Höhere Altersrente nach der Erwerbsminderungsrente?

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Viele Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können, beziehen eine Erwerbsminderungsrente. Diese soll das Einkommen sichern, wenn dauerhaft oder für einen längeren Zeitraum keine volle berufliche Leistungsfähigkeit besteht. Doch irgendwann rückt für die meisten Versicherten auch das reguläre Rentenalter näher.

Dann taucht häufig die Frage auf, wie hoch die reguläre Rente ausfallen wird und ob sie sogar höher sein wird, als die Rente wegen Erwerbsminderung.

Wann endet die EM-Rente?

Im Grundsatz endet die Erwerbsminderungsrente mit Erreichen der Regelaltersgrenze. Wer bis dahin eine Rente wegen Erwerbsminderung bezogen hat, kann dann in die reguläre Altersrente wechseln. Doch es gibt auch vorgezogene Altersrenten, die teils schon früher beantragt werden können.

Wer also bereits eine volle oder teilweise Erwerbsminderungsrente bezieht, kann nach Rücksprache mit der Deutschen Rentenversicherung (DRV) entscheiden, ob ein früherer Start in eine andere Form der Altersrente infrage kommt.

Welche Altersrentenvarianten sind möglich?

Die Regelaltersrente beginnt mit Erreichen des persönlichen gesetzlichen Rentenalters, das je nach Geburtsjahr unterschiedlich ausfällt. Es existieren jedoch auch frühere Rentenformen, die teilweise mit Abschlägen verbunden sind.

Neben der Regelaltersrente gibt es beispielsweise die

– Altersrente für schwerbehinderte Menschen,
– die Altersrente für langjährig Versicherte und
– die Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

Je nach individueller Situation kann es sein, dass sich eine dieser vorgezogenen Altersrenten anbietet, um früher in den Ruhestand zu gehen. Allerdings ist zu bedenken, dass diese Renten teils dauerhaft reduziert werden, wenn sie vor dem regulären Renteneintrittsalter bezogen werden.

Warum sichert der Bestandsschutz eine Mindesthöhe der Altersrente?

Eine Frage beim Wechsel von der Erwerbsminderungsrente in die Altersrente ist, ob Letztere unter Umständen niedriger ausfallen könnte als die bisherige Rente wegen Erwerbsminderung. Genau hier greift der sogenannte Bestandsschutz.

Er besagt, dass die Altersrente immer mindestens so hoch sein muss wie die zuvor erhaltene Erwerbsminderungsrente, sofern der direkte Übergang innerhalb von 24 Monaten nach dem Ende der EM-Rente erfolgt. Damit soll verhindert werden, dass Menschen, die eine Erwerbsminderung hatten, beim Wechsel in die Altersrente finanziell schlechtergestellt werden.

Dieser Bestandsschutz gilt im Grundsatz sowohl beim Wechsel in die Regelaltersrente als auch bei einem Wechsel in eine vorgezogene Altersrente. Selbst wenn bei vorgezogenen Altersrenten eigentlich Abschläge anfallen, bleibt das Niveau durch den Bestandsschutz auf dem Niveau der bisherigen Erwerbsminderungsrente.

Wer jedoch eine höhere Altersrente erzielen kann – etwa durch zusätzliche Beitragszeiten oder weil die Erwerbsminderungsrente erst sehr spät begonnen hat und nicht von einer langen Zurechnungszeit profitieren konnte – erhält natürlich die höhere Leistung. Der Schutzmechanismus bezieht sich nur auf eine Untergrenze.

Spielt es eine Rolle, ob die EM-Rente befristet ist oder nicht?

Viele Betroffene fragen sich, ob dieser Bestandsschutz auch bei befristeten Erwerbsminderungsrenten greift. Die Antwort ist eindeutig: Ja, der Schutz greift auch bei befristeten EM-Renten. Entscheidend ist vielmehr der Zeitpunkt, an dem die Rente ausläuft und wie zeitnah daraufhin die Altersrente beginnt. Liegen zwischen dem Ende der EM-Rente und dem Beginn der Altersrente nicht mehr als 24 Monate, können Versicherte sicher sein, dass ihr Einkommen bei der Rentenumstellung nicht unter das vorherige Niveau fällt.

Wie sinnvoll ist eine Probeberechnung der Deutschen Rentenversicherung?

In der Praxis ist es ratsam, sich bereits frühzeitig bei der DRV beraten zu lassen. Die DRV bietet eine kostenlose Probeberechnung an, mit der man herausfinden kann, wie hoch die künftige Altersrente ausfallen würde.

Gerade für Menschen, die möglicherweise eine vorgezogene Altersrente beantragen könnten, ist ein genauer Blick auf die möglichen Rentenabschläge sinnvoll.

Zwar bewahrt der Bestandsschutz vor einer Kürzung unter das Niveau der bisherigen EM-Rente, doch wer die Option auf eine tatsächlich höhere Altersrente ohne Abschläge hat, sollte diese Chance nicht leichtfertig aufgeben.

Auch Christian Schultz vom SoVD Schleswig-Holstein empfiehlt diesen Schritt: Eine konkrete Rentenauskunft oder Probeberechnung hilft Betroffenen dabei, abzuwägen, ob ein früher Wechsel in die Altersrente lohnt, oder ob sie ihre befristete Erwerbsminderungsrente bis zum regulären Renteneintritt oder bis zum Ende der Befristung weiterlaufen lassen sollten.

Wann ist die Altersrente höher als die Erwerbsminderungsrente?

Selten, aber doch in bestimmten Fällen, kann die Altersrente am Ende höher ausfallen als die zuvor bezogene EM-Rente. Das kommt häufiger vor, wenn die Erwerbsminderung erst relativ spät eingetreten ist und daher nicht von einer besonders langen Zurechnungszeit profitiert. Dann kann die eigene Beitragsbiografie maßgeblich sein, weil während des restlichen Berufslebens noch weitere Beiträge hinzugekommen sind. In diesem Fall ergibt sich ein positiver Effekt, bei dem die Altersrente sogar oberhalb des zuvor bezogenen Betrags liegen kann.

Ein praktischer Fall: Wie ein Wechsel reibungslos funktionieren kann

Angenommen, Frau Müller ist seit mehreren Jahren wegen einer schweren Herzerkrankung nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Sie hat bereits eine volle Erwerbsminderungsrente bewilligt bekommen, die zunächst befristet war und mehrfach verlängert wurde.

Nach ärztlichen Befunden wird deutlich, dass sie aller Voraussicht nach nicht mehr in ihren Beruf zurückkehren kann. Als sich ihr 63. Geburtstag nähert, macht sich Frau Müller Gedanken über die Möglichkeiten einer vorgezogenen Altersrente.

Zunächst informiert sie sich bei der Deutschen Rentenversicherung über die verschiedenen Altersrentenvarianten.

Da Frau Müller eine lange Versicherungsbiografie vorzuweisen hat, kommt die Altersrente für langjährig Versicherte infrage, wenngleich sie dabei mit Abschlägen rechnen muss. Um zu klären, wie sich dieser Wechsel konkret auf ihre monatlichen Bezüge auswirkt, lässt sie sich eine Probeberechnung erstellen.

Das Ergebnis zeigt, dass ihre künftige Altersrente auf dem Papier eigentlich etwas geringer ausfallen würde, weil sie vor dem regulären Rentenalter in Ruhestand geht.

Doch gleichzeitig greift der Bestandsschutz, da Frau Müller innerhalb von weniger als 24 Monaten nach dem letzten Bezugszeitraum ihrer Erwerbsminderungsrente in die Altersrente wechseln könnte. Das bedeutet, dass die Altersrente auch bei Abschlägen nicht niedriger sein darf als ihre bisher bezogene Erwerbsminderungsrente.

Bei der endgültigen Berechnung stellt sich heraus, dass Frau Müller entweder denselben Rentenbetrag wie bisher erhält oder sogar etwas mehr, weil sie über zusätzliche Beiträge in den vergangenen Monaten verfügt.

Entscheidet sie sich also für den Wechsel in die vorgezogene Altersrente, kann sie sicher sein, dass ihre neue Rente mindestens dem Niveau der bisherigen Erwerbsminderungsrente entspricht. Sie muss damit keine finanzielle Einbuße fürchten und profitiert zugleich von dem Gefühl der Sicherheit, nicht mehr regelmäßig die Verlängerung ihrer befristeten Erwerbsminderungsrente beantragen zu müssen.

Am Ende entscheidet Frau Müller in Ruhe und mit allen notwendigen Informationen. Sie weiß, dass die Altersrente wegen des Bestandsschutzes nicht unter den bisherigen Zahlbetrag fällt und im besten Fall sogar etwas höher liegen kann.

Was lässt sich abschließend zum Bestandsschutz sagen?

Wer eine Erwerbsminderungsrente erhält und anschließend in eine Altersrente wechselt, muss nicht befürchten, finanziell schlechtergestellt zu werden.

Der gesetzliche Bestandsschutz sorgt dafür, dass die Altersrente keinesfalls unter das Niveau der vorherigen Rente wegen Erwerbsminderung sinkt, sofern der Übergang innerhalb von 24 Monaten nach Auslaufen der EM-Rente erfolgt.

Dabei ist unerheblich, ob die ursprüngliche Erwerbsminderungsrente befristet oder unbefristet war. Auch mögliche Abschläge einer vorgezogenen Altersrente werden durch diesen Schutz gedeckelt, sodass Betroffene stets mindestens das gleiche Rentenniveau sichern können.

Wichtig ist dennoch eine individuelle Beratung und eine genaue Probeberechnung bei der Deutschen Rentenversicherung. Nur so lässt sich ermitteln, ob und wann ein früher Wechsel in die Altersrente sinnvoll ist oder ob man besser bis zum gesetzlich vorgesehenen Rentenalter wartet. Am Ende zählt für die Betroffenen vor allem, dass sie sich rechtzeitig informieren, um in finanzieller Hinsicht auf der sicheren Seite zu sein.