CDU-Minister will das Bürgergeld deutlich verschärfen

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Die Ampel-Regierung ist Geschichte, und der Wahlkampf in vollem Gang. Die CDU/CSU agitiert bereits seit Monaten gegen das unter der Koalition von Olaf Scholz eingeführte Bürgergeld, und jetzt prescht auch der CDU-Sozialminister in Nordrhein-Westfalen vor, Karl-Josef Laumann vor.

Um mehr Sanktionen zu begründen, verbreitet er fragwürdige Zahlen über Bürgergeld-Bezieher, die “wiederholt nicht kommen”, die um ein Vielfaches über der belegten Realität liegen.

Betreuungsdichte soll gesteigert werden

Laumann kündigt an, den Druck auf die Jobcenter und die Leistungsberechtigten zu verstärken. So soll jeder Vermittler und jede Vermittlerin pro Woche mindestens 20 persönliche Gespräche führen. Gegenüber der “Rheinischen Post” sagte der Minister: „Wir werden die Betreuungsdichte bei den kommunalen Jobcentern im kommenden Jahr weiter steigern.“

Laumann fordert Sanktionen

Laumann erklärt, dass ein Drittel der Bürgergeldempfänger wiederholt Termine nicht wahrnimmt, weshalb Sanktionen erforderlich seien. Er betont, dass viele das Bürgergeld fälschlicherweise als bedingungsloses Grundeinkommen betrachten, obwohl jeder, der arbeiten kann, auch arbeiten sollte.

Hinzuverdienstgrenzen ändern

Laumann zufolge dürften die Menschen nicht „mit aller Macht im Sozialsystem gehalten werden“, und man müsse stattdessen „mit den Hinzuverdienstgrenzen dahin kommen, dass es wieder mehr Freude macht zu arbeiten.“

Konkreter wird er dabei nicht. Soll das bedeuten, dass Leistungsberechtigte in Zukunft mehr verdienen dürfen, ohne dass ihnen das vom Bürgergeld abgezogen wird?

Minister spricht von Vermittlungsoffensive

Eine Vermittlungsoffensive habe in Nordrhein-Westfalen 2024 in den 18 Jobcentern in kommunaler Trägerschaft im Vergleich zu 2023 zwölf Prozent mehr Menschen vermittelt, und das wolle man fortsetzen, erklärt Laumann, ohne allerdings konkret zu benennen, was diese „Vermittlungsoffensive“ beinhaltet.

Worin besteht die „Vermittlungsoffensive“?

Auf der offiziellen Webseite lässt sich Folgendes lesen: „Die 18 beteiligten Jobcenter haben bereits eine Reihe von zusätzlichen Aktivitäten entfaltet, um realistische Perspektiven aufzuzeigen, noch intensiver zu unterstützen und in Unternehmen zu vermitteln.“

Was soll das heißen? Dazu steht: „Beispiele zeigen erfolgreiche Vermittlungen, zielführende Veranstaltungsformate, innovative Schnuppertrainings oder besondere Beratungsangebote.“

Geflüchtete mit Berufserfahrung im Fokus

Das beteiligte Jobcenter Kreis Düren erklärt: „Die Idee hinter der Vermittlungsoffensive ist es, schwerpunktmäßig Geflüchtete, die zum großen Teil (aber nicht zwingend) über abgeschlossene Berufsausbildungen und Berufserfahrung verfügen, mit einer sprachlichen Basisqualifikation möglichst schnell in einen Job zu vermitteln und währenddessen parallel die Sprache und die berufliche Qualifikation zu verbessern.“

Dazu verweist es darauf, wie eine junge Ukrainerin durch die gute Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft in Erwerbsarbeit vermittelt wurde, ebenso wie 300 andere Menschen, denen das kommunale Jobcenter eine Ausbildung oder Arbeit verschaffte.

Auch das Jobcenter Kreis Steinfurt berichtet von der erfolgreichen Kooperation mit ansässigen Firmen bei der Arbeitsvermittlung.

130 Übergangslotsen begleiten junge Menschen, denen der Weg in die Ausbildung schwerfällt und unterstützen rund 10.000 Schüler und Schülerinnen, die sich in der Ausbildungsvorbereitung am Berufskolleg befinden. Hinzu kommen Coaching und Unterstützungsmaßnahmen.

Spiel mit falschen Zahlen

Sanktionen gegen Bürgergeld-Bezieher, die wiederholt nicht zu Terminen beim Jobcenter erscheinen, ohne dafür einen wichtigen Grund zu nennen, sind auch nach den derzeitigen Regelungen möglich.

Mehr noch: Solche Sanktionen wegen „Meldeversäumnissen“ machen bundesweit sogar bei Weitem den Großteil aller Kürzungen der Leistungen aus, die Jobcenter verhängen.

Was hat es also mit „einem Drittel der Bürgergeldempfänger“ auf sich, die laut dem CDU-Minister wiederholt nicht zu Terminen kämen.

Die Zahlen für 2023 nach der Einführung des Bürgergeldes zeichnen ein gänzlich anderes Bild. Insgesamt wurden 226.008 Bürgergeld-Empfänger von den Jobcentern sanktioniert, wobei in 80 % der Fälle die Sanktionen auf die von Laumann erwähnten Meldeversäumnisse zurückzuführen waren.

Tatsächliche Zahlen der Kürzungen sehr gering

Insgesamt wurden 2023 also bei 2,6 Prozent aller Leistungsempfänger die Leistungen gekürzt, und insgesamt rund 2,08 Prozent aller Bürgergeld-Bezieher aus dem Grund, dass sie Termine nicht einhielten.

Laumanns Fantasiezahlen, mit denen er verstärkte Sanktionen begründet, liegen also erheblich über der bundesweiten Realität. Solche Falschbehauptungen schüren Stimmungen gegen Leistungsbezieher, sind aber gänzlich untauglich, um Menschen in Arbeit zu vermitteln.