Bernd Bilke aus Geldern erlebte eine böse Überraschung, so die “Rheinische Post”. Der 81-jährige ist gehbehindert mit dem entsprechenden Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis, und er hat deshalb als Nachteilsausgleich einen Parkausweis, der ihm erlaubt, dort zu parken, wo es sonst verboten ist.
So stellte er seinen PKW auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz vor einer Apotheke ab und legte seinen Ausweis gut sichtbar hinter die Windschutzscheibe. Doch als er aus der Apotheke kam, lag hinter dem Scheibenwischer ein Bußgeld-Zettel wegen Falschparkens.
Der “falsche” Parkausweis
Er hielt das für ein Missverständnis und hakte nach. Leider erfuhr er, dass er das Bußgeld zahlen musste. Der Grund dafür ist: Herr Bilke hatte für den entsprechenden Parkplatz den “falschen” Parkausweis. Behindertenrecht ist kompliziert, und der Teufel steckt immer wieder im Detail.
Wer kennt zum Beispiel den feinen Unterschied zwischen “gehbehindert” und “außergewöhnlich gehbehindert” ? Diese Feinheit entscheidet allerdings darüber, ob jemand auf einem Behindertenparkplatz parken darf oder nicht. Herr Bille wusste das nicht, und das gilt auch für sehr viele andere Betroffene.
Orange oder blau
Eine (erhebliche) Gehbehinderung, also das Merkzeichen G im Schwerbehindertenausweis berechtigt zum orangefarbenen Parkausweis, genauer gesagt dann, wenn außerdem ein Grad der Behinderung von wenigstens 70 allein für Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen vorliegt und gleichzeitig ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 für Funktionsstörungen des Herzens und der Atemorgane.
Beim orangefarbenen Ausweis gibt es Parkerleichterungen
Mit diesem Ausweis kann Herr Bilke Parkerleichterungen in Anspruch nehmen. Er darf erstens im eingeschränkten Halteverbot und auf Anwohnerparkplätzen bis zu drei Stunden parken, zweitens darf er im Zonenhalteverbot oder in Parkbereichen, in denen Parkzeitbegrenzungen bestehen, länger parken als vorgeschrieben.
Außerdem kann er in Fußgängerzonen während der Ladezeit parken und in verkehrsberuhigten Zonen außerhalb der gekennzeichneten Flächen, wenn dies den Verkehr nicht stört. An Parkuhren und Parkscheinautomaten muss er keine Gebühren zahlen und darf ohne bis zu 24 Stunden das Auto abstellen.
Auf ausgewiesenen Parkplätzen für Menschen mit Schwerbehinderungen darf er aber mit dem orangefarbigen Parkausweis sein Auto nicht abstellen, denn das ist für diejenigen vorgesehen, die den blauen Parkausweis haben.
Wer bekommt den blauen Parkausweis?
Diesen blauen EU-Parkausweis erhalten Menschen mit Schwerbehinderung, die außergewöhnlich gehbehindert sind (Merkzeichen aG), oder blind (Merkzeichen BI) oder schwerbehinderte Menschen, denen auf beiden Seiten Arme / Beine fehlen, oder Menschen mit Schwerbehinderung, deren Gliedmaßen fehlgebildet sind, beziehungsweise diejenigen, deren Funktionseinschränkungen sich mit den genannten Gruppen vergleichen lassen.
Nur sie haben das Recht, mit dem blauen Parkausweis auf Behindertenparkpläten ihr Auto abzustellen.
Herr Bilke ist enttäuscht
Herr Bilke zahlte zähneknirschend das Bußgeld, ist aber, laut “Rheinischer Post”, enttäuscht und fragt sich, welchen Sinn der orangefarbene Ausweis überhaupt hat, wenn er ihn nur für “Parkerleichterungen” nutzen kann.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.