In den letzten Wochen hat sich eine hitzige Diskussion um mögliche Einsparungen im Rentensystem entfacht. Der Grund dafür liegt in den Plänen, zwei gigantische Sondervermögen aufzulegen: eines für das Militär und ein weiteres für die Infrastruktur. Diese Vorhaben sollen mit einem Gesamtvolumen von mehreren hundert Milliarden Euro erreichen.
Natürlich drängt sich die Frage auf, woher die Finanzierung für diese Projekte stammen soll. Schon jetzt sickern erste Signale durch, dass verschiedene Sozialleistungen auf den Prüfstand gestellt werden könnten. Dabei wird zunehmend die Rente mit 63 – offiziell die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte – ebenso ins Visier genommen wie die sogenannte Mütterrente.
Was ist die Rente mit 63 und wieso könnte sie gestrichen werden?
Die Rente mit 63 ermöglicht es Versicherten, die mindestens 45 Beitragsjahre vorweisen können, bereits vor dem regulären Renteneintrittsalter ohne Abzüge in den Ruhestand zu gehen.
Dieses Modell entstand vor dem Hintergrund, Menschen, die lange und kontinuierlich in die Sozialkassen eingezahlt haben, einen frühzeitigen Ruhestand zu ermöglichen. Gerade in Zeiten alternder Gesellschaften wird jedoch immer wieder darüber gestritten, wie tragfähig diese Form der vorgezogenen Altersrente angesichts steigender Kosten bleiben kann.
Kritiker führen an, diese Rente sei für das Gesamtsystem finanziell belastend. Sollte der politische Wille wachsen, hohe Summen für die Sondervermögen in Militär und Infrastruktur bereitzustellen, könnte die Abschaffung der Rente mit 63 als offensichtliche Sparmaßnahme erscheinen.
Bereits jetzt werden von wirtschaftsliberalen Denkern und einigen Ratsmitgliedern der sogenannten Wirtschaftsweisen Einsparpotenziale von jährlich mehreren Milliarden Euro veranschlagt, sollte diese Leistung wegfallen.
Weshalb rückt auch die Mütterrente?
Die Mütterrente ist eine Leistung, die Eltern – häufig Mütter – für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, einen zusätzlichen Rentenanspruch gewährt. Damit soll der jahrelange Verzicht auf Erwerbstätigkeit oder die reduzierte Arbeitszeit in den Erziehungsjahren gewürdigt und ausgeglichen werden.
Für viele Eltern bedeutet diese Leistung eine finanzielle Absicherung im Alter, weil sie Versäumnisse in ihrer Erwerbsbiografie teilweise kompensiert. Ökonomische Stimmen machen seit Längerem geltend, dass die Mütterrente den Rentenfonds stark beanspruche. Es war zwar vor allem die CDU/CSU, die sich mit Einführung und Ausbau der Mütterrente profilierte, dennoch wird nun genau dort immer lauter darüber nachgedacht, ob man angesichts neuer Budgetzwänge nicht eine Rücknahme dieser Leistung in Betracht ziehen müsse.
Führende Wirtschaftsexperten sprechen davon, dass mit der Streichung der Mütterrente jährlich rund 14 Milliarden Euro eingespart werden könnten, was im Lichte der Sondervermögenspläne als attraktiver Betrag wahrgenommen wird.
Die derzeitige politische Konstellation bringt die Regierungsparteien in eine angespannte Lage. Noch-Kanzler Olaf Scholz (SPD) steht vor der Herausforderung, das Militär mit zusätzlichen Mitteln auszustatten und gleichzeitig großangelegte Infrastrukturprojekte in Gang zu setzen. Damit soll nicht nur die Bundeswehr modernisiert, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands durch den Ausbau von Straßen, Schienen und digitaler Infrastruktur gewährleistet werden.
Die Debatte dreht sich darum, ob diese Investitionen durch steigende Staatsschulden oder durch Kürzungen in anderen Bereichen finanziert werden sollen. Während einige SPD-nahe Kreise beim Thema Rente eine klare rote Linie ziehen wollen und skeptisch gegenüber Kürzungen sind, drängen vor allem wirtschaftsnahe und konservative Kreise darauf, mögliche Einsparungen nicht grundsätzlich auszuschließen.
Könnte es zu drastischen Kürzungen kommen?
Die politischen Lager sind tief gespalten, was potenzielle Einsparungen im Sozialsystem angeht. Da sowohl das Elterngeld als auch das Bürgergeld ebenfalls ins Visier geraten könnten, wird deutlich, dass es um eine umfassende Neuverteilung von Mitteln geht. Eine Kürzung der Mütterrente oder die komplette Streichung der Rente mit 63 würde jedoch auf erheblichen Widerstand stoßen, da hier starke Interessengruppen – unter anderem Gewerkschaften und Sozialverbände – sofort mobil machen würden.
Insbesondere die Rente mit 63 hat sich für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu einer wichtigen Option entwickelt, um den Übergang in den Ruhestand flexibler zu gestalten. Die weitgehende Streichung dieser Leistung könnte zu einer massiven Protestwelle führen, weil sie tief ins Vertrauen in das Sozialsystem eingreifen würde. Die Regierung weiß, dass harte Einsparungen im Rentenbereich Wahlentscheidungen beeinflussen können, was die politische Brisanz noch erhöht.
Rente mit 63 und Mütterrente akut bedroht?
Wer bereits in der Rente mit 63 oder mit Mütterrente ist, darf im Augenblick davon ausgehen, dass bei einer Abschaffung zumindest Bestandsschutz gelten würde. Dennoch würde eine generelle Rücknahme dieser Regelungen langfristige Auswirkungen auf viele Rentenbiografien haben.
Der Generationenvertrag, wonach die Erwerbstätigen die Rente der Älteren finanzieren, gerät zunehmend unter Druck. Die alternde Gesellschaft benötigt Maßnahmen, um das System stabil zu halten.
Ob dies mit Einschnitten bei bestehenden Rentenleistungen geschehen sollte, ist umstritten. Da gleichzeitig immer mehr Menschen längere Ausbildungszeiten haben und später ins Berufsleben einsteigen, wird sich die Frage der Absicherung im Alter für viele Betroffene verschärfen. Sobald konkrete politische Beschlüsse zu erwarten sind, wird es zu einer erneuten Welle von Diskussionen kommen, in denen Experten, Verbände und Politiker Vorschläge für einen gerechten Interessenausgleich unterbreiten werden.