In Deutschland endet die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber in der Regel nach sechs Wochen Krankheit. Ab diesem Zeitpunkt springt die gesetzliche Krankenversicherung ein und zahlt Krankengeld โ maximal bis zu 72 Wochen. Doch dieser Anspruch ist an bestimmte Voraussetzungen geknรผpft. Wer hier nicht aufpasst oder bei Problemen untรคtig bleibt, riskiert schnell, dass das Krankengeld eingestellt wird.
Der folgende Fall zeigt, wie wichtig ein frรผhes und entschlossenes Vorgehen ist, sobald die eigene Krankenkasse die Leistungsgewรคhrung infrage stellt. Er verdeutlicht auch, welche Rolle รrztinnen und รrzte spielen und welche Rechte Betroffene haben.
Nach sechs Wochen endet die Lohnfortzahlung – dann gibt es Krankengeld
Nach deutschem Arbeitsrecht haben Beschรคftigte im Krankheitsfall Anspruch auf eine sechswรถchige Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Anschlieรend รผbernimmt die Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld, sofern weiterhin eine รคrztlich bescheinigte Arbeitsunfรคhigkeit besteht.
- Das Krankengeld dient dazu, den Lebensunterhalt wรคhrend einer lรคngeren Erkrankung sicherzustellen.
- Es betrรคgt in der Regel rund 70 Prozent des regelmรครigen Bruttoeinkommens (jedoch hรถchstens 90 Prozent vom Netto) und wird maximal 72 Wochen je Krankheit bezahlt.
Wichtig ist dabei, dass es keine Unterbrechung in den Arbeitsunfรคhigkeitsbescheinigungen gibt. Jede einzelne Krankschreibung muss lรผckenlos an die Krankenkasse weitergeleitet werden.
Wird auch nur fรผr einen Tag das Attest nicht rechtzeitig eingereicht, kann der Anspruch auf Krankengeld verloren gehen.
Was geschieht, wenn die Krankenkasse plรถtzlich nachfragt?
Oft beginnen Probleme, sobald die Krankenkasse weitere Informationen zu einer Erkrankung anfordert. Manchmal geschieht dies schon nach wenigen Wochen, hรคufig aber erst nach einigen Monaten.
Im hier dargestellten Fall ging es um einen Mann, der an massiven Schulterschmerzen litt und deshalb bereits nach kurzer Zeit krankgeschrieben war. รberraschenderweise fragte die Krankenkasse sehr frรผhzeitig beim Hausarzt einen detaillierten Bericht an. Dieser sollte unter anderem Auskunft geben รผber:
- die geplante Behandlung,
- den bisherigen Therapieverlauf,
- die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfรคhigkeit.
An sich ist es das gute Recht der Krankenkasse, den medizinischen Dienst โ den sogenannten MD โ einzuschalten und genauere Informationen einzuholen. In der Praxis geschieht dies in der Regel schriftlich, ohne dass der Patient oder die Patientin persรถnlich begutachtet wird. Doch wenn der behandelnde Arzt aus zeitlichen oder organisatorischen Grรผnden den Bericht nicht rechtzeitig abliefern kann, gerรคt das Krankengeld schnell in Gefahr.
Muss ich sofort reagieren, wenn der Arzt den Bericht nicht rechtzeitig schafft?
Ja, unbedingt. โRecht haben ist nicht gleich recht bekommenโ โ so fasste es eine Sozialrechts-Expertin zusammen, die den Betroffenen im geschilderten Fall beriet. Wenn die angeforderte รคrztliche Stellungnahme nicht fristgerecht bei der Krankenkasse eintrifft, kann das dazu fรผhren, dass die Versicherung das Krankengeld einstellt.
Im vorliegenden Beispiel hatte der Hausarzt mit Ausfรคllen in der Praxis zu kรคmpfen und war nicht in der Lage, den Bericht rechtzeitig zu erstellen. Wรคre der Mann untรคtig geblieben, hรคtte er in Kรผrze ohne Einkommen dagestanden. Die Krankenkasse hรคtte den Fall womรถglich mit der Begrรผndung โkeine vollstรคndigen medizinischen Unterlagenโ abgelehnt.
Wie kann ich mich aktiv gegen eine drohende Einstellung des Krankengeldes wehren?
Wer bemerkt, dass die Krankenkasse medizinische Unterlagen anfordert und der Arzt aus nachvollziehbaren Grรผnden nicht fristgerecht liefern kann, sollte umgehend handeln:
- Kontakt zur Krankenkasse aufnehmen:
Es ist ratsam, frรผhzeitig das Gesprรคch mit der eigenen Krankenkasse zu suchen. Hรคufig lassen sich Fristen verlรคngern oder Alternativen finden, beispielsweise eine direkte Begutachtung durch den medizinischen Dienst. - Unterstรผtzung organisieren:
In vielen Fรคllen helfen Sozialverbรคnde, Gewerkschaften oder Rechtsberatungsstellen, den Schriftverkehr zu fรผhren und die eigenen Ansprรผche durchzusetzen. Eine solche Unterstรผtzung ist besonders sinnvoll, wenn die Krankenkasse zeitliche oder inhaltliche Vorgaben macht, die man allein nur schwer erfรผllen kann. - Dokumentation sicherstellen:
Alle Krankschreibungen und Schreiben der Krankenkasse sollten gut sortiert und gesichert werden. Sollte es spรคter zu einem Rechtsstreit kommen, ist eine lรผckenlose Dokumentation entscheidend.
Wie endete der hier geschilderte Fall?
Im beschriebenen Fall konnte die Frist schlieรlich doch verlรคngert werden. Der Hausarzt schrieb den erforderlichen Bericht etwas spรคter, und das Krankengeld wurde weitergezahlt, ohne dass es zu einer Unterbrechung kam. Damit musste der Betroffene keine finanziellen Einbuรen hinnehmen. Der Schlรผssel zum Erfolg war, dass er โ zusammen mit dem Sozialverband โ rechtzeitig auf die Krankenkasse zuging, die Lage erklรคrte und eine Lรถsung vorschlug (hier: persรถnliche Begutachtung durch den MD oder Fristverlรคngerung).
Dieser Ablauf zeigt exemplarisch, dass es sich lohnt, aktiv zu werden und selbst auf die Krankenkasse zuzugehen, wenn Unklarheiten oder Zeitprobleme bei der รคrztlichen Stellungnahme auftreten. Eine vermeintliche โWunderheilungโ im Sinne der Kasse (sprich: Einstellung des Krankengeldes, weil keine Belege fรผr eine Arbeitsunfรคhigkeit eingereicht wurden) lรคsst sich so oft abwenden.
Ist dieser Fall eine Ausnahme oder hรคufiger Alltag?
Die geschilderte Situation ist alles andere als ein Einzelfall. Immer wieder berichten Betroffene von raschen oder sogar vorzeitigen Nachfragen der Krankenkasse, die eine ausfรผhrliche รคrztliche Dokumentation verlangen. Insbesondere wenn die Beschwerden unklar sind oder sich die Behandlung verzรถgert, entstehen leicht Spannungen zwischen Patienten, รrzten und der Krankenkasse.
Fehlt es an aussagekrรคftigen Arztberichten, droht der Verlust des Krankengeldes โ obwohl der Anspruch eigentlich besteht. Umso wichtiger ist es, das eigene Recht durchzusetzen, sich nicht verunsichern zu lassen und die Kommunikation mit den zustรคndigen Stellen zu suchen.
Was sollten Betroffene aus diesem Fall lernen?
Betroffene sollten sich stets bewusst machen:
- Sorgfรคltige Dokumentation: Alle Krankschreibungen mรผssen lรผckenlos eingereicht werden.
- Aktive Kommunikation: Bei Problemen oder Nachfragen der Krankenkasse sollten Versicherte umgehend reagieren.
- Fachkundige Unterstรผtzung: Sozialverbรคnde und andere Beratungsstellen kรถnnen bei Konflikten wertvolle Unterstรผtzung bieten.
Fazit
Der vorgestellte Fall verdeutlicht, dass bereits wenige Wochen nach Beginn der Krankheit Komplikationen auftreten kรถnnen. Auch wenn es manchmal nach Willkรผr klingt: Krankenkassen dรผrfen weitere Informationen einholen, um zu prรผfen, ob die Voraussetzungen fรผr das Krankengeld erfรผllt sind. Wichtig ist, niemals abzuwarten, wenn ein notwendiger Arztbericht ausbleibt. Stattdessen sollte man aktiv das Gesprรคch mit der Kasse und dem behandelnden Arzt suchen und zur Not eine persรถnliche Begutachtung durch den medizinischen Dienst anregen.
Wer frรผhzeitig handelt, hat gute Chancen, das Krankengeld ohne Unterbrechung zu erhalten und die eigenen Rechte durchzusetzen. Und wer sich dabei professionelle Unterstรผtzung holt, zum Beispiel bei einem Sozialverband oder in einer spezialisierten Rechtsberatung, ist im Ernstfall umso besser gewappnet.
- รber den Autor
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pรคdagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprรคvention und im Reha-Sport fรผr Menschen mit Schwerbehinderungen tรคtig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprรคvention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.