Helena Steinhaus von der Initiative Sanktionsfrei e.V schildert eine Notlage, die viele Menschen, die von Bürgergeld leben müssen, nur zu gut kennen. Das Jobcenter fordert eine Leistungsberechtigte auf, eine günstigere Wohnung zu suchen.
Die Leistungsberechtigte findet eine solche Wohnung aber nicht, und das Jobcenter zahlt nur noch die Miete, die die Behörde als angemessen ansieht.
Bezahlbare Wohnungen gibt es fast nie
Steinhaus schreibt: „M. ist alleinerziehende Mutter von 4 Kindern und bezieht Bürgergeld. Das Jobcenter hat sie aufgefordert, in eine günstigere Wohnung zu ziehen, die sie aber nicht findet. Seit dem 1.2. zahlt das Jobcenter nur noch einen Teil ihrer Miete.“
Die Betroffene erklärt: „Wenn man Glück hat, findet man eine 3-Zimmer-Wohnung. Mehr nicht.“
Hunderttausende müssen die Miete vom Existenzminimum zahlen
Steinhaus zeigt ein Massenphänomen, das hunderttausende Menschen unter das Existenzminimum drückt: „So geht es fast 320.000 Bürgergeld-Haushalten. Im Schnitt müssen die jeden Monat 103 € aus dem Regelsatz für die Wohnkosten abzwacken, in Berlin sogar 160 €. Geld, das dann für Essen und Kleidung fehlt.“
Regelsatz und Kosten für die Unterkunft sind separate Posten
Das Dilemma für die Betroffenen liegt darin, dass das Bürgergeld sich nach einem Schlüssel an dem sozioökonomischen Existenzminimum orientiert. Dieses muss der Staat denjenigen gewähren, die den Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln nicht sichern können, so verlangt es das Grundgesetz.
Für den Lebensunterhalt ist der sogenannte Regelsatz vorgesehen, und der liegt 2025 bei 563 Euro im Monat für einen alleinstehenden Leistungsberechtigten. Separat übernimmt das Jobcenter die Kosten für Unterkunft und Heizung, insofern diese „angemessen“ sind.
Ergänzen der Miete über den Regelsatz – Trotz Existenzminimum
Wenn die Kosten der Unterkunft die gesetzte Grenze der „Angemessenheit“ übersteigen, dann müssen die Betroffenen die Differenz selbst zahlen, und das geht nur aus dem Regelsatz, der aber lediglich das Existenzminimum abdeckt.
Wer jetzt, wie Steinhaus erläutert, 100 oder 160 Euro von diesem Existenzminimum des Lebensbedarfs für die Miete abzweigen muss, dem fehlt Geld, um sich Essen zu kaufen, eine Winterjacke oder eine Packung Toilettenpapier zu erwerben.
Mietpreise passen nicht mehr zu den Angemessenheitsgrenzen
In deutschen Großstädten schießen die Mietpreise in die Höhe. Was die Jobcenter vor Ort als angemessene Kosten der Unterkunft berechnen, steht deshalb oft in krassem Gegensatz zu den Wohnungen, die tatsächlich zur Verfügung stehen.
Stellt das Jobcenter jetzt fest, dass die Grenze der Angemessenheit überschritten ist, dann leitet es erst einmal ein Kostensenkungsverfahren ein, in dem die Leistungsberechtigten aufgefordert werden, innerhalb eines halben Jahres die Kosten der Unterkunft zu senken.
Möglichkeiten sind dafür unter anderem der Umzug in eine günstigere Wohnung oder das Aufnehmen eines Mitbewohners.
Senken die Leistungsberechtigten die Kosten der Wohnung nicht, dann bleiben sie oft auf der Differenz zwischen den Wohnkosten, die die Behörde übernimmt und der Realmiete sitzen.
Bei der Mutter mit vier Kindern besteht, ihrer eigenen Aussage zufolge, keine Aussicht, vor Ort eine Wohnung in passender Größe zu finden. Auch einen Mitbewohner zu finden, um die Kosten zu senken, ist bei einer fünfköpfigen Familie keine Option.
Wie können Sie sich schützen?
Wenn das Jobcenter ein Kostensenkungsverfahren einleitet und Sie diese Kosten in der gesetzten Frist nicht senken, dann muss das nicht immer bedeuten, dass Sie auf den überschüssigen Mietzahlungen sitzen bleiben.
Entscheidend ist, dass Sie gegenüber dem Jobcenter belegen, dass Sie alles Mögliche getan haben, um die Kosten zu senken, und dies objektiv nicht möglich war.
Zum Beispiel sollten Sie jede einzelne Wohnungssuche von Ihnen belegen und auch dokumentieren, in welcher Preisklasse sich verfügbare Wohnungen bewegen.
Wenn das Jobcenter Ihnen den Bescheid zukommen lässt, dass es die höheren Mietkosten nicht trägt, dann legen Sie Widerspruch ein. Lehnt das Jobcenter diesen ab, dann können Sie vor dem Sozialgericht klagen.
Bestimmte Lebenssituationen machen einen Umzug für Leistungsberechtigte unzumutbar, etwa ein hohes Alter oder gesundheitliche Probleme. In solchen Fällen muss das Jobcenter auch dauerhaft eine höhere Miete übernehmen.