Bürgergeld: Muss man den Gesundheitsfragebogen vom Jobcenter ausfüllen?

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Der Gesundheitsfragebogen des Jobcenters dient dazu, die Erwerbsfähigkeit eines Leistungsbeziehers auf ihre gesundheitliche Eignung hin zu überprüfen. In der Regel wird er vom Jobcenter verschickt, wenn Zweifel bestehen, ob jemand in dem vorgesehenen Umfang arbeiten kann.

Mit seinen persönlichen Angaben im Gesundheitsfragebogen kann man dem Ärztlichen Dienst relevante Informationen zu bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Diagnosen geben. Theoretisch können diesen Fragebogen auch Betroffene selbst anfordern, wenn sie eine erneute Überprüfung ihrer Erwerbsfähigkeit wünschen.

Wir werden allerdings immer wieder gefragt, ob eine Pflicht besteht, diesen Fragebogen auszufüllen und ob Sanktionen folgen, wenn man quasi seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt.

Warum herrscht Verwirrung bei der Freiwilligkeit der Angaben?

Auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit wird der Gesundheitsfragebogen ausdrücklich als freiwilliges Instrument bezeichnet. Es wird betont, dass alle persönlichen Angaben, die auf dem Fragebogen gemacht werden, dem Datenschutz unterliegen und in einem verschlossenen Umschlag direkt an den Ärztlichen Dienst gehen.

Das Jobcenter, also die jeweilige Fachkraft oder Sachbearbeitung, erfährt nur das Ergebnis in Form einer sozialmedizinischen Stellungnahme.

Dort wird angegeben, in welchem Umfang und auf welche Weise jemand in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt sein könnte, aber nicht warum.

Auf den offiziellen Dokumenten, die den Betroffenen zugeschickt werden, ist jedoch ebenfalls vermerkt, dass eine Weigerung, den Gesundheitsfragebogen auszufüllen, unter bestimmten Umständen zu einer Versagung oder Kürzung der Leistungen führen kann. Das wirft die Frage auf, wie freiwillig die Abgabe der Angaben tatsächlich ist.

Ist die Schweigepflichtentbindung wirklich verpflichtend?

Im Gesundheitsfragebogen wird häufig nahegelegt, man solle die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbinden. Damit soll der Ärztliche Dienst detaillierte Informationen einholen können, ohne den Betroffenen erneut untersuchen zu müssen.

Nach allgemeiner Rechtsauffassung und den Aussagen von Datenschutzbeauftragten besteht jedoch keine Pflicht, diese Schweigepflichtentbindung zu unterschreiben.

Wer seine Ärzte dennoch entbinden möchte, tut dies aus eigenem Entschluss und kann sich davon Vorteile erhoffen, weil bereits vorliegende ärztliche Unterlagen berücksichtigt werden.

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Können Bürgergeld-Leistungen eingestellt werden, wenn man den Fragebogen nicht ausfüllt?

In den Unterlagen zum Gesundheitsfragebogen finden sich Hinweise, dass eine Verweigerung der Mitwirkungspflicht ohne wichtigen Grund zu Leistungskürzungen führen kann.

Gleichzeitig wird in anderen Dokumenten und auf der Website der Bundesagentur für Arbeit klargestellt, dass das Ausfüllen der medizinischen Angaben eine freiwillige Entscheidung ist.

Hier liegt der Kern des Widerspruchs: Die rechtliche Grundlage (§ 62 SGB I) erfordert eine Mitwirkung im Sinne einer ärztlichen Untersuchung, verpflichtet aber nicht zum Einreichen eines ausgefüllten Fragebogens.

Wer nicht kooperiert, kann unter Umständen Leistungen gefährden. Wer allerdings nur die Teilnahme an einer Untersuchung verweigert, verstößt klar gegen die Mitwirkungspflicht. Das bloße Nicht-Ausfüllen des Fragebogens ist juristisch umstritten und wird von einigen Experten nicht als Verstoß angesehen.

Wie begründet sich der Widerspruch zwischen Praxis und rechtlicher Auslegung?

Für viele Menschen ist es widersprüchlich, dass ein Instrument zugleich als freiwillig bezeichnet wird und bei Ablehnung Konsequenzen in Form von Leistungsentzug haben könnte.

Einige Juristinnen und Juristen gehen davon aus, dass die Behörden diesen Fragebogen als Teil der Mitwirkungspflicht behandeln, obwohl das SGB I lediglich zur ärztlichen Untersuchung verpflichtet, nicht aber zur Preisgabe sämtlicher Gesundheitsdetails.

Das führt dazu, dass in offiziellen Dokumenten zwei voneinander abweichende Darstellungen zu finden sind: Einerseits die Freiwilligkeit, andererseits die Androhung von Sanktionen.

Was sagen Experten zu dieser Unsicherheit?

Dr. Utz Anhalt, der sich intensiver mit Sozialrecht befasst, berichtet von zahlreichen Fällen, in denen Jobcenter auf die Rückgabe des Gesundheitsfragebogens bestehen und gleichzeitig mit Leistungssperren drohen.

Andere Fachleute verweisen jedoch auf den eigentlichen Wortlaut des Gesetzes. Danach besteht Mitwirkungspflicht primär in der Pflicht zur Untersuchung oder Vorstellung beim Ärztlichen Dienst, nicht jedoch zur detaillierten Offenlegung aller Befunde.

Wer sich auf sein Recht berufen möchte, nur das Nötigste preiszugeben, kann dabei rechtliche Beratung in Anspruch nehmen und gegebenenfalls Widerspruch gegen Bescheide einlegen, die eine Kürzung der Leistung vorsehen.

Wie sinnvoll ist das Ausfüllen für Betroffene trotzdem?

Einige entscheiden sich aus freien Stücken dafür, den Bogen auszufüllen, wenn sie zum Beispiel eindeutige Diagnosen haben, die eine Einschränkung ihrer Erwerbsfähigkeit nachvollziehbar machen.

Wer von einer schnelleren und reibungslosen Bearbeitung profitiert, könnte mit den entsprechenden Angaben die eigenen Interessen stützen. Der Ärztliche Dienst kann dann effizienter prüfen, wo und in welchem Umfang eine Einschränkung vorliegt. Ob dies im Einzelfall ratsam ist, hängt von der jeweiligen persönlichen und gesundheitlichen Situation ab.

Welcher Umgang ist empfehlenswert?

Eine klare Rechtslage ist in der Praxis oft schwieriger umzusetzen, als es auf dem Papier den Anschein hat. Bei Unsicherheiten ist es ratsam, sich beraten zu lassen und möglicherweise Fachleute hinzuzuziehen, die auf Sozialrecht spezialisiert sind.

Für manche Betroffene ist es beruhigend, den Gesundheitsfragebogen sorgfältig auszufüllen, um ihre gesundheitliche Lage darzulegen. Andere wiederum möchten ihr Recht auf Datenschutz ausüben und geben nur die allernotwendigsten Informationen preis.

Fazit

Der Gesundheitsfragebogen ist ein Instrument, das auf Freiwilligkeit setzen soll und unter dem ärztlichen Datenschutz steht. Gleichzeitig wird in den Dokumenten immer wieder auf mögliche Leistungskürzungen bei fehlender Mitwirkung hingewiesen.

Es ist rechtlich anerkannt, dass man zwar verpflichtet ist, an einer ärztlichen Untersuchung teilzunehmen, jedoch nicht zwingend alle persönlichen Gesundheitsdaten offenlegen muss.