Rente: In diesen Fällen lohnt es sich richtig Rentenpunkte zu kaufen

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Jahr für Jahr beschließt die Bundesregierung Anpassungen der gesetzlichen Rente, die in den vergangenen Jahren durchschnittlich 3 bis 5 Prozent betragen haben. Angesichts des demografischen Wandels stellt das eine bemerkenswerte Entwicklung dar, zumal die Höhe dieser Erhöhungen stark von der Lohnentwicklung, dem Beitragsaufkommen und der wirtschaftlichen Lage abhängig ist.

Dabei stellt sich vielen Menschen die Frage, ob diese Erhöhungen ausreichen, um den Lebensunterhalt im Alter dauerhaft zu sichern, oder ob man zusätzlich vorsorgen sollte.

Im Zuge dieser Überlegungen rückt der gezielte Zukauf sogenannter Rentenpunkte in den Vordergrund. Häufig stehen Interessierte dabei vor dem Pauschalurteil: „Es kommt darauf an“. Tatsächlich hängt der Nutzen eines Rentenpunkt-Kaufs von verschiedenen Faktoren ab. Eine nähere Betrachtung hilft, fundierte Entscheidungen zu treffen.

Was sind Rentenpunkte und warum steigen ihre Preise?

Das System der Rentenversicherung basiert auf Rentenpunkten, die den individuellen Verdienst ins Verhältnis zum Durchschnitt aller Versicherten setzen. Ein Rentenpunkt kostet umso mehr, je höher das Durchschnittseinkommen in Deutschland ausfällt.

Für 2025 liegt der Preis pro Rentenpunkt bei rund 9.392 Euro. Die Tendenz ist steigend, weil sich das Durchschnittseinkommen im Zeitverlauf in der Regel nach oben bewegt – unter anderem durch Inflation, Tarifabschlüsse oder wirtschaftliche Entwicklungen.

Gleichzeitig steigt der Wert eines Rentenpunktes als Rentenleistung ebenfalls, wie eingangs erwähnt, in den vergangenen Jahren um durchschnittlich 2 Prozent pro Jahr. Diese Anpassung dient im Idealfall dazu, Preissteigerungen (Inflation) zu berücksichtigen.

Lohnt sich der Zukauf von Rentenpunkten?

In einem ersten, vereinfachten Vergleich könnten die Anschaffungskosten eines Punktes (aktuell rund 8.437 Euro) mit der resultierenden Rentenerhöhung (knapp 470 Euro brutto im Jahr) gegenübergestellt werden. Die naive Faustformel würde lauten: Wer nach Rentenbeginn mindestens 17 bis 18 Jahre lebt, „holt“ diesen Kaufpreis über die Rente wieder rein.

Allerdings trügt dieser einfache Vergleich, denn es fallen Steuern sowie Sozialabgaben (Kranken und Pflegeversicherung) auf die Rente an. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, dass die Kosten für Rentenpunkte steuerlich absetzbar sind. Außerdem steigen Rentenpunkte üblicherweise mit jeder Rentenerhöhung und passen sich damit an die Lohnentwicklung an.

Für eine gründliche Analyse lassen sich bestimmte Szenarien durchrechnen, in denen das Alter beim Kauf, die voraussichtliche Länge des Rentenbezugs sowie zusätzliche Variablen (z. B. Steuersatz, Inflation, Anlagestrategien) berücksichtigt werden.

Welche Szenarien sollten genauer betrachtet werden?

Um eine solide Entscheidungsgrundlage zu haben, ist es sinnvoll, einige Parameter zu variieren:

  1. Kaufzeitpunkt
    Die Möglichkeiten reichen von 50, 55, 60 und 65 Jahren. Je früher der Einstieg, desto mehr Anpassungen können die Rentenpunkte noch vor Rentenbeginn erfahren. Allerdings hat man dann auch länger Zeit, privat in andere Anlageformen zu investieren.
  2. Persönlicher Steuersatz
    Wenn der Kaufbetrag als Vorsorgeaufwendung steuerlich geltend gemacht wird, kann das die effektiven Anschaffungskosten deutlich senken. Ein beispielhafter Steuervorteil von 40 Prozent reduziert den Netto-Kaufpreis pro Punkt auf etwa 5.000 Euro.
  3. Rentensteigerung und Inflation
    Die jährliche Rentensteigerung wird oft um die 2 Prozent veranschlagt. Aufgrund des demografischen Wandels ist jedoch fraglich, ob solche Anpassungen in Zukunft konstant bleiben können. Gleichzeitig ist eine generelle Inflationsrate von 2 Prozent oder mehr in vielen Prognosen realistisch.
  4. Lebensdauer
    Ein zentraler Faktor: Wer nur zehn Jahre Rente bezieht (Beispiel: Rentenbeginn mit 67, Versterben mit 77), profitiert weniger von dem Zukauf. Wer hingegen 20 oder sogar 30 Jahre Rente bezieht, kann deutlich stärker davon profitieren.
  5. Alternative private Anlage
    Ein Vergleich sollte stets die Rendite einbeziehen, die durch alternative Investments (z. B. ETFSparpläne) erzielt werden könnte. Unterstellt man etwa 4 Prozent Rendite nach Steuern im Jahr, lässt sich abwägen, ob das private Vermögen besser wachsen könnte als die zusätzliche Rentenleistung.

Wann kann sich der Kauf besonders lohnen?

Als Tendenz lässt sich feststellen, dass sich der Zukauf von Rentenpunkten eher für jene lohnen kann, die:

  • nur noch wenige Jahre bis zum Renteneintritt haben,
  • eine relativ hohe Steuerlast während des Erwerbslebens tragen (und dadurch
  • hohe Steuerrückerstattungen für den Zukauf generieren können),
  • voraussichtlich eine hohe Lebenserwartung haben und somit von langen Rentenbezügen profitieren.

Je kürzer die Zeit bis zum Rentenbeginn, desto weniger kann das Geld anderweitig über Zinseszins wachsen. In einer Lebenssituation mit geringerer Risikobereitschaft oder dem Bedürfnis, ein stabiles und garantiertes Einkommen zu sichern, mag der Rentenpunkt-Kauf einen zusätzlichen Vorteil bieten.

Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass eine spätere Rente kaum vererbbar ist und nicht zur Finanzierung akuter Notlagen vor Rentenbeginn genutzt werden kann. Zudem bleibt ein politisches Risiko bestehen: Bei steigenden Steuern und Sozialabgaben reduziert sich die Netto-Rente. Auch die anhaltenden Diskussionen über künftige Rentenniveaus sind nicht zu vernachlässigen.

Welche Risiken gibt es beim Kauf von Rentenpunkten?

  1. Demografischer Wandel
    Das Rentensystem in Deutschland basiert auf dem sogenannten Generationenvertrag: Die aktuell arbeitende Generation finanziert über ihre Beiträge die heutigen Rentnerinnen und Rentner. Bei einer sinkenden Geburtenrate und steigender Lebenserwartung kann dieses Verhältnis unter Druck geraten.
  2. Politische Unsicherheit
    Gesetzliche Änderungen, die Sozialabgaben oder Steuerregelsätze betreffen, können Einfluss auf die NettoRenten haben. Auch die Höhe künftiger Rentenerhöhungen bleibt nur bedingt absehbar.
  3. Geringe Flexibilität
    Das Geld, das in die Rentenversicherung fließt, ist nicht mehr liquide verfügbar. Bei einem plötzlichen Kapitalbedarf bestehen deutlich weniger Möglichkeiten, kurzfristig auf die geleisteten Beiträge zuzugreifen.
  4. Verzicht auf mögliche höhere Renditen
    Wer das gleiche Kapital stattdessen über Jahre in breit gestreute ETF-Portfolios investiert, könnte (je nach Marktbedingungen) eine Rendite erzielen, die den Zuwachs durch Rentenpunkte übersteigt.

Wie berechnet sich die Rente eigentlich?

In Deutschland bildet die gesetzliche Rentenversicherung die zentrale Säule der Altersvorsorge. Ihre Berechnung stützt sich auf eine sogenannte Rentenformel, die mehreren Faktoren Rechnung trägt: den erworbenen Rentenpunkten (auch Entgeltpunkte genannt), dem Rentenwert, sowie dem Zugangsfaktor und dem Rentenfaktor.

Obwohl diese Formel im Detail komplex ist, bleibt sie grundsätzlich nachvollziehbar.

  1. Rentenpunkte (Entgeltpunkte)
    Rentenpunkte spiegeln wider, wie viel eine Person während ihres Berufslebens im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt verdient und in die Rentenversicherung eingezahlt hat. Ein „Durchschnittsverdiener“ erhält pro Jahr genau einen Rentenpunkt. Wer mehr als den Durchschnitt verdient, sammelt anteilig mehr Punkte; wer weniger verdient, entsprechend weniger.
  2. Rentenwert
    Jeder Rentenpunkt ist zu einem bestimmten Zeitpunkt eine gewisse Geldsumme wert. Für das Jahr 2024 liegt der sogenannte Rentenwert bei rund 39,42 Euro je Punkt (West). Dieser Wert wird regelmäßig an die Lohnentwicklung angepasst und dient somit auch als eine Form von Inflationsschutz.
  3. Zugangsfaktor
    Für die Altersrente beträgt der Zugangsfaktor in der Regel 1, wenn der Rentenbeginn in etwa zum gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt erfolgt. Wer früher in Rente geht, muss Abschläge hinnehmen, wer später in Rente geht, erhält Zuschläge.
  4. Rentenfaktor
  5. Für die gewöhnliche Altersrente gilt in der Regel ein Rentenfaktor von 1. Bei Hinterbliebenenrenten (Witwenrente, Waisenrente) gibt es andere Faktoren.

Über die Multiplikation dieser Werte ergibt sich die monatliche Bruttorente. Danach erfolgen Abzüge für Steuern und Sozialbeiträge wie Kranken- und Pflegeversicherung.