Düsseldorfer Tabelle 2023: Steigender Unterhalt, aber auch Selbstbehalt

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Die Düsseldorfer Tabelle ist in Deutschland die Richtlinie für Unterhalt.
Anhand der darin enthaltenen Regeln und Werte wird typischerweise Unterhalt berechnet. Sie wurde zum 1.1.2023 angepasst.

Inhaltsverzeichnis

Wesentliche Veränderungen der Düsseldorfer Tabelle

Die wesentlichen Veränderungen dieser Richtlinie betreffen die Bedarfe von minder- und volljährigen Kindern und den Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen.

Die Düsseldorfer Tabelle ist direkt beim Oberlandesgericht Düsseldorf abrufbar:
Düsseldorfer Tabelle

Mindestunterhalt

Der Mindestunterhalt für Kinder wurde erhöht.
Für Kinder

  • von 0-6 Jahren von 396 auf 437€
  • von 7-12 Jahren von 455 auf 502€
  • von 13-18 Jahren von 533 auf 588€

Dieser Wert aus der 1.Tabelle ist aber nicht der zu zahlende Unterhalt.

Der zu zahlende Unterhalt ergibt sich aus der Tabelle der Zahlbeträge am Ende des Dokuments.

Zahlbeträge laut Düsseldorfer Tabelle 2023
Screenshot von:
https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2023/Duesseldorfer-Tabelle-2023.pdf

Mangelfälle / Selbstbehalt

Allerdings ist nicht jeder Unterhaltspflichtige in der Lage, den Unterhalt zu bezahlen. Er muss nur den Betrag zahlen, den sein bereinigtes Nettoeinkommen über seinem Selbstbehalt liegt.

Bei der Bereinigung des Einkommens werden berufsbedingte Aufwendungen – Pauschal mit 5% des Nettolohns (mind.50€, höchstens 150€) abgezogen. Höhere Aufwendungen können nachgewiesen werden.

Außerdem können Raten für berücksichtigungsfähige Schulden abgesetzt werden.

Der Selbstbehalt liegt für nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtigte bei 1120€ (2022: 960€), für Erwerbstätige bei 1370€ (2022: 1160€) und sieht 520€ (2022: 430€) für die Warmmiete vor.
Liegt die angemessene Warmmiete höher, soll der Selbstbehalt erhöht werden.

Beispiel

Jan ist unterhaltspflichtig für 1 Kind (10).
Er verdient Netto 1600€.

1600€- 80€ (5% v. 1600€) = 1520€ bereinigtes Netto.

1520€ bereinigtes Netto
-1370€ Selbsbehalt
——
150€ Leistungsfähigekeit – Jan muss also 150€ zahlen.

Unterhaltsvorschuss

Kommen Unterhaltspflichtige ihrer Unterhaltspflicht (zB. wegen zu geringen Einkommens) nicht oder nicht vollständig nach, gibt es bei minderjährigen Kindern häufig, die Option Unterhaltsvorschuss zu beziehen.

Auch der Unterhaltsvorschusses errechnet sich aus der Düsseldorfer Tabelle.
Der Mindestunterhalt abzüglich des vollen Kindergelds ergibt den Unterhaltsvorschuss.

  • von 0-6 Jahren 187€ (437-250€)
  • von 7-12 Jahren 252€ (502-250€)
  • von 13-18 Jahren 338€ (588-250€)

Da Jan nur 150€ Unterhalt zahlen kann, hat der andere Elternteil noch die Möglichkeit für sein Kind ergänzend Unterhaltsvorschuss in Höhe von 102€ (252€-150€) zu beziehen.

Folgen der Erhöhung

1. Mehr Mangelfälle

Die Unterhaltbeträge wurden in Folge der aktuellen Inflation insgesamt deutlich angehoben (um 41-55€). Auch der Selbstbehalt wurde deutlich erhöht und steigt um 160 bzw. 210€.
Dies führt insgesamt zu mehr Mangelfällen, in denen das Einkommen zur Zahlung nicht ausreicht.

2. Für Leistungsberechtigte bringt der Höhere Unterhalt keine Vorteile

Da der Unterhalt auf Sozialleistungen des Empfängers (Bürgergeld, Wohngeld, Kinderzuschlag) mindernd auswirkt, haben arme Unterhaltsempfänger häufig wenig/keinen Vorteil von den Unterhalts(vorschuss)zahlungen.

Kritik

Der erhöhte Selbstbehalt entlastet Unterhaltspflichtigte, das gesamte Konzept geht aber weiter davon aus, dass nur ein getrennt lebenden Elternteile die Care-Arbeit übernimmt.
Eine Anrechnung von Care-Arbeit des Unterhaltspflichtigen ist nach wie vor nicht vorgesehen.

Da aber auch Unterhaltspflichtige häufig die Kinder auch für längere Zeiten (bis zum Wechselmodell) bei sich haben, müssen sie Wohnraum für diese vorhalten und diese auch in dieser Zeit versorgen. Dies wird aber nach wie vor ignoriert.

Handlungsnotwendigkeiten

Für Unterhaltspflichtige

Für Elternteile, die Unterhalt zahlen müssen und denen nach der Zahlung des Unterhalts nur noch weniger als der aktuelle Selbstbehalt bleibt, lohnt es sich die Höhe des zu zahlenden Betrags überprüfen zu lassen. Hintergrund ist die Erhöhung des Selbstbehalts.
Wurde der Unterhalt gerichtlich festgelegt, ist dies aber nicht ohne weiteres möglich, sondern es ist eine Abänderungklage beim Familiengericht erforderlich.

Außerdem haben auch Elternteile die Umgang mit ihren Kindern haben, häufig selbst Anspruch auf Bürgergeld.
Infos dazu habe ich in diesen 2 Threads zusammengefasst:
1. Temporäre Bedarfsgemeinschaft
2. Umgangsfahrtkosten
3. Absetzung des gezahlten Unterhalts (noch kein Thread)
Die Absetzung von gezahltem Unterhalt ist möglich, wenn dieser tituliert ist. Das ist der Fall, wenn es z.B. ein Urteil oder eine Jugendamtsurkunde über die Höhe des zu zahlenden Unterhalts gibt.
§11b Abs1 Nr7 SGB II

Für Unterhaltsempfangende

Elternteile die bisher Unterhalt nach der alten Tabelle für die Kinder bekommen, bei denen dem zahlenden Elternteil noch mehr als sein Selbstbehalt verbleibt, können nach der Erhöhung auf eine Änderung der Höhe hinwirken.

Wurde der Unterhalt aber dynamisch tituliert (mit Anpassung an die Düsseldorfer Tabelle), muss nichts unternommen werden, sondern nur darauf geachtet werden, dass jetzt mehr gezahlt wird und dies dem Amt mitgeteilt werden.

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