Das Jobcenter übernimmt für Leistungsberechtigte im Bürgergeld-Bezug die Kosten der Unterkunft und Heizung, allerdings in der Regel nur in der Höhe, die die Behörde als angemessen definiert.
Bei einem Umzug müssen die Betroffenen das Jobcenter vorab informieren, und die Behörde muss dem Wohnungswechsel zustimmen. Wenn die Leistungsberechtigten dies ignorieren, kann das Probleme bereiten, wie ein Fall aus Thüringen zeigt.
Drohung mit Kündigung
Eine Bürgergeld-Bezieherin wandte sich an den Bürgerbeauftragten des Freistaats Thüringen, weil sie sich in einer akuten Notlage befand. Ihr Vermieter drohte ihr mit fristloser Kündigung, denn sie stand mit der Zahlung der Betriebskosten und der Mietkaution im Rückstand. Was haben jetzt das Jobcenter und das Bürgergeld damit zu tun?
Umzug ohne Zustimmung des Jobcenters
Die Betroffene war im vorigen Jahr in eine andere Wohnung gezogen. Sie hatte dies dem Jobcenter auch mitgeteilt, doch die Behörde hatte dem Umzug nicht zugestimmt. Laut dem Jobcenter sei die Höhe der Mietkosten der neuen Wohnung nicht angemessen. Sie zog trotzdem in die neue Wohnung.
Das Jobcenter zahlt nur die vorherigen Mietkosten
Auch nach dem Umzug zahlte das Jobcenter Kosten der Unterkunft lediglich in Höhe derjenigen für die alte Wohnung. Damit blieb die Betroffene auf der Differenz zu der höheren Miete ebenso sitzen wie auf den Kosten für die Mietkaution des neuen Vermieters.
Wie ist die Rechtslage?
Rechtlich hat die Betroffene kaum eine Chance, gegenüber dem Jobcenter durchzusetzen, dass die gesamten Mietkosten für die neue Wohnung getragen werden. Die Behörde hätte dazu dem Umzug und der höheren Miete zustimmen müssen.
Jobcenter müssen, außer in Ausnahmesituationen, die Kosten der Unterkunft und Heizung nur in der Höhe übernehmen, die in der jeweiligen Kommune, dem Kreis oder der Stadt als angemessen gelten. Dafür gibt es Schlüssel, nach denen diese Angemessenheit berechnet wird.
Diese orientieren sich an der Durchschnittsmiete im unteren Segment des Wohnungsmarktes vor Ort. Ausnahmen, in denen Jobcenter auch Mieten übernehmen, die über der gesetzten Angemessenheit liegen, gibt es nur für spezielle Situationen.
Wann zahlt das Jobcenter höhere Mieten?
Dazu gehörten etwa die Probleme während der Corona-Pandemie. Eine höhere Miete wird auch dann übernommen, wenn es nicht möglich ist, die Kosten zu senken oder ein Umzug in eine günstigere Wohnung unzumutbar wäre. Dies gilt ebenfalls, wenn vor Ort keine alternative Wohnung für die Betroffenen verfügbar ist.
Alle diese Sondersituationen trafen jedoch in diesem Fall nicht zu. Das Jobcenter verlangte nicht, dass die Frau in eine günstigere Wohnung zog, weil die bestehende zu teuer war. Im Gegenteil: Sie hatte eine Wohnung innerhalb der Angemessenheitsgrenze, und es gab offensichtlich keinen objektiven Zwang, diese zu wechseln.
Die neue Wohnung war erstens nicht günstiger, sondern teurer als die alte, und zweitens hätte das Jobcenter dem Umzug in die neue Wohnung zustimmen müssen.
Muss das Jobcenter bei drohender Obdachlosigkeit zahlen?
Die Betroffene könnte jetzt höchstens darauf verweisen, dass ihr wegen der angedrohten fristlosen Kündigung Obdachlosigkeit droht, denn grundsätzlich muss das Jobcenter Obdachlosigkeit von Leistungsberechtigten verhindern.
Doch selbst dann ist ungewiss, ob das Jobcenter die höhere Miete und die Mietkaution tragen müsste. Denn auch bei drohender Wohnungslosigkeit haben Bürgergeld Bedürftige nicht unbedingt Anspruch auf die Übernahme von Mietkosten, die als nicht angemessen definiert sind.
So entschied das Hessische Landessozialgericht: „Zwar ist der Schutz der Wohnung auch in Form des Behalts der Wohnung verfassungsrechtlich beachtlich, allerdings kann die drohende Wohnungslosigkeit keinen unbegrenzten Kostenübernahmeanspruch gegen den Antragsgegner begründen.“ (L 7 AS 131/24 B ER.)
Selbst Wohnungslosigkeit bedeute, laut dem Hessischen Landessozialgericht, keine Verpflichtung des Jobcenters höhere Mieten zu zahlen, nämlich dann nicht, wenn die Betroffene in eine städtische Unterkunft eingewiesen werden könne und so nicht obdachlos sei.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.