Mehr Rente durch Entgeltumwandlung – Das gilt nicht für alle

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Die gesetzliche Rente reicht in vielen Fällen nicht aus, um den vertrauten Lebensstandard im Alter zu sichern. Eine Ergänzung bietet die betriebliche Gehaltsumwandlung, auch „Entgeltumwandlung“ genannt. Allerdings lohnt sie sich nicht für jeden. Wer überlegt, diesen Weg zu wählen, sollte die Details kennen und bewerten.

Warum eine zusätzliche Altersvorsorge oft unverzichtbar ist

Die Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen meistens nur einem Teil des vormaligen Arbeitseinkommens. Da auch Betriebsrenten, sofern sie allein vom Arbeitgeber gezahlt werden, häufig nicht den gesamten Finanzbedarf im Alter decken, geht es für viele Menschen darum, weitere Vorsorgeformen zu finden.

Zur Auswahl stehen freie Geldanlagen (etwa mithilfe eines breit gestreuten ETF-Portfolios), Riester- oder Rürup-Renten sowie betriebliche Altersvorsorgeprodukte, zu denen die Gehaltsumwandlung zählt.

Grundprinzip der betrieblichen Altersvorsorge

Unter dem Oberbegriff „betriebliche Altersversorgung (bAV)“ fallen sämtliche Zusagen des Arbeitgebers, finanzielle Leistungen an Beschäftigte im Alter, bei Erwerbsminderung oder im Todesfall zu erbringen. Das freiwillige Engagement des Arbeitgebers kann dabei über Tarifverträge geregelt oder vom Gesetz vorgeschrieben sein.

Arbeitnehmende haben grundsätzlich das Recht, dass der Arbeitgeber eine betriebliche Altersvorsorge via Entgeltumwandlung ermöglicht. Konkret bedeutet dies, dass ein Teil des Bruttogehalts in einen Vorsorgevertrag fließt, anstatt an die Beschäftigten ausgezahlt zu werden.

Der Arbeitgeber wählt einen der möglichen Durchführungswege aus, etwa eine Direktversicherung oder Pensionskasse.

So funktioniert die Gehaltsumwandlung im Detail

Bei der betrieblichen Gehaltsumwandlung senken Beschäftigte ihr aktuelles Bruttoeinkommen um den gewünschten Vorsorgebetrag. Der Arbeitgeber leitet diese Summe an den jeweiligen Produktanbieter weiter. Dafür wird ein arbeitsrechtlicher Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer geschlossen.

Pflichten des Arbeitgebers

Bei der betrieblichen Altersvorsorge ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, mindestens einen passenden Durchführungsweg anzubieten. Sollte keiner vorgegeben sein, haben Beschäftigte die Möglichkeit, selbst eine Direktversicherung vorzuschlagen.

Wer eine solche Direktversicherung, einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse nutzt, hat grundsätzlich Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von mindestens 15 Prozent des umgewandelten Gehaltsbetrags – allerdings nur dann, wenn der Arbeitgeber hierdurch tatsächlich Sozialabgaben einspart.

Häufig fällt dieser Zuschuss jedoch so gering aus, dass er die Nachteile der Gehaltsumwandlung nur unzureichend ausgleicht.

Höchstbeiträge für 2025

Für das Jahr 2025 gelten außerdem bestimmte Höchstbeträge: Bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) der gesetzlichen Rentenversicherung – monatlich 322 Euro – bleiben sowohl bei Beschäftigten als auch beim Arbeitgeber von Sozialabgaben befreit. Für einen Anteil von bis zu acht Prozent der BBG (644 Euro) lässt sich zudem Einkommensteuer sparen.

Wer allerdings ein Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen erzielt, profitiert insgesamt weniger von diesen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorteilen und muss im Ruhestand dennoch Beiträge und Steuern in voller Höhe zahlen.

Nachteile: Was gegen eine Entgeltumwandlung sprechen kann

Die betriebliche Altersvorsorge per Gehaltsumwandlung bringt diverse Nachteile mit sich, die häufig erst im Nachhinein sichtbar werden:

1. Sozialabgaben im Rentenalter
Renten aus betrieblichen Verträgen sind meist voll sozialabgabenpflichtig – selbst dann, wenn schon in der Erwerbsphase keine Einsparungen bei den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen erzielt wurden (z. B. bei Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze).

2. Steuerpflichtige Auszahlungen
Die im Erwerbsleben gewonnene Steuerersparnis wird oftmals durch nachgelagerte Einkommensteuer im Rentenalter relativiert. Bei einmaliger Kapitalauszahlung kann die Steuerprogression sogar zu höheren Steuern führen als bei einer selbst organisierten Vorsorge.

3. Reduzierte Ansprüche in der gesetzlichen Rente
Da Bruttolohn umgewandelt wird, mindert sich die eigene Beitragsbasis zur gesetzlichen Rente, Kranken, Pflege und Arbeitslosenversicherung. Langfristig kann dies zu geringeren Leistungsansprüchen führen.

4. Eingeschränkte Verbraucherrechte
Der Arbeitgeber fungiert als Versicherungsnehmer, sodass der eigentliche Vertragsanbieter in erster Linie gegenüber dem Unternehmen verpflichtet ist. Für Beschäftigte bedeutet das: Weniger Mitspracherecht bei Tarifauswahl und weniger gesetzlich gesicherter Verbraucherschutz.

5. Mangelnde Flexibilität
Das angesparte Geld steht vor dem gesetzlichen Frührentenalter (meist 62 Jahre) selten zur Verfügung, zum Beispiel, wenn es für einen Immobilienkauf benötigt wird. Eine Kapitalauszahlung ist in der Regel erst zur Auszahlung der Rente oder – in begrenztem Rahmen – an enge Familienangehörige im Todesfall möglich.

6. Erschwerte Vertragsübernahme bei Arbeitgeberwechsel
Wechseln Beschäftigte in ein anderes Unternehmen, muss der neue Arbeitgeber den laufenden Vertrag nicht unbedingt fortsetzen. Oft wird ein neuer Vertrag abgeschlossen, was zusätzliche Abschlusskosten verursachen und die Rendite senken kann.

7. Hohes Kostenniveau vieler Produkte
Viele Versicherungsvarianten sind intransparent, verursachen hohe Abschluss- und Verwaltungskosten und bieten nur begrenzte Renditechancen. Garantierte Kapitalerhaltung von 80 bis 100 Prozent führt häufig dazu, dass langfristig lukrative Anlagen, etwa in Aktien, kaum oder nur in geringem Maße genutzt werden.

Vorteile der Gehaltsumwandlung

Trotz ihrer Nachteile kann die Entgeltumwandlung in bestimmten Fällen von Vorteil sein. Wer im Rentenalter Grundsicherung bezieht, darf monatlich bis zu 100 Euro aus einer Betriebsrente behalten, ohne dass diese Summe auf die Grundsicherung angerechnet wird.

Während der Ansparphase sind die angesparten Beträge vor Pfändung geschützt und werden beim Bürgergeld nicht berücksichtigt. Ein weiterer Pluspunkt besteht in möglichen Arbeitgeberzuschüssen, die die Entgeltumwandlung attraktiver machen können – besonders dann, wenn der Zuschuss bei 100 Prozent des umgewandelten Bruttolohnanteils liegt. Allerdings werden solch großzügige Zuschüsse nur selten gewährt.

Von langjähriger Planung profitieren

Von einer hohen Beteiligung profitieren primär diejenigen, die ihre betriebliche Altersvorsorge über einen sehr langen Zeitraum (mindestens 30 Jahre) aufbauen möchten, keinen eigenen ETF-Sparplan planen oder alternativ keine bessere Gehaltserhöhung aushandeln können.

Doch auch wenn der Zuschuss hoch ist, ist die Entgeltumwandlung nur eingeschränkt empfehlenswert, falls absehbar ist, dass der Arbeitsplatz in wenigen Jahren gewechselt wird oder hohe Abschlusskosten anfallen. Denn beides kann die möglichen Vorteile schnell aufzehren.

Wann rechnet sich die betriebliche Entgeltumwandlung?

Die Attraktivität einer Entgeltumwandlung hängt maßgeblich von den individuellen Rahmenbedingungen ab. Entscheidend sind unter anderem die geplante Dauer beim aktuellen Arbeitgeber, mögliche Zukunftspläne wie ein Immobilienkauf, bei dem Geld früher benötigt wird, sowie die Höhe des Arbeitgeberzuschusses im Vergleich zu den Renditeaussichten.

Hinzu kommen Aspekte wie die aktuelle und künftige Einkommenssituation, Steuerklasse und Versicherungsstatus, die Renditeerwartungen des gewählten Vorsorgeprodukts im Verhältnis zu frei wählbaren Geldanlagen und das Gesamtkonzept für die Altersvorsorge. Letzteres umfasst die Frage, ob bereits andere Bausteine wie Aktien-ETF-Sparpläne existieren und in welchem Maß Flexibilität gefragt ist.

Da Arbeitgeber und von ihnen beauftragte Vermittler oft nur die Steuervorteile und Sozialabgabeneinsparungen bis zum Rentenbeginn hervorheben, lohnt sich eine unabhängige Beratung, um die tatsächlichen Nettoleistungen im Alter realistisch zu beurteilen. In vielen Fällen stellen frei verfügbare ETF-Sparpläne eine flexiblere und kostengünstigere Alternative dar.