Die meisten Bürger gehen davon aus, dass sie von ihren Behörden rechtsverbindliche und hilfreiche Auskünfte erhalten. Wer auf staatliche Leistungen angewiesen ist, kann sich darauf aber keineswegs verlassen.
Das zeigt auch die hohe Fehlerquote bei Bürgergeldbescheiden. Statt zu helfen, riet eine Jobcenter-Mitarbeiterin einem Leistungsempfänger, er solle doch einen Kredit aufnehmen, bis über seine Leistungen entschieden sei.
Die Folge: Der Kredit wurde dem Betroffenen als Einkommen angerechnet. Zudem verschuldete er sich hoch.
Arbeitsplätze sind immer nur vorübergehend
Der gelernte Sanitärinstallateur Gerd Müller war durch zwei Unfälle körperlich eingeschränkt. Zunächst wurde er 2001 bei einem Überfall schwer verletzt. 2006 folgte ein schwerer Fahrradunfall.
Dauerhafte Schmerzen und Beeinträchtigungen in der Schulter sind die Spätfolgen. Trotzdem wollte er arbeiten. Deshalb nahm er immer wieder Aushilfsjobs an. Da das Einkommen aber nicht ausreichte, erhielt er zusätzlich ergänzende Leistungen in Höhe von 191 Euro vom Jobcenter.
Jobcenter-Mitarbeiterin empfiehlt Kredit
Im März musste sich Gerd Müller erneut einer Operation unterziehen. Kurz zuvor war er, wie so oft in der Vergangenheit, aus einem befristeten Arbeitsverhältnis entlassen worden.
Wegen des geringen Krankengeldes, das ihm zusteht, wendet er sich an das Jobcenter und erkundigt sich nach höheren Leistungen.
Die zuständige Sachbearbeiterin teilt ihm mit, dass die Bearbeitung eines Antrags auf volle Leistungen einige Zeit in Anspruch nehmen würde. Sie empfahl ihm, ein Darlehen aufzunehmen, um diese Zeit zu überbrücken. Dies tat er auch.
Unterlagen im Jobcenter verschwunden
Herr Müller war in der Vergangenheit immer wieder vom Jobcenter enttäuscht worden. Er fühlte sich durch ständige Vorladungen schikaniert. Sogar am Tag seiner Operation sollte er vorher beim Jobcenter erscheinen. Deshalb entschied er sich, auf die Operation zu verzichten und stattdessen Wohngeld zu beantragen.
Am 31. März gibt Herr Müller seine Abmeldung am Empfang des Jobcenters ab und beantragt Wohngeld. Nach einigen Wochen forderte die Wohngeldstelle die entsprechende Abmeldung vom Jobcenter an.
Als Herr Müller das entsprechende Formular beim Jobcenter anforderte, war es in seiner Akte nicht auffindbar. Herr Müller beantragt daraufhin Akteneinsicht und findet Wochen später einen entsprechenden Vermerk, dass er sich abgemeldet habe. Die Abmeldung ist bis heute verschwunden und Herr Schulz hat auch kein Wohngeld erhalten.
Jobcenter trickst Bürgergeld-Bezieher aus
Im August meldete er sich deshalb wieder beim Jobcenter und erhält seitdem Bürgergeld. Die Differenz von rund 660 Euro will ihm das Jobcenter aber nicht erstatten.
Außerdem will man ihm den aufgenommenen Kredit voll als Einkommen anrechnen. Den Kredit, zu dem ihm das Jobcenter geraten hatte. Statt es gut zu meinen, wurde er also komplett über den Tisch gezogen. So hat Herr Müller inzwischen 2600 Euro Schulden und mehrere Klagen vor dem Sozialgericht anhängig, die noch nicht entschieden sind.
Auf Nachfrage beim zuständigen Jobcenter, wie es denn sein könne, dass Unterlagen verschwinden, antwortete eine Pressesprecherin: “Auf Wunsch kann eine schriftliche Eingangsbestätigung angefordert werden. Die Mitarbeiter sind nicht mehr verpflichtet, diese automatisch auszuhändigen”.
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.