Bürgergeld: Keine Verkürzung des Bewilligungszeitraums durch Verzicht oder Abmeldung möglich

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Wer Bürgergeld bezieht und selbstständig tätig ist, kann den gesetzlich festgelegten Bewilligungszeitraum von in der Regel sechs Monaten nicht durch eine Abmeldung oder den Verzicht auf Leistungen verkürzen. Dies hat unter anderem das Bundessozialgericht (BSG) bereits in einem Urteil klargestellt (BSG, Urteil vom 30.09.2008 – B 4 AS 29/07 R).

Gesetzliche Grundlage: § 41 Abs. 1 SGB II

Der Bewilligungszeitraum ist gesetzlich auf sechs Monate festgelegt und dient als sogenannter Verteilzeitraum für Einnahmen. Eine eigenmächtige Abmeldung, um z. B. in einem bestimmten Monat hohe Einnahmen (z. B. durch eine Erbschaft) als „geschütztes Vermögen“ statt als anrechenbares Einkommen werten zu lassen, ist rechtlich nicht zulässig. Dies bestätigte auch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 16.11.2010 – L 18 AS 1826/08).

Verzicht auf Bürgergeld zur Umgehung der Einkommensanrechnung ist unzulässig

Ein häufiges Motiv für die Rücknahme oder Verschiebung von Anträgen ist der Versuch, hohe Einnahmen in einzelnen Monaten – etwa im Januar oder Februar – aus der Berechnung auszuklammern. Doch auch dies ist laut Rechtsprechung nicht erlaubt (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.01.2021 – L 14 AS 1933/17).

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Einkommen bleibt Einkommen – auch bei verzögerter Antragstellung

Die Antragstellung steht nur dann zur Disposition des Antragstellers, wenn es um einseitige Rechte und Vergünstigungen geht. Nicht erlaubt ist jedoch eine nachträgliche Veränderung des Antrags mit dem Ziel, Einkünfte in Vermögen umzudeuten oder die Voraussetzungen für Hilfebedürftigkeit künstlich herzustellen.

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 24.04.2015 – B 4 AS 22/14 R) stellt klar: Wer den Antrag gestellt hat, hat sich damit bereits in das System des SGB II begeben. Einnahmen, die nach dem festgelegten Leistungsbeginn zufließen, sind entsprechend zu berücksichtigen.

Hilfebedürftigkeit darf nicht künstlich erzeugt werden

Versuche, durch eine Verkürzung des Bewilligungszeitraums gezielt eine Hilfebedürftigkeit für bestimmte Monate zu schaffen, widersprechen dem Grundgedanken des SGB II. Denn laut Gesetz soll Hilfebedürftigkeit vermieden, nicht herbeigeführt werden.

Verzicht unwirksam bei Umgehung der Einkommensermittlung

Ein Verzicht auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ist unwirksam, wenn er allein dem Zweck dient, den vorläufig festgelegten Bewilligungszeitraum zu verkürzen und somit die Vorschriften zur Einkommensberechnung zu umgehen (§ 3 BürgergeldV i.V.m. § 46 Abs. 2 SGB I).

Aktuelle Rechtsfrage vor dem Bundessozialgericht

Der 4. Senat des BSG muss sich aktuell mit folgender Rechtsfrage auseinandersetzen (Az: B 4 AS 24/24 R):

Ist ein von einem selbstständig Erwerbstätigen erklärter Verzicht auf Leistungen nach dem SGB II oder eine teilweise Antragsrücknahme unbeachtlich, wenn dadurch der vorläufig festgelegte Bewilligungszeitraum verkürzt werden soll, um die Einkommensberücksichtigung zu beeinflussen?

Da unterschiedliche Urteile auf Ebene der Landessozialgerichte vorliegen, wird die Entscheidung des BSG mit Spannung erwartet.