Menschen mit einem anerkannten Pflegegrad haben Anspruch auf den sogenannten Entlastungsbetrag, dessen Höhe ab dem 1. Januar 2025 auf 131 Euro pro Monat bzw. bis 1572 Euro pro Jahr angestiegen ist.
Dennoch sehen sich viele vor dem Problem, diese Leistung korrekt zu beantragen und sinnvoll einzusetzen. Dabei ist der Entlastungsbetrag eine wichtige Unterstützung, um Pflegebedürftige und pflegende Angehörige bei der häuslichen Versorgung zu entlasten und den Alltag etwas zu erleichtern.
Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt beantwortet alle Fragen.
Was ist der Entlastungsbetrag und wer hat Anspruch darauf?
Der Entlastungsbetrag ist eine monatliche Leistung von 131 Euro (ab 1.1.2025), die allen Menschen mit einem Pflegegrad (1 bis 5) bei häuslicher Pflege zusteht. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie bereits andere Leistungen wie Pflegegeld oder Pflegesachleistungen in Anspruch nehmen oder ob Sie „nur“ den Pflegegrad 1 und noch keinen pflegerischen Hilfebedarf in großem Umfang haben.
Der Entlastungsbetrag wird nicht zur freien Verwendung ausgezahlt wird. Stattdessen müssen Sie mit anerkannten (das heißt von der Pflegekasse beziehungsweise vom jeweiligen Bundesland zugelassenen) Anbietern zusammenarbeiten und sich im Nachhinein die entstandenen Kosten erstatten lassen. Der Betrag kann beispielsweise für folgende Angebote eingesetzt werden:
- Zugelassene ambulante Pflegedienste oder Betreuungsdienste
- Anerkannte Alltagsunterstützung (zum Beispiel Hilfe beim Einkaufen oder Putzen)
- Familienentlastende beziehungsweise familienunterstützende Dienste
- Nachbarschaftshilfe oder andere ehrenamtliche Hilfen (bei entsprechender Anerkennung)
- Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege (als Zuschuss zu den Eigenanteilen)
Der gesetzliche Zweck des Entlastungsbetrags liegt darin, sowohl die Selbstständigkeit und Lebensqualität von Betroffenen – insbesondere bei Pflegegrad 1 – zu erhalten als auch pflegende Angehörige zu entlasten, die bei höheren Pflegegraden häufig einen Großteil der Unterstützung im Alltag übernehmen.
Wie finde ich geeignete Dienstleistungen?
Die Suche nach passenden Anbietern kann je nach Wohnort unterschiedlich leicht oder schwierig sein. Gerade in ländlichen Gebieten oder kleineren Gemeinden steht nicht immer ein umfassendes Angebot zur Verfügung. Um Ihnen die Suche zu erleichtern, haben Sie unter anderem folgende Möglichkeiten:
- Pflegeversicherung kontaktieren: Fragen Sie bei Ihrer Pflegekasse, ob es eine Liste oder eine Internetplattform mit anerkannten Anbietern gibt.
- Pflegestützpunkte ansprechen: In vielen Regionen stehen Pflegestützpunkte mit Beratung zur Verfügung. Dort erhalten Sie Adressen und Informationen über ambulante Pflegedienste oder Betreuungskräfte.
- Familienentlastende Dienste: In Städten oder größeren Gemeinden gibt es oftmals Dienste, die Alltagsunterstützung für Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen anbieten. Diese sind häufig für den Entlastungsbetrag anerkannt.
- Online-Informationen der Bundesländer: In einigen Bundesländern existieren Suchmaschinen oder Listen von anerkannten Leistungsangeboten. Informieren Sie sich auf den offiziellen Seiten Ihres Bundeslands.
- Selbst organisieren: Falls bei Ihnen kein passendes Angebot vorhanden ist, können Sie in manchen Bundesländern auch selbst Personen finden, die bereit sind, eine entsprechende Anerkennung (oft durch einen Kurz-Schulungskurs) zu erwerben. Dann können diese Personen ihre Unterstützung direkt mit der Pflegekasse abrechnen. Das hat den Vorteil, dass Sie nicht auf teurere ambulante Pflegedienste angewiesen sind und eventuell mehr Stunden an Unterstützung finanzieren können.
Beachten Sie, dass in vielen Fällen die sogenannte Direktabrechnung möglich ist. Dabei müssen Sie selbst kein Geld auslegen, sondern treten Ihren Kostenerstattungsanspruch an den Dienstleister ab, der anschließend direkt mit Ihrer Pflegekasse abrechnet.
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Kann ich den Entlastungsbetrag ansparen?
Ja, ein wichtiger Vorteil besteht darin, dass der Entlastungsbetrag angespart werden kann. Nicht genutzte Monatsbeträge können Sie bis zum 30. Juni des Folgejahres einsetzen. Erst nach diesem Stichtag verfallen noch ungenutzte Gelder endgültig.
Nehmen wir an, Sie haben 2025 den Entlastungsbetrag noch gar nicht genutzt. Sie könnten dann bis Ende Juni 2026 die angesammelte Summe für entlastende Maßnahmen einsetzen.
Maßgeblich ist stets, dass die Leistung bis zum 30. Juni in Anspruch genommen wurde. Die Rechnungslegung und Kostenerstattung können gegebenenfalls auch noch danach erfolgen.
Allerdings ist es nicht möglich, zukünftige Ansprüche vorab auszugeben. Das bedeutet, Sie können immer nur über bereits angefallene (und gegebenenfalls angesparte) Beträge verfügen.
Wer den Entlastungsbetrag bereits über mehrere Monate angespart hat, kann jedoch zu einem späteren Zeitpunkt eine größere einmalige Leistung finanzieren, beispielsweise eine umfangreichere Alltagsentlastung über mehrere Tage oder Wochen.
Was ist der Umwandlungsanspruch und wie kann ich ihn nutzen?
Ab Pflegegrad 2 haben Sie Anspruch auf Pflegesachleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst. Diese Sachleistungen können Sie teilweise in einen sogenannten Umwandlungsanspruch umwandeln. Bis zu 40 Prozent des Anspruchs auf Pflegesachleistungen lassen sich für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag verwenden – also für ähnliche Leistungen wie beim Entlastungsbetrag.
Die Kombination aus Entlastungsbetrag und Umwandlungsanspruch ermöglicht somit eine deutlich höhere monatliche Summe für Alltagsbegleitung, Betreuung oder Hilfen bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. Diese Leistungen können Sie entweder getrennt nutzen oder Sie „stocken“ den Entlastungsbetrag mit dem Umwandlungsanspruch auf.
Anders als beim Entlastungsbetrag können Sie den Umwandlungsanspruch nicht ansparen. Sie müssen also immer in dem jeweiligen Monat die Sachleistungen (teilweise) ungenutzt lassen, um im gleichen Monat über das entsprechende Budget für Alltagsunterstützung zu verfügen.
Die Abrechnung erfolgt in der Regel erst nach Monatsende, da die Pflegekasse zuvor prüfen muss, in welchem Umfang Sie die Sachleistungen tatsächlich genutzt haben.
Wenn Sie ohnehin eine sogenannte Kombileistung beziehen (also Pflegegeld und Pflegesachleistungen anteilig), können Sie den nicht genutzten Anteil der Sachleistungen ebenfalls für anerkannte Betreuungs- und Entlastungsangebote einsetzen. Hier gilt derselbe Mechanismus: Mit einer direkten Abtretungserklärung an den Dienstleister müssen Sie kein Geld vorstrecken.
Wie bekomme ich den Entlastungsbetrag ohne Pflegegrad?
Auch wenn Sie keinen regulären Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung haben – zum Beispiel wegen einer zeitlich befristeten Pflegebedürftigkeit unter sechs Monaten oder fehlender Vorversicherungszeit –, besteht in manchen Fällen die Möglichkeit, den Entlastungsbetrag über die „Hilfe zur Pflege“ vom Sozialamt zu erhalten. Voraussetzungen dafür sind jedoch eine nachgewiesene Pflegebedürftigkeit und finanzielle Bedürftigkeit.
Erkundigen Sie sich hierzu beim Sozialamt, ob und in welchem Umfang ein Anspruch auf Hilfe zur Pflege besteht und welche Leistungen im Rahmen dessen übernommen werden.
Grundsätzlich hält das Sozialamt auch Informationen zu Kostenerstattungen für entlastende Angebote bereit, die wiederum die häusliche Pflege durch Angehörige oder Nahestehende unterstützen.
Fazit
Der Entlastungsbetrag in Höhe von 131 Euro pro Monat (ab dem 1.1.2025) ist für alle pflegebedürftigen Menschen und ihre Angehörigen eine wertvolle Hilfe, die sich bei richtiger Anwendung sehr entlastend auf den Pflegealltag auswirken kann. Die Kombination mit dem Umwandlungsanspruch (bis zu 40 Prozent der ambulanten Pflegesachleistungen) bietet nochmals größere finanzielle Spielräume, um professionelle oder ehrenamtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Damit dieses Geld nicht ungenutzt verfällt, lohnt es sich, frühzeitig nach anerkannten Anbietern zu suchen, die Entlastungsleistungen erbringen und gegebenenfalls Direktabrechnung mit der Pflegekasse anbieten.
Bei fehlenden Angeboten kann es sich lohnen, selbst aktiv zu werden und Personen für diesen Bereich zu gewinnen, die sich entsprechend anerkennen lassen. So eröffnet man sich die Möglichkeit, passgenaue und kostengünstige Unterstützungsleistungen zu organisieren.
Werden diese Optionen gezielt genutzt, trägt der Entlastungsbetrag maßgeblich dazu bei, den Alltag zu erleichtern und pflegende Angehörige zu entlasten – von der gezielten Hilfestellung im Haushalt bis hin zur Finanzierung eines anteiligen Eigenanteils bei Kurzzeitpflege.
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.