Pflegegeld: Achtung bei Pflegebegutachtung per Telefon um den Pflegegrad zu bestimmen

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Die Pflegebegutachtung dient dazu, den gesundheitlichen Zustand einer Person einzuschätzen und festzustellen, ob und welcher Pflegegrad vorliegt. Zuständig dafür ist der Medizinische Dienst.

Auf Grundlage des Gutachtens entscheidet letztlich die Pflegekasse, welche Leistungen gewährt werden. Im Kern geht es um Fragen wie: Welche Einschränkungen bestehen? Welche Unterstützung wird benötigt, um den Alltag zu bewältigen? Und wie hoch ist der zeitliche Hilfebedarf?

Wann kann eine telefonische Begutachtung stattfinden und wann nicht?

Telefonische Begutachtungen sind vor allem bei Wiederholungsbegutachtungen und bei Höherstufungen möglich. Wer bereits einen Pflegegrad hat und nun prüfen lassen möchte, ob sich der Gesundheitszustand verschlechtert hat, kann demnach auf eine telefonische Begutachtung stoßen.

Bei einer Erstbegutachtung, wenn also erstmals ein Pflegegrad beantragt wird, ist ein Telefoninterview jedoch ausgeschlossen. Ebenso wird eine telefonische Begutachtung nicht durchgeführt, wenn Kinder unter 14 Jahren betroffen sind oder wenn jemand aufgrund eines abgelehnten Pflegegrades Widerspruch eingelegt hat.

Auch wenn es aus fachlicher Sicht erforderlich ist, die Person vor Ort zu sehen, oder wenn Betroffene ausdrücklich wünschen, dass der Gutachter persönlich vorbeikommt, findet keine telefonische Begutachtung statt.

Warum ist manchmal eine weitere Person während des Telefonats notwendig?

Eine Unterstützungsperson muss hinzugezogen werden, wenn die zu begutachtende Person nicht selbst alle Fragen sicher beantworten kann. Das ist häufig dann der Fall, wenn eine demenzielle Erkrankung vorliegt oder wenn Kinder unter 14 Jahren begutachtet werden müssen.

Auch Personen mit sprachlichen Verständnisschwierigkeiten profitieren von einer kompetenten Begleitperson. So wird sichergestellt, dass alle relevanten Informationen vollständig und korrekt vermittelt werden und die betroffene Person durch das Gespräch geführt wird.

Welche Schritte umfassen die telefonische Pflegebegutachtung?

Der Ablauf teilt sich meist in drei Phasen. Zunächst erhalten Betroffene vom Medizinischen Dienst einen Fragebogen. Darin werden Informationen zum alltäglichen Hilfebedarf, zu körperlichen und geistigen Einschränkungen sowie zu bereits genutzten Hilfsmitteln abgefragt.

Dieser Fragebogen wird ausgefüllt an den Medizinischen Dienst zurückgeschickt. Anschließend folgt das eigentliche Telefoninterview, bei dem die Gutachterinnen und Gutachter vertiefend nachfragen.

Dabei geht es zum Beispiel um die Wohnsituation, um pflegerische Unterstützung durch Angehörige oder Pflegedienste und um Veränderungen im Gesundheitszustand seit der letzten Begutachtung.

Abschließend wertet der Medizinische Dienst alle Angaben aus und erstellt das schriftliche Gutachten, auf dessen Grundlage die Pflegekasse über den Pflegegrad entscheidet.

Welche Risiken und Fehleinschätzungen kann es geben?

Weil die zu begutachtende Person am Telefon nicht gesehen wird, kann es Schwierigkeiten bei der Einschätzung geben. Körpersprache, sichtbare Einschränkungen beim Gehen oder bei der allgemeinen Bewegungsfähigkeit und auch bestimmte Hinweise aus der Wohnumgebung fallen weg.

Es besteht somit das Risiko, dass sich Betroffene am Telefon unbewusst positiver darstellen oder dass bestimmte gesundheitliche Aspekte nicht ausführlich genug zur Sprache kommen.

Die Begutachtung stützt sich in diesen Fällen allein auf die mündlichen Angaben und den zuvor ausgefüllten Fragebogen. Wenn wichtige Details übersehen werden, kann es zu einer Unterschätzung des Pflegebedarfs kommen.

Welche Möglichkeiten haben Betroffene, wenn sie mit dem Ergebnis unzufrieden sind?

Die Entscheidung über den Pflegegrad trifft die Pflegekasse. Wer der Auffassung ist, dass der ausgewiesene Pflegegrad nicht den tatsächlichen Bedarf widerspiegelt, kann innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids Widerspruch einlegen.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens muss in der Regel eine persönliche Begutachtung in der Wohnung der betroffenen Person erfolgen. Dabei lassen sich oft differenzierte Eindrücke gewinnen. Unterstützung beim Einlegen des Widerspruchs bietet etwa der VdK, der sich auf sozialrechtliche Fragen spezialisiert hat.

Welche Vorteile kann das Telefoninterview haben und warum wird es überhaupt angeboten?

Telefonische Begutachtungen sind vor allem deshalb entstanden, weil der Medizinische Dienst häufig unter Personalmangel leidet und gleichzeitig viele Begutachtungen in kurzer Zeit erledigt werden müssen. Die telefonische Form kann den Prozess beschleunigen, was für Betroffene von Vorteil ist, die auf schnelle Entscheidungen angewiesen sind.

Bei Höherstufungen, also wenn sich der Pflegebedarf erhöht hat, führt eine zügige Begutachtung dazu, dass nötige Leistungen rascher bewilligt werden. Einer Studie des Medizinischen Dienstes zufolge sind außerdem viele Menschen mit dem Ergebnis zufrieden, weil es im Großteil der Fälle weder zu gravierenden Fehleinschätzungen noch zu unnötigen Verzögerungen kommt.

Was sollten Betroffene vor dem Anruf unbedingt beachten?

Es ist sinnvoll, sich den zuvor ausgefüllten Fragebogen während des Gesprächs bereitzulegen. Wer sich Notizen zu seinen Einschränkungen, zu regelmäßigen Hilfebedarfen oder zu ärztlichen Diagnosen macht, ist in der Lage, beim Telefonat zielsicher Auskunft zu geben.

Bei Nervosität kann es passieren, dass Dinge zu positiv oder zu unvollständig dargestellt werden.

Ein klarer Blick auf die tatsächliche Situation hilft dabei, die Begutachtung realistischer abzubilden. Wenn man den Bogen kopiert und die eigenen Angaben im Gespräch griffbereit hat, sinkt das Risiko, wesentliche Details zu vergessen.

Ist eine Vor-Ort-Begutachtung weiterhin möglich?

Betroffene haben grundsätzlich das Recht, eine persönliche Begutachtung zu Hause zu verlangen. In diesem Fall muss allerdings mit einer längeren Wartezeit gerechnet werden, da die Kapazitäten des Medizinischen Dienstes dafür eingeplant werden müssen.

Bei Erstbegutachtungen oder wenn ein Widerspruchsverfahren läuft, erfolgt ohnehin zwingend ein persönliches Erscheinen. Wer jedoch eine schnelle Klärung anstrebt und bereits in einem Pflegegrad eingestuft ist, kann von der raschen Entscheidung per Telefon profitieren, insbesondere wenn eine Höherstufung dringend benötigt wird.

Telefonbegutachtung gut oder schlecht?

Die telefonische Pflegebegutachtung ist längst gelebte Praxis und wurde ursprünglich eingeführt, um dem Personalmangel beim Medizinischen Dienst entgegenzuwirken. Viele Betroffene empfinden es als Erleichterung, dass eine Entscheidung rascher getroffen werden kann und dass bei zu hohen Wartezeiten die dringend benötigten Leistungen nicht unnötig verzögert werden.

Auf der anderen Seite bleiben bestimmte Sinneseindrücke beim Telefonat zwangsläufig außen vor, was zu Fehleinschätzungen führen kann.

Letztlich ist es wichtig, sich gut auf das Gespräch vorzubereiten und bei Bedarf eine vertraute Person hinzuziehen.

Wer Zweifel am Ergebnis hat, sollte von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen. Der VdK unterstützt in diesem Verfahren, damit die Bedürfnisse der Betroffenen fair und umfassend berücksichtigt werden.