Bürgergeld: Anspruch auf Suchtberatung auch bei kostenpflichtigen Beratungsstellen

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Suchtkrankheit und Erwerbslosigkeit können einander verstärken. Suchtkranke verlieren häufig durch ihre Sucht den Job und es ist für sie dann schwierig, wieder eine Erwerbsarbeit zu finden. Die Erwerbslosigkeit begünstigt wiederum die Sucht. Mehr als 50 Studien aus diversen Ländern belegen eindeutig, dass Erwerbslose häufiger an Suchterkrankungen leiden als Erwerbstätige.

Gut belegt sind die Folgen der Erwerbslosigkeit, die Suchtprobleme verschlimmern oder begünstigen. Dazu gehören der Verlust sozialer Kontakte und der Verlust der Tagesstruktur ebenso wie psychische Probleme, etwa ein vermindertes Selbstwertgefühl und Depressivität.

Erwerbstätigkeit beugt Rückfällen vor

Die Studienlage zeigt zudem eindeutig, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit während und direkt nach der Suchtbehandlung Rückfällen vorbeugt. Deutlich ist auch, dass Erwerbslose einen erhöhten Bedarf nach spezifischer Vorsorge und Behandlung haben.

Suchterkrankungen gehören also zu den Problemen, mit denen sehr viele Bürgergeld-Bezieher zu kämpfen haben. Bietet das Jobcenter Ihnen in dieser Situation Hilfe an?

Anspruch auf einen Beratungsschein

Bürgergeld-Bezieher haben generell Anspruch auf einen Beratungsschein, den der zuständige Mitarbeiter Ihnen ausstellt. Mit diesem können Sie kostenfrei Angebote von Beratungsstellen wahrnehmen, und dies gilt für psychosoziale Probleme ebenso wie für Suchtberatung.

Bundesweit können Sie sich an über 1.400 ambulante Suchtberatungsstellen wenden, und es gibt rund 800 stationäre Einrichtungen der Suchthilfe. Anlaufstellen vor Ort finden Sie hier.

Gemeinnützige Organisationen und kirchliche Träger bieten solche Beratung an wie die Caritas, das Diakonische Werk, die AWO oder der Paritätische Wohlfahrtsverband.

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Wie ist die Rechtsgrundlage?

Die Paragrafen 16a (Kommunale Eingliederungsleistungen) und 17 (Einrichtungen und Dienste für Leistungen zur Eingliederung) im Sozialgesetzbuch II schreiben vor, dass Jobcenter systematisch mit Einrichtungen der kommunalen Suchthilfe zusammenarbeiten.

Dabei sollen die Tätigkeit der Jobcenter und der Suchthilfe so vernetzt werden, dass mit der Hilfe bei der Erkrankung zugleich die Arbeitssuche gefördert wird.

Suchtberatung ist eine kommunale Eingliederungsleistung

Suchtberatung wird dabei im Sozialgesetzbuch II ausdrücklich als kommunale Eingliederungsleistung genannt. „Die Aufgabe der Suchtberatung im Sinne dieses Gesetzes besteht demnach darin, auf die Beseitigung dieses Vermittlungshemmnisses (Sucht) hinzuwirken.“

Vernetzung zwischen Beratung und Jobcenter

Die Vernetzung zwischen Jobcentern und Instanzen der Suchtprävention und Beratung unterscheidet sich in Details von Kommune zu Kommune. Grundsätzlich soll der Leistungsberechtigte selbst den Kontakt zur Beratungsstelle aufnehmen. Wird jedoch klar, dass er es bevorzugt, dass der Mitarbeiter nachfragt, dann ruft dieser ihn in seinem Beisein bei der Suchtberatung an und vereinbart einen Termin.

Inhaltlich und organisatorisch sind die Suchtberatungen vom Jobcenter klar und bewusst abgegrenzt.

Ein Beispiel für den Austausch des Netzwerks vor Ort ist Lüneburg. Hier trifft sich einmal pro Monat der Arbeitskreis Sucht, moderiert von der Suchtberatungsstelle. Akteure sind Polizei, Jugendamt, Suchtberatung, Selbsthilfegruppen, Stiftung Medien- und Onlinesucht Lüneburg, Psychiatrisches Klinikum und das Jobcenter. Alle drei Monate gibt es zudem einen fachlichen Austausch mit den ansässigen Fachkliniken.

Welche Beratungsangebote gibt es?

Die zuständigen Stellen bieten ein vielfältiges Spektrum an Leistungen an, darunter Einzel-, Gruppen-, Paar- und Familienberatungen, Unterstützung für Angehörige, Freunde und potenzielle Arbeitgeber, Vermittlung in Entzug und Entwöhnung, Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen, Haus- und Krankenhausbesuche, ambulante Nachsorge, psychosoziale Begleitung für substituierte Drogenabhängige, Krisenintervention sowie spezielle Angebote für alkohol- oder drogenauffällige Kraftfahrer.

Das Fallmanagement

Ebenso gibt es in fast allen Jobcentern die Möglichkeit eines sogenannten Fallmanagements. Hier handelt es sich um Fachkräfte, die Sie individuell unterstützen und versuchen, mit Ihnen gemeinsam Lösungen zu finden und umzusetzen, und dies über einen längeren Zeitraum hinweg, auch in der Suchtberatung.

Um ein solches Fallmanagement zu bekommen, sagen Sie dem zuständigen Mitarbeiter Bescheid, und dieser stellt den Kontakt her.

Manche Jobcenter bieten sogar ein spezielles Coaching an, mit einem multiprofessionellen Team aus Medizin, Psychologie, Pädagogik und Ergotherapie.