Immer mehr Menschen möchten sich frühzeitig aus dem Berufsleben zurückziehen und einen ruhigeren Lebensabschnitt genießen. Ob gesundheitliche Gründe, private Verpflichtungen oder anhaltender Stress – eine vorgezogene Rente kann aus unterschiedlichen Motiven sinnvoll sein.
Gesetzlich Versicherte müssen jedoch bestimmte Mindestzeiten erfüllen und sollten auch die finanziellen Folgen eines frühen Rentenbezugs berücksichtigen.
Inhaltsverzeichnis
Rente mit 60: Gibt es diese Möglichkeit überhaupt?
Der Begriff „Rente mit 60“ geistert häufig durch die Köpfe. Tatsächlich existiert in der gesetzlichen Rentenversicherung keine offizielle Altersrente, die exakt mit Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Dennoch können bestimmte Personengruppen alternative Wege finden, ihren Ruhestand deutlich vor dem 63. Lebensjahr anzutreten.
Oft spielen besondere Regelungen aus dem Arbeitsrecht oder Tarifvereinbarungen eine Rolle, beispielsweise im Rahmen von Altersteilzeitprogrammen.
Altersteilzeit und Vorruhestand:
Mit dem Modell der Altersteilzeit lassen sich Arbeitszeiten schrittweise reduzieren. Viele Unternehmen vereinbaren mit ihren Beschäftigten ein Blockmodell: In einer Phase wird noch regulär gearbeitet, in der zweiten Phase erfolgt die Freistellung. Die Arbeitnehmer erhalten dafür monatlich ein reduziertes Gehalt, ergänzt um staatliche Förderungen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Auch Vorruhestandsregelungen oder tarifliche Vereinbarungen ermöglichen es, schon mit 60 oder 61 aus dem Berufsleben auszuscheiden. Dabei ist jedoch immer zu prüfen, ob es später zu Abschlägen bei der Altersrente kommt.
Wertguthaben und Sabbaticals:
Manche Beschäftigte haben zudem ein Wertguthaben, das über Jahre hinweg angespart wird – zum Beispiel durch nicht genommene Urlaubstage, Überstunden oder Gehaltsanteile. Dadurch lässt sich eine längere Freistellungsphase finanzieren, die dem Vorruhestand nahekommt.
Allerdings besteht ein Risiko: Wenn während dieser Freistellung eine unvorhergesehene Arbeitslosigkeit oder Erkrankung eintritt, kann das die Strategie durcheinanderbringen.
Frührente ab 60 bei Schwerbehinderung: Möglichkeiten und Voraussetzungen
Oftmals unterschätzt, aber enorm hilfreich, kann die Altersrente für schwerbehinderte Menschen sein. Sie lässt sich in vielen Fällen bereits vor dem 63. Lebensjahr beziehen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Hierzu gehören ein anerkannter Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 und der Nachweis von mindestens 35 Versicherungsjahren.
Diese spezielle Altersrente bringt jedoch in den meisten Fällen Rentenabschläge mit sich, wenn sie vorzeitig in Anspruch genommen wird.
Kombination mit Arbeitslosengeld:
Für viele schwerbehinderte Versicherte kann sich eine Phase der Arbeitslosigkeit an den Beruf anschließen, bevor die Altersrente beginnt. Da die Vermittlung in den allgemeinen Arbeitsmarkt oft erschwert ist, nutzen manche Betroffene das Arbeitslosengeld als Überbrückung bis zum Rentenbeginn.
Das bedeutet zwar keine vollständige Absicherung ohne Pflichten, jedoch gestaltet sich die Vermittlungspraxis bei der Bundesagentur für Arbeit meist weniger intensiv, wenn eine Schwerbehinderung vorliegt.
Der Klassiker: Rente mit 63 und was es zu beachten gilt
Für viele ArbeitnehmerInnen ist das 63. Lebensjahr die zentrale Marke für einen vorgezogenen Ruhestand. In diesem Zusammenhang sprechen Fachleute oft von der „Altersrente für langjährig Versicherte“ oder der „Altersrente für schwerbehinderte Menschen“. Wer mindestens 35 Beitragsjahre nachweisen kann, hat in der Regel Zugriff auf eine entsprechende Frührente.
Doch hier drohen Abschläge, die sich an der Differenz zum regulären Renteneintrittsalter orientieren. Jeder vorgezogene Monat kostet 0,3 Prozent der zustehenden Rentenhöhe.
Beispiel Abschläge:
Wer 1964 geboren ist und mit 63 statt mit 67 in Rente geht, muss mit bis zu 14,4 Prozent Einbußen rechnen. Die Auswirkung begleitet die Versicherten ein Leben lang, da der Abschlag nicht später entfällt.
Rückkauf von Rentenabschlägen:
Es besteht jedoch die Möglichkeit, künftige Einbußen durch zusätzliche Einzahlungen teilweise oder vollständig auszugleichen. Interessierte können solche Sonderbeiträge auch in Raten aufbringen und sie steuerlich geltend machen. Dieser „Rückkauf“ will gut geplant sein, um die finanzielle Belastung realistisch einzuschätzen und das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu bewerten.
Rente mit 63 ohne Abzüge: Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte
Wer 45 Versicherungsjahre vorweisen kann, hat Anspruch auf die sogenannte „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“. Diese Variante ist häufig ohne Abschläge möglich, falls das gesetzliche Rentenalter dafür erreicht ist. Das konkrete Eintrittsalter richtet sich nach dem Geburtsjahrgang.
Für Jahrgänge ab 1953 wurde die einstige „Rente mit 63“ schrittweise angehoben. Wer zum Beispiel 1962 geboren ist, kann erst mit 64 Jahren und acht Monaten abschlagsfrei in Rente gehen.
Obwohl diese Form der Rente keine Abzüge mit sich bringt, ist eine genaue Prüfung sehr wichtig. Die Art der Versicherungszeiten, mögliche Fehlzeiten und beitragsfreie Anrechnungszeiten spielen eine Rolle.
Nicht immer zählen bestimmte Phasen der Arbeitslosigkeit oder des Bezugs von Krankengeld vollwertig in die 45 Versicherungsjahre hinein.
Regulär in Rente mit 65 plus X: Das Standardmodell und seine Relevanz
Die Regelaltersrente greift üblicherweise bei Erreichen von 65 oder 67 Jahren, abhängig vom Geburtsjahrgang. Die Altersgrenze wurde in den vergangenen Jahren schrittweise nach oben korrigiert, sodass heutzutage viele Menschen erst mit 67 abschlagsfrei in den Ruhestand starten können.
Allerdings steht diese Standardrente jedem offen, der mindestens fünf Beitragsjahre vorweist. Genau darin liegt ihr Kernvorteil: Sie ist ohne große Zusatzbedingungen erreichbar.
Warum entscheiden sich manche Menschen gezielt für die Regelaltersrente?
Zum einen fehlen vielleicht die 35 oder 45 Versicherungsjahre, die für eine vorgezogene Rente erforderlich sind. Zum anderen können gesundheitliche oder finanzielle Aspekte eine Fortsetzung der Berufstätigkeit nahelegen, bis das reguläre Rentenalter erreicht ist.
Eine späte Rente hat den Vorteil, dass bei fortdauernder Zahlung von Beiträgen zusätzliche Rentenansprüche entstehen. Wer bis 67 arbeitet, erhält folglich mehr Entgeltpunkte und profitiert von einem höheren monatlichen Ruhegeld.
Teilrente als Zwischenlösung: Weiterarbeiten und trotzdem Leistungen beziehen
Viele Versicherte gehen davon aus, dass der Eintritt in die Rente ein endgültiger Schnitt sein muss. Tatsächlich aber besteht die Möglichkeit, nur eine Teilrente in Anspruch zu nehmen. Diese kann zwischen 10 und 99,99 Prozent der vollen Rentenleistung liegen.
Wer parallel in Teilzeit arbeitet, hält seinen Anspruch auf Krankengeld aufrecht, weil weiterhin ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis besteht.
Diese flexible Rente schafft somit Spielraum für einen allmählichen Übergang in den Ruhestand. Beispielsweise kann jemand, der den Beruf nicht abrupt aufgeben möchte, seine Stundenzahl reduzieren und einen Teil der Rente vorab beanspruchen.
Dies reduziert zwar den monatlichen Auszahlungsbetrag aus der Rentenkasse, kann aber helfen, die Gesundheit zu schonen und dennoch finanziell abgesichert zu bleiben.
Erwerbsminderungsrente: Wenn Krankheit frühzeitig den Ruhestand erzwingt
In vielen Fällen ist ein vorgezogener Ruhestand nicht das Resultat einer bewussten Entscheidung, sondern erfolgt aufgrund körperlicher oder psychischer Einschränkungen. Wird die Gesundheit so stark beeinträchtigt, dass eine reguläre Berufsausübung unmöglich wird, kann die Erwerbsminderungsrente den Lebensunterhalt sichern.
Sie unterscheidet sich grundlegend von der Altersrente, weil sie an die Einschränkung der Erwerbsfähigkeit gekoppelt ist.
Volle und teilweise Erwerbsminderung:
Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherte weniger als drei Stunden täglich arbeiten können.
Teilweise Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherte noch zwischen drei und unter sechs Stunden täglich erwerbstätig sein können.
Zahlreiche Betroffene erhalten diese Rente unter 60. Nicht selten fällt sie sogar höher aus als eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen. Wer nach einer gewissen Zeit aus der Erwerbsminderungsrente heraus wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen möchte, muss rechtzeitig Unterstützung beantragen – beispielsweise medizinische oder berufliche Rehabilitationsmaßnahmen.
Der Übergang in eine Altersrente erfolgt in der Regel automatisch ab dem Erreichen der entsprechenden Altersgrenze.
Rentenplanung und professionelle Beratung: Warum sich eine genaue Analyse lohnt
Egal, ob es um die Rente mit 60, 63 oder 67 geht: Ohne fundierte Kenntnisse des Rentenrechts können leicht Fehler passieren. Der Versicherungsverlauf sollte frühzeitig geprüft werden, um mögliche Lücken oder ungenutzte Zeiten aufzudecken. Wer zum Beispiel längere Zeiten der Kindererziehung, Pflege von Angehörigen oder Teilzeitarbeit hat, kann durch eine persönliche Beratung oft wertvolle Hinweise erhalten, wie sich diese Phasen auf die Rente anrechnen lassen.
Keine Schnellschüsse: Frührente gründlich planen
Jeder Weg in den vorzeitigen Ruhestand verlangt eine differenzierte Betrachtung der individuellen Lebens- und Arbeitssituation. Die Variationen reichen von Altersteilzeit bis zur Erwerbsminderungsrente. Alle Modelle umfassen finanzielle Auswirkungen, die häufig ein Leben lang nachwirken. Selbst bei staatlich geförderten Optionen, wie der Schwerbehindertenrente, sind die Spielräume eng gesteckt und mit Abschlägen verknüpft.
Viele Versicherte machen sich erst kurz vor dem geplanten Rentenbeginn Gedanken über ihre Möglichkeiten. Oft ist es sinnvoll, bereits einige Jahre früher damit zu starten, um Lücken zu füllen, Sonderbeiträge zu leisten oder die Beitragszeiten strategisch zu erhöhen.
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.