Wer 1964 geboren wurde, gehört zur ersten Kohorte, für die das gesetzliche Rentenalter ohne Ausnahme bei 67 Jahren liegt. Die 2007 beschlossene „Rente mit 67“ wird seit 2012 stufenweise wirksam; ab Geburtsjahr 1964 greift sie voll.
Damit endet der schrittweise Anstieg, den frühere Jahrgänge noch beobachten konnten. Für alle, die mindestens 35 Beitragsjahre vorweisen, ändert das nichts: Auch sie erreichen die reguläre Altersrente erst mit 67.
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Welche Wege ermöglichen eine abschlagsfreie Rente vor 67?
Die gefragteste Abkürzung ist die Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Voraussetzung sind 45 anrechenbare Versicherungsjahre – dazu zählen Zeiten der Ausbildung, Kindererziehung, Pflichtdienst, pflichtversicherte Minijobs oder beitragspflichtiges Arbeitslosengeld (ALG I), solange letzteres nicht in den letzten 24 Monaten vor dem Rentenbeginn liegt.
Wer diese Hürde nimmt, kann zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze, also mit 65, vollkommen abschlagsfrei in Rente gehen.
Schwerbehinderte Versicherte mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 erhalten einen ähnlichen Vorteil.
Bei 35 Versicherungsjahren dürfen sie die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ebenfalls zwei Jahre früher beziehen, also ebenfalls mit 65 und ohne Kürzung. Ein vorgezogener Start schon mit 62 ist möglich, führt jedoch zu dauerhaften Abschlägen.
Wie wirken sich Abschläge bei der Rente für langjährig Versicherte aus?
Wer zwar 35, aber nicht 45 Versicherungsjahre gesammelt hat und keinen Schwerbehindertenstatus besitzt, kann auf die Altersrente für langjährig Versicherte ausweichen.
Hier beginnt jeder vorgezogene Monat mit einem Abschlag von 0,3 Prozent. Im Jahrgang 1964 summiert sich das – je nach gewünschtem Eintritt – auf 3,6 Prozent bei einem Jahr, 7,2 Prozent bei zwei Jahren, 10,8 Prozent bei drei Jahren und maximal 14,4 Prozent beim frühestmöglichen Rentenbeginn mit 63. Diese Kürzungen bleiben lebenslang bestehen.
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Welche Fallstricke lauern beim Bezug von Arbeitslosengeld?
Viele Beschäftigte erwägen, die Monate bis zur Rente mit ALG I zu überbrücken, weil das Nettogeld aus der Arbeitsagentur oft höher als die künftige Rente ist.
Dabei gilt: Wer ALG I bezieht, steht grundsätzlich der Vermittlung zur Verfügung und muss sich auf Stellenangebote oder Qualifizierungsmaßnahmen einlassen.
Vor allem aber zählt ALG I innerhalb der letzten 24 Monate vor Rentenbeginn nicht mehr zur 45‑Jahres‑Wartezeit – es sei denn, die Arbeitslosigkeit beruht auf einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers.
Wer die 45 Jahre also noch nicht voll hat, muss diese Lücke anderweitig schließen, etwa durch einen versicherungspflichtigen Minijob oder Pflegezeiten.
Krankheit und Krankengeld im Übergang?
Längere Erkrankungen lassen sich mithilfe des Krankengeldes finanziell abfedern. Nach Ablauf der sechs Wochen Lohnfortzahlung zahlt die Krankenkasse bis zu 72 Wochen rund 80 Prozent des letzten Nettogehalts.
Für Versicherte, die den Arbeitsplatz krankheitsbedingt verlieren, kann sich daran eine Erwerbsminderungsrente anschließen oder – nach Aussteuerung – ein Bezug von ALG I. Wichtig ist, dass diese Zeiträume sorgfältig geplant werden, um keine unfreiwilligen Lücken in der Versicherungsbiografie entstehen zu lassen.
Teilrente als Weg in die frühere Rente?
Seit dem 1. Januar 2023 sind die Hinzuverdienstgrenzen für Altersrenten im Grundsatz aufgehoben. Wer eine Teilrente bezieht, darf sogar 99,99 Prozent der Vollrente wählen und parallel unbegrenzt hinzuverdienen.
Anders als bei der Vollrente bleibt in dieser Variante der Anspruch auf Krankengeld bestehen, falls eine neue Arbeitsunfähigkeit eintritt.
Dieser Mix aus fast voller Rente und aktivem Job kann für Fachkräfte interessant sein, die sich einen gleitenden Übergang wünschen oder die finale Rentenhöhe durch weiterlaufende Beiträge noch erhöhen wollen.
Praxisbeispiel — Herr Becker, Jahrgang 1964
Herr Becker wird im September 2025 61 Jahre alt.
- Versicherungsverlauf: 45 anrechenbare Jahre sind bereits erfüllt: Lehre (3 Jahre), Wehrdienst (1 Jahr), durchgehende Beschäftigung seit 1985 sowie zwei Kindererziehungszeiten à 3 Jahre.
- Gesundheit Beruf: Der Industriemechaniker ist noch voll einsatzfähig, möchte aber früher kürzertreten.
- Entscheidungspfad:
- Weil die 45 Jahre bereits voll sind, plant er die Rente für besonders langjährig Versicherte – abschlagsfrei ab September 2029, genau an seinem 65. Geburtstag.
- Um die letzten vier Jahre finanziell zu überbrücken, reduziert er ab 2026 mithilfe eines Teilzeit‑Tarifmodellsauf 60 Prozent Arbeitszeit. Den fehlenden Nettolohn fängt er durch das neue (seit 2023 unbegrenzte) Hinzuverdienstrecht ab: Er lässt sich 50 Prozent seiner künftigen Rente bereits als Teilrente auszahlen, zahlt dabei weiter Rentenbeiträge auf den verbliebenen Lohn und erhöht so die endgültige Rentenhöhe.
- Sollte er krank werden, bleibt er durch die Teilrente krankengeldberechtigt – anders als bei einer vollen Altersrente.
Ergebnis: Herr Becker erreicht sein Ziel, zwei Jahre vor der regulären Altersgrenze auszusteigen, erhält keine dauerhaften Abschläge und steigert seine endgültige Monatsrente sogar leicht, weil er bis 65 weiter Beiträge zahlt.
Warum ist eine individuelle Beratung unverzichtbar?
Die gesetzlichen Regeln wirken auf den ersten Blick eindeutig, doch viele Details hängen von persönlichen Faktoren ab: Lücken im Versicherungsverlauf, Zeiten der Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, möglicher Schwerbehinderung, tarifliche Übergangsgelder oder Abfindungen.