Beitragshammer: Rentnerin muss KV-Zuschuss zur Rente zahlen

Lesedauer 3 Minuten

Eine Frau, die zugleich Altersrentnerin und weiter erwerbstรคtig ist, hatte sich bewusst fรผr eine fast vollstรคndige Teilrenteย โ€“ exakt 99,99ย Prozent โ€“ entschieden, um trotz hoher Einkรผnfte ihren Anspruch auf Krankengeld zu bewahren. Weil sie mit ihrem Gehalt deutlich รผber der Versicherungspflichtgrenze liegt, ist sie freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse.

Parallel beantragte sie bei der Deutschen Rentenversicherung den Zuschuss zur Krankenversicherung, wie es ยงย 106ย SGBย VI vorsieht, und erhielt seit einem Jahr monatlich gut 150ย Euro.

Jetzt fordert die Krankenkasse die bereits ausgezahlten Zuschรผsse zurรผck. Die Versicherte versteht die Welt nicht mehr, denn sie entrichtet bereits den Hรถchstbeitrag.

Diese gesetzlichen Regeln greifen hier: ยง 240 Absatz 3 SGB V

Die rechtliche Schlรผsselnorm steht in ยงย 240ย Absatzย 3ย SGBย V. Dort bestimmt der Gesetzgeber, dass freiwillige Mitglieder, die sowohl Arbeitsentgelt als auch eine gesetzliche Rente beziehen, ihre Beitrรคge getrennt nach Einkommensarten zu entrichten haben.

Wird durch Addition von Lohnโ€‘ und Rentenbezug jedoch die Beitragsbemessungsgrenze รผberschritten, darf die Krankenkasse anstelle des regulรคren Beitrags aus der Rente lediglich den Rentenzuschuss vereinnahmen.

Praktisch bedeutet das: Der Zuschuss ist nicht als Entlastung der Versicherten gedacht, sobald deren Gesamteinkommen bereits das maximale beitragspflichtige Einkommen ausschรถpft โ€“ er wandert in diesem Fall direkt an die Krankenkasse.

Weshalb greift die Regel genau in diesem Jahr so hart?ย โ€“ Die neue Beitragsbemessungsgrenze 2025

Zum 1.ย Januarย 2025 ist die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenโ€‘ und Pflegeversicherung krรคftig gestiegen: Sie liegt nun bei 66ย 150ย Euro im Jahr beziehungsweise 5ย 512,50ย Euro im Monat.

Gleichzeitig kletterte die Versicherungspflichtgrenze (Jahresarbeitsentgeltgrenze) auf 73ย 800ย Euro. Wer wie die Betroffene mit Arbeitslohn plus Rente รผber 5ย 512,50ย Euro monatlich verdient, zahlt bereits das Maximumย โ€“ jeder zusรคtzliche Euro bleibt beitragsfrei.

Genau deshalb holt sich die Kasse den Zuschuss: Er deckt den Beitragsteil, der aus der Rente eigentlich fรคllig wรคre, wenn noch โ€žPlatzโ€œ unterhalb der Bemessungsgrenze bestรผnde.

Lesen Sie auch:

–ย Vor der Rente arbeitslos: Kann man sich von der Bewerbungspflicht befreien lassen?

Zuschuss oder Mogelpackung?ย โ€“ Warum das Instrument ursprรผnglich eingefรผhrt wurde

Der Zuschuss zur Krankenversicherung ist kein Bonus, sondern eine Kompensation dafรผr, dass freiwillig versicherte Rentner ihren Beitrag allein tragen mรผssen. Bei Einkรผnften unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze wirkt er tatsรคchlich entlastend; er deckt annรคhernd die Hรคlfte des Beitragsanteils, den bei gesetzlich Pflichtversicherten der Arbeitgeber รผbernimmt.

Erst wenn das Gesamteinkommen den Bemessungswert ausschรถpft, kippt die Logik: Dann fungiert der Zuschuss als simpler Durchlaufposten zur Krankenkasse.

Die Versicherten fรผhlen sich um ihr Geld gebracht, doch der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass Gutverdiener doppelt profitieren โ€“ von einem hohen Einkommen oberhalb der Beitragsgrenze und zugleich von einem staatlich finanzierten Zuschuss.

Welche Optionen bleiben Betroffenen?ย โ€“ Rechtsmittel, Strategien und Zeitpunkte

Formell handelt es sich nicht um eine Rรผckforderung der Krankenkasse, sondern um die korrekte Nachberechnung, weil der Zuschuss von Anfang an an die Kasse abzufรผhren war.

Ein Widerspruch hat nur Erfolg, wenn die Beitragsbemessungsgrenze falsch berechnet oder das Einkommen falsch erfasst wurde.

Wer plant, seine Arbeitszeit zu reduzieren, sollte den Zeitpunkt genau wรคhlen: Sinkt das gesamte beitragspflichtige Einkommen nachhaltig unter die Grenze von 5ย 512,50ย Euro monatlich, fรคllt die Verpflichtung zur Erstattung weg; gleichzeitig endet aber auch der Anspruch auf den Zuschuss selbst, weil dann die Pflichtversicherung aus der Rente greift.

Wichtig ist deshalb eine frรผhzeitige Meldung an Rentenโ€‘ und Krankenversicherung, sobald das Einkommen unter die Grenze rutscht.

Was bedeutet das fรผr arbeitende Rentnerinnen und Rentner insgesamt?

Der ร„rger der Betroffenen zeigt ein systematisches Kommunikationsproblem. Viele arbeitende Ruhestรคndler wissen nicht, dass der Zuschuss je nach Einkommenshรถhe nur ein theoretischer Vorteil sein kann.

Solange das Gesamteinkommen die Beitragsbemessungsgrenze รผberschreitet, bleibt es bei der vollen Beitragshรถhe; der Zuschuss reduziert lediglich den Teil, den die Kasse aus der Rente verlangt, landet aber โ€“ vรถllig legal โ€“ in derselben Kasse.

Erst wenn Rente und Hinzuverdienst zusammen unterhalb der Grenze liegen, flieรŸt der Zuschuss tatsรคchlich ins Portemonnaie der Versicherten.

Wer also im Ruhestand weiterarbeitet, sollte seine Einkommensentwicklung jรคhrlich prรผfen und, falls nรถtig, das Versicherungsโ€‘ und Rentenwahlrecht anpassen. Transparente Beratung durch Rentenversicherer, Krankenkassen und unabhรคngige Rentenberater kรถnnte viele Missverstรคndnisse vermeiden โ€“ und vielleicht den nรคchsten โ€žBeitragshammerโ€œ verhindern.