Frau A. hat nichts zum Anziehen: Bürgergeld-Pauschalen nur gewürfelt

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Frau A hat nichts anzuziehen und ist auf das Bürgergeld angewiesen.
Frau A hat gesundheitliche Probleme. Bei einer Operation muss ein Magenbypass gelegt werden. Zusätzlich quält Frau A auch noch eine Hautkrankheit.

Neue Anziehsachen beantragt

Durch den Magenbypass nimmt Frau A ab. Aber wie! Nun passen aber die Klamotten nicht mehr. Nicht mal mehr die Schuhe! Auf dem Flohmarkt hat Frau A meist auch kein Glück. Die Sachen passen nicht. Und wenn die mal passen, dann sind sie schon so verschlissen, dass man die eigentlich gar nicht mehr tragen kann.

Also stellt Frau A einen Antrag auf Erstausstattung für Bekleidung. In Hannover bekommt man 275 €. Mehr nicht. Das ist nun blöd für Frau A. Denn, wenn sie ein paar Kilometer weiter im Landkreis Celle wohnen würde, würde sie einen vollen Regelsatz, also 563 € bekommen, um sich einzukleiden.

Das Gericht rechnet. Was braucht denn so ein Mensch an Kleidung? Gerade, wenn noch eine Hautkrankheit dazu kommt?

Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass man, wenn man auch noch eine Hautkrankheit hat folgende Kleidung braucht: 15 Unterhose, 6 BHs, 10 Unterhemden, eine gebrauchte Winterjacke, eine gebrauchte Übergangsjacke, 2 gebrauchte warme Hosen, 5 T-Shirts, eine gebrauchte Fleecejacke, 3 Longsleeves, 2 gebrauchte Blusen, zwei gebrauchte Sommerkleider, zwei gebrauche Sommerhosen, zwei Leggins, zwei Sportshirts, einen Badeanzug, ein Paar Badepantoletten, drei Sport-BHs, zwei Paar Turnschuhe, ein Paar Winterschuhe und ein Paar Sommerschuhe.

Dabei verweist das Gericht auf viele Onlineshops. Spricht aber etwas mehr als 275 € zu.

Nun ist die Frage, was darf denn ein gesunder Mensch an Kleidung haben? Und was darf das kosten? Und warum ist die Pauschale in Celle etwa doppelt so hoch, wenn doch alle in denselben Internetshops einkaufen können?

Die Region Hannover soll die Festsetzung der 275 € erklären. Der Mitarbeiter der Region Hannover stöbert daraufhin im Internet. Er meint, man braucht folgende Kleidung: 3 T-Shirts, 2 Hemden. 2 Hosen, 2 Pullover, 2 Pyjamas, 6 Unterhosen, 4 Unterhemden, ein Paar Winterschuhe, ein Paar Hausschuhe, eine Winterjacke, eine Sommerjacke und Socken (8 Stück).

Tagesaktuell könne man dies von 275 € kaufen und Schluss! Das reicht aber nicht zur Erklärung der 275 €.

Die Region Hannover muss schon offenlegen, wie damals die 275 € festgesetzt worden sind: Welche Geschäfte wurden bei der Festsetzung berücksichtigt? Wie wurden die Daten erhoben? Und wann überhaupt? Wurden etwa Versandkosten berücksichtigt?

Fragen über Fragen. Der Mitarbeiter der Region Hannover wird sehr garstig. Er verweist pauschal darauf, dass schon alles seine Richtigkeit habe. Die konkrete Kalkulation legt er nicht offen.

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Alles nur willkürlich festgelegt?

Ob die Region Hannover überhaupt eine ordnungsgemäße Bedarfsermittlung gemacht hat? Wenn ja, könnte diese gegenüber den Bürgern auch offengelegt werden. Aber, man weigert sich, den Bürgern Rede und Antwort zu stehen, wie diese Pauschale ermittelt wurde. Das wird nun spannend. Denn lockerlassen, werden wir an dieser Stelle bestimmt nicht.

Man stelle sich vor, mit den Angemessenheitsgrenzen für Miete würde man das auch so machen. Einfach eine Summe festsetzen, und dann eine Überprüfung nicht zulassen, weil man die Kalkulation, die zu der Summe geführt hat, geheim hält.

Wie kann es sein, dass die Summe für Erstausstattung sich so stark unterscheidet, wenn nur wenige Kilometer dazwischen liegen und zudem das meiste eh im Internet bestellt werden soll? Fragen über Fragen.

Ganz oft sind die Pauschalen für Erstausstattung, Umzüge usw. völlig aus der Luft gegriffen, um nicht zu sagen: gewürfelt.

Pauschalen, die Uralt sind, kann man angreifen. Gewürfelte Pauschalen auch. Daher lohnt es sich bei jeder Pauschale zu fragen, wann diese entstanden ist und was da berechnet wurde.