Bürgergeld vs Sozialhilfe: Die Grundsicherung SGB XII hat viele Nachteile

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Die Frage nach der richtigen Leistungsart im Sozialrecht taucht immer wieder auf, vor allem bei Menschen mit Erwerbsminderungen oder solchen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können. Oft herrscht die Vorstellung, dass die Grundsicherung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) nahezu identisch mit dem Bürgergeld (SGB II) sei und lediglich weniger Verpflichtungen gegenüber dem Jobcenter nach sich ziehe.

Tatsächlich existieren jedoch deutliche Unterschiede, die für Betroffene sehr nachteilig sein können und über die eine aufgeklärte Diskussion dringend erforderlich ist.

Was unterscheidet die Grundsicherung (SGB XII) vom Bürgergeld (SGB II)?

Die vermeintliche Gleichstellung beider Leistungen führt häufig zu Missverständnissen. Auf den ersten Blick mag es so wirken, als handele es sich lediglich um verschiedene Namen für dasselbe System.

Bei näherer Betrachtung offenbaren sich aber zahlreiche Abweichungen. Einige davon betreffen die Vermögensanrechnung, andere beziehen sich auf die Behandlung bestimmter Lebenssituationen wie Krankenhausaufenthalte oder den Umgang mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Obwohl beide Leistungsarten als Form sozialer Absicherung konzipiert sind, ist die finanzielle Ausstattung bei der Grundsicherung für Erwerbsgeminderte oft schlechter gestellt als beim Bürgergeld.

Warum kann die Sozialhilfe zu großen Nachteilen führen?

Wer auf Grundsicherung angewiesen ist, muss im Leistungsbezug mit strengeren Regelungen rechnen. Da sie in vielen Punkten bedarfsorientiert ist, können sich Kürzungen im Alltag deutlicher auswirken.

Bereits der Umstand, dass die Grundsicherung als Auffangnetz für Menschen mit dauerhafter Erwerbsminderung oder hohen gesundheitlichen Einschränkungen gedacht ist, lässt vermuten, dass gerade diese Gruppe einen höheren Schutzbedarf hat. Doch genau das Gegenteil tritt häufig ein: An mehreren Stellen kommt es zu Abzügen, die bei Leistungen nach dem SGB II so nicht vorgesehen sind.

Besonders spürbar wird der Unterschied bei einem Krankenhausaufenthalt. In der Grundsicherung nach SGB XII kann es zu Kürzungen des Regelsatzes kommen, weil während des Krankenhausaufenthalts Verpflegung bereitgestellt wird. Wer ohnehin auf knappe Mittel angewiesen ist, verliert dadurch noch mehr finanzielle Spielräume.

Bei der Vermögensanrechnung wird deutlich, dass die Freibeträge bei der Grundsicherung niedriger liegen. Während im Bürgergeld bis zu 15.000 Euro Schonvermögen pro Person anerkannt werden können, beträgt dieser Betrag in der Regel nur 10.000 Euro bei der Grundsicherung.

Hinzu kommt, dass Kraftfahrzeuge im Rahmen der Grundsicherung bereits ab einem Wert von 7.500 Euro als Vermögen gelten. Wer ein spezielles behindertengerechtes Fahrzeug benötigt, muss in vielen Fällen auf Ausnahmeregelungen dringen und diese in langwierigen Verfahren durchsetzen.

Sachgeschenke und ehrenamtliche Einnahmen

Wer im Bezug der Grundsicherung kleine Einnahmen aus einem Minijob oder ehrenamtlicher Tätigkeit erzielt, muss damit rechnen, dass diese Einkommen zum großen Teil angerechnet werden. Die Grenze für ein anrechnungsfreies Einkommen ist schnell überschritten, denn Arbeitseinkommen fließt ab dem ersten Euro zu 70 Prozent in die Berechnung ein.

Kommt es zu zusätzlichen Einkünften, beispielsweise aus einer Aufwandsentschädigung für ein Ehrenamt, werden diese ebenfalls oft als Einkommen berücksichtigt. Selbst Sachgeschenke, etwa größere Geldgeschenke oder Gegenstände, die einen messbaren Wert darstellen, können zu Kürzungen führen. Dies beeinträchtigt die finanzielle Lage erheblich und entmutigt manche, überhaupt einer geringfügigen Beschäftigung nachzugehen oder eine ehrenamtliche Aufgabe zu übernehmen.

Achtung bei Darlehen

Die Regelungen zum Thema Darlehen können für Menschen in der Sozialhilfe besonders belastend sein. Wer etwa Heiz- oder Betriebskosten nicht rechtzeitig decken kann und deshalb ein privates Darlehen annimmt, läuft Gefahr, keine Darlehensgewährung mehr vom Sozialamt zu erhalten.

Dies bedeutet, dass eine später anfallende Nachzahlung möglicherweise nicht übernommen wird, weil sie formal bereits über ein privates Darlehen gedeckt wurde. Betroffene stehen dann vor der schwierigen Situation, einen privaten Kredit zurückzahlen zu müssen, ohne die Unterstützung durch das Amt in Anspruch nehmen zu können. Für Menschen mit geringen Einkommen ist das eine nicht unerhebliche finanzielle Last.

Was ist bei Wohnfläche und Heizkosten zu beachten?

Menschen, die im Rahmen des SGB XII Leistungen für Wohnraum erhalten, müssen bei selbstgenutztem Eigentum unter Umständen mit kleineren anerkannten Wohnflächen rechnen. Häufig gelten 80 bis 90 Quadratmeter als Grenze für ein bis zwei Personen.

Im Bürgergeld-Bezug liegen diese Richtwerte oft höher. Hinzu kommt, dass bei einer Nachforderung von Heizkosten teils ein kürzerer Zeitraum zur Antragstellung angesetzt wird. Wer die formal korrekte und rechtzeitige Antragstellung versäumt, hat möglicherweise keinen Anspruch mehr auf Übernahme der Nachzahlung.

Wie steht es um Gleichbehandlung und Wahlfreiheit?

Der Umstand, dass Menschen in der Grundsicherung an vielen Stellen schlechter dastehen als Beziehende von Bürgergeld, wirft die Frage auf, ob hier eine unzulässige Ungleichbehandlung oder sogar eine Diskriminierung vorliegt. Im Raum steht die Vermutung, dass dies gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) oder andere verfassungsrechtliche Grundsätze verstoßen könnte. Wer sich dagegen zur Wehr setzen möchte, sollte juristischen Rat suchen, da einzelne Fälle stets differenziert betrachtet werden müssen.

Für einige erscheint es dennoch reizvoll, im SGB XII zu sein, weil es weniger Eingliederungsmaßnahmen gibt und keine regelmäßigen Termine beim Jobcenter anstehen. Andere wiederum bevorzugen das Bürgergeld, obwohl dort Vermittlungs- und Mitwirkungspflichten bestehen, weil sie finanzielle und rechtliche Vorteile schätzen. Eine echte Wahlfreiheit zwischen beiden Leistungsarten existiert allerdings nicht. Welche Unterstützung greift, richtet sich in erster Linie nach den gesundheitlichen Voraussetzungen und Erwerbsfähigkeiten.