Rente: Wechsel von der PKV in die GKV für Rentner möglich

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Viele privatversicherte Rentner möchten in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zurückkehren. Sie versuchen dies oft über die Familienversicherung ihrer Ehepartner, indem sie vorübergehend eine Teilrente statt einer Vollrente beziehen. Dadurch unterschreiten sie für kurze Zeit die relevante Einkommensgrenze.

Anschließend wechseln sie regulär in die GKV, sobald die Familienversicherung greift. Mehrere Sozialgerichte haben zu dieser Praxis widersprüchliche Urteile gefällt. Jetzt entscheidet das Bundessozialgericht (BSG) über die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise.

Warum ein Wechsel so begehrt ist

Viele ältere Privatversicherte sind mit stetig steigenden Beiträgen konfrontiert. Im Rentenalter fällt das Einkommen jedoch häufig geringer aus als während des Berufslebens. Die Belastung durch private Krankenkassenprämien wächst, insbesondere wenn Rücklagen oder Betriebsrenten begrenzt sind.

Eine Rückkehr in die GKV bietet für viele Rentner daher eine finanzielle Entlastung, da gesetzliche Beiträge in der Regel einkommensabhängig sind und im Alter häufig günstiger ausfallen.

Die Familienversicherung ist eine häufig genutzte Option. Dabei werden Einkommen und Rentenbezüge des potenziellen Mitversicherten geprüft. Liegen diese unter einer bestimmten Grenze, kann er oder sie über den Ehegatten in der GKV mitversichert werden.

Genau hier setzt der rechtliche Streit an: Darf eine Person ihre Vollrente kurzzeitig absenken, um die Einkommensgrenze zu unterschreiten, und somit Zugang zur Familienversicherung bekommen?

Rechtlicher Auslöser

Die ehemalige Ampelkoalition bemühte sich um eine Gesetzesänderung des § 10 SGB V. Dieses Vorhaben sollte den kurzzeitigen Wechsel in die Familienversicherung über eine Teilrente unterbinden. Konkret war geplant, dass der Wechsel in eine gesetzliche Mitversicherung verwehrt bleibt, wenn jemand lediglich für einen Übergangszeitraum seine Rente herunterstuft.

Die Regierung scheiterte jedoch vor Inkrafttreten dieser Reform: Ihre Amtszeit endete am 6. November 2024. Das „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG)“ vom 17. Juni 2024 (Bundestagsdrucksache 20/11853) wurde folglich nicht umgesetzt. Damit gilt weiterhin das alte Recht, in dem keine explizite Klausel gegen dieses „Teilentnahme-Manöver“ existiert.

Streit vor den Gerichten

Mehrere Landessozialgerichte kamen zu gegensätzlichen Urteilen.
Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg entschied am 24. Januar 2024 zugunsten eines Klägers. Dieser hatte eine zeitlich begrenzte Teilrente gewählt, um seine Einkünfte zu reduzieren und in die Familienversicherung zu gelangen.

Im Gegensatz dazu stellte das LSG Berlin-Brandenburg fest, dass ein nur kurzzeitiger Teilrentenbezug keine solide Grundlage für den Wechsel in die GKV darstelle. Die dortige Argumentation: Vier Monate Teilrente seien zu wenig, um ein „regelmäßiges“ Einkommen anzunehmen. Nach dieser Lesart greife die Familienversicherung nicht, wenn die Rentenzahlung später wieder erhöht wird.

Diese unterschiedlichen Urteile führten dazu, dass das Bundessozialgericht in Kassel (Az. B 6a/12 KR 3/24 R, vormals B 12 KR 3/24 R) nun eine Grundsatzentscheidung treffen muss. Dabei geht es um die Auslegung von § 10 SGB V und um die Frage, ob ein kurzzeitiger Verzicht auf die Vollrente ausreicht, um sich dauerhaft über den Ehepartner gesetzlich zu versichern.

Was genau ist die Teilrente?

Die Teilrente ermöglicht es, anstelle der vollen Altersrente nur einen prozentualen Anteil zu beziehen. Somit kann eine Person ihre monatlichen Bezüge reduzieren, um unterhalb bestimmter Schwellen zu bleiben. In der Praxis genügt es oft schon, die Rente beispielsweise auf 50 Prozent zu verringern.

Dadurch kann das Gesamteinkommen ausreichend sinken, sodass die Familienversicherung greift. Anschließend, sobald die Mitversicherung offiziell läuft, stellen manche Betroffene einen Antrag auf Anhebung zur Vollrente. Sie bleiben dann weiterhin in der gesetzlichen Kasse, meist als freiwillig Versicherte.

Praktische Auswirkungen für Rentner

1. Finanzielle Entlastung
Wer erfolgreich in die GKV wechselt, zahlt oft niedrigere Beiträge. Die Ersparnis kann gerade im Ruhestand erheblich sein. Das steigert das verfügbare Einkommen für Alltagskosten oder Freizeitaktivitäten.

2. Planbarkeit im Alter
Die gesetzliche Krankenversicherung bietet eine gewisse Stabilität bei den Beiträgen. Personen, die in fortgeschrittenem Alter nicht mehr mit hohen Privattarifen zurechtkommen, suchen daher nach einem verlässlichen Ausweg.

3. Rechtliche Unsicherheit
Bis das Bundessozialgericht urteilt, bleibt die Lage unklar. Wer bereits den Wechsel versucht hat, kann mit Rückforderungen oder Ablehnungsbescheiden konfrontiert werden, falls die Gerichte die Praxis als rechtswidrig einstufen.

Beispiele aus dem Alltag

Frau M.
Frau M., 68 Jahre alt, hatte über Jahrzehnte eine private Krankenversicherung. Nach Eintritt ins Rentenalter stellte sie fest, dass die monatlichen Kosten kaum noch zu stemmen waren. Ihr Ehemann ist gesetzlich versichert. Sie entschied sich deshalb, ihre Vollrente zunächst für sechs Monate auf 60 Prozent zu reduzieren.

Das senkte ihr Gesamteinkommen. Ihre Krankenkasse des Ehepartners gewährte ihr daraufhin die Familienversicherung. Kurze Zeit später stellte Frau M. den Antrag auf Vollrente in voller Höhe. Dabei blieb sie freiwilliges Mitglied in der GKV.

Herr K.
Herr K., 70 Jahre alt, versuchte ein ähnliches Vorgehen mit nur zwei Monaten Teilrente. Seine Kasse verweigerte allerdings die Familienversicherung. Sie argumentierte, diese kurze Phase sei eine reine „Taktik“, die nicht zur gesetzlichen Mitversicherung berechtige.

Er klagte, blieb in seiner PKV und wartete das Urteil vom Landessozialgericht ab. In seinem Fall entschied das Gericht gegen ihn, sodass er weiterhin privat zahlen muss. Jetzt hofft er auf eine endgültige Klärung durch das BSG.

Worum es beim BSG-Verfahren geht

Das oberste deutsche Sozialgericht soll feststellen, ob eine nur vorübergehende Verringerung der Altersrente genug ist, um den Weg in die Familienversicherung zu ebnen. Dabei wird es prüfen, wie der Begriff „regelmäßiges Einkommen“ auszulegen ist. Insbesondere klären die Richter, ob ein kurzfristiger Rentenverzicht als Umgehung des Systems anzusehen ist oder ob die geltende Gesetzeslage diesen Schritt zulässt.

Erst wenn das Bundessozialgericht ein Grundsatzurteil spricht, gibt es Rechtssicherheit. Mögliche Folgen könnten auch eventuelle Nachzahlungsansprüche gegen diejenigen sein, die ihre Beiträge zu Unrecht reduzierten. Allerdings würden Rentner, die sich korrekt an die Regelungen hielten, von einer klaren Bestätigung profitieren.