Prozent von seiner Rente ab. Da Paul 40 Monate frรผher in Rente gehen mรถchte als geplant, ergibt das einen Abschlag von insgesamt zwรถlf Prozent.
Nehmen wir an, dass Paul zu diesem Zeitpunkt 40 Entgeltpunkte gesammelt hat. Gemรคร den aktuellen Werten ab dem 1. Juli 2023 wรผrde er ohne Abschlรคge eine monatliche Rente von 1.504 Euro erhalten.
Aufgrund seiner Entscheidung, frรผher in Rente zu gehen, wรผrde die Rentenversicherung zwรถlf Prozent davon abziehen. Das bedeutet, dass seine tatsรคchliche monatliche Rente bei vorzeitigem Renteneintritt rund 1.324 Euro betrรคgt.
Die Differenz zwischen der ungekรผrzten und der gekรผrzten Rente betrรคgt somit 180 Euro pro Monat. Das sind die Kosten, die Paul fรผr seine Entscheidung, frรผher in Rente zu gehen, zu tragen hat.
Gut beraten ist halb gewonnen
Wer also die 45 Arbeitsjahre voll hat und dennoch frรผher in Rente gehen mรถchte, sollte alle Optionen sorgfรคltig abwรคgen und durchrechnen. Es gibt durchaus Gestaltungsmรถglichkeiten, wie beispielsweise eine Kombination aus Krankengeld und Arbeitslosengeld unmittelbar vor dem Rentenbeginn, die einen รbergang ohne Abschlรคge ermรถglichen kรถnnen.
Die Devise lautet daher: Informieren, beraten lassen und alle Optionen prรผfen, um finanzielle Einbuรen im Ruhestand zu minimieren.