Wer kurz vor der Rente und steht, fragt sich, ob er oder sie mehr Rente beziehen kann, wenn gleichzeitig ein Schwerbehindertenausweis beantragt wurde.
Denn je nach Höhe des anerkannten Grades der Behinderung – insbesondere ab einem Grad der Behinderung von 50 – lassen sich Abschläge auf die Rente deutlich reduzieren.
Wer die Altersrente vorzeitig in Anspruch nimmt und dabei auf den Schwerbehindertenstatus angewiesen ist, muss jedoch einige Punkte beachten.
Häufig ist zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung noch gar nicht klar, ob das Landesamt für soziale Dienste tatsächlich den Schwerbehindertenausweis bewilligt. Diese Ungewissheit erfordert ein vorausschauendes Vorgehen, um sich finanzielle Nachteile zu ersparen.
Inhaltsverzeichnis
Warum kann sich die Wahl der Rentenart so stark auf die Höhe der monatlichen Auszahlung auswirken?
Zwischen der Altersrente für langjährig Versicherte und der Altersrente für schwerbehinderte Menschen besteht häufig ein Unterschied bei den Abschlägen von rund sieben Prozent.
Wer vor seinem regulären Renteneintrittsalter in Rente gehen möchte, muss pro Monat einen Abschlag in Kauf nehmen. Für langjährig Versicherte liegt dieser Abschlag bei 0,3 Prozent je vorzeitigem Rentenmonat.
“Bei einem Grad der Behinderung ab 50 dagegen kann das frühere Renteneintrittsdatum mit geringerem oder sogar ganz ohne Abschlag einhergehen”, sagt der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt. Dadurch verringert sich nämlich die Rentenkürzung erheblich.
Für Schwerbehinderte lohnt sich daher die Beantragung des Schwerbehindertenausweises besonders, um langfristig von einer höheren monatlichen Rente zu profitieren.
Was ist zu tun, wenn der Schwerbehindertenantrag noch nicht durch ist?
Ein Dilemma entsteht, wenn die Zeit für den Rentenantrag drängt und die Entscheidung über den Schwerbehindertenausweis noch aussteht.
Einige haben lediglich einen Antrag gestellt und warten noch auf eine Rückmeldung. Andere wiederum haben bereits einen Ablehnungsbescheid erhalten und befinden sich im Widerspruchsverfahren.
In beiden Fällen ist offiziell noch keine Schwerbehinderung anerkannt, obwohl diese gegebenenfalls später rückwirkend bestätigt werden könnte. Für den Rentenantrag ist dies ein entscheidender Punkt, denn es muss bereits darin vermerkt werden, dass noch ein Verfahren nach dem Schwerbehindertenrecht läuft.
“Nur so lässt sich im Falle einer Bewilligung der Schwerbehinderung nachträglich auf die für schwerbehinderte Menschen vorteilhaftere Rentenart wechseln”, mahnt Anhalt.
Wie kann man sich den günstigeren Rentenweg sicherstellen?
Die wichtigste Empfehlung lautet, im Rentenantrag von Anfang an zu vermerken, dass ein Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung gestellt wurde oder ein Widerspruchsverfahren anhängig ist.
Es empfiehlt sich außerdem, das Aktenzeichen und alle bekannten Angaben zu diesem Verfahren einzutragen. “Wird nachträglich entschieden, dass tatsächlich ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 vorliegt, kann die Deutsche Rentenversicherung auf die Altersrente für schwerbehinderte Menschen umstellen”, rät der Experte.
“Ohne diesen Hinweis im Antrag wäre das später nicht mehr möglich. Wer bereits die Altersrente für langjährig Versicherte bezieht, kann in der Regel nicht rückwirkend in die Rentenart für Schwerbehinderte wechseln. Daher ist der explizite Vermerk ein unverzichtbares Element bei der Antragsstellung.”
Lesen Sie auch:
– Schwerbehinderung: Neuer EU-Schwerbehindertenausweis und der EU-Behindertenparkausweis kommen
Wie unterscheiden sich die beiden Rentenarten bei genauerem Hinsehen?
Langjährig Versicherte können vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen, müssen jedoch bei jeder vorgezogenen Zahlung Abschläge hinnehmen. Bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist diese Abschlagsbelastung geringer oder entfällt ganz, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind.
Viele Betroffene stehen dennoch vor Unsicherheiten, da sie nicht wissen, ob ihr Gesundheitsschaden aus Sicht der Behörden ausreicht, um die Schwerbehinderteneigenschaft zu erhalten.
Entscheidend ist, dass man sich sowohl im Renten- als auch im Schwerbehindertenverfahren umfassend informiert und sämtliche benötigten Unterlagen einreicht. Häufig wird die Einschätzung der gesundheitlichen Lage noch medizinisch überprüft, bevor die Behörde einen finalen Bescheid erlässt.
Frühes Handeln ist wichtig
Zeitdruck entsteht für Betroffene nicht nur durch das nahende Rentenalter, sondern oft auch durch die langen Bearbeitungszeiten der Behörden. Wer vorzeitig den Antrag auf den Schwerbehindertenausweis stellt und parallel das Rentenverfahren vorbereitet, bleibt flexibler. Scheitert der Antrag auf Schwerbehinderung oder dauert das Verfahren zu lange, kommt zunächst die Altersrente für langjährig Versicherte infrage.
“Führt das Verfahren später doch noch zum gewünschten Schwerbehindertenausweis, kann man – unter der Voraussetzung, dass dies im ersten Rentenantrag entsprechend angegeben wurde – auf die für schwerbehinderte Menschen attraktivere Rente wechseln”, sagt Anhalt. Gerade für Betroffene, die dauerhaft eingeschränkt sind, ist dies ein bedeutender Vorteil für ihre Rentenzeit.
Wie kann man sich gezielt informieren und beraten lassen?
Kompetente Beratung bieten nicht nur die gesetzlichen Rentenversicherungsträger, sondern auch Einrichtungen wie der Sozialverband SoVD oder andere spezialisierte Beratungsstellen.
Ein Gespräch mit Fachleuten hilft, die relevanten Nachweise und Fristen im Blick zu behalten und die für die eigene Biografie beste Entscheidung zu treffen.
Langfristigen Folgen durch falschen Rentenantrag
Ein zu früher oder unvollständig formulierter Rentenantrag kann sich dauerhaft negativ auf die finanzielle Situation im Ruhestand auswirken. Gerade weil die monatliche Rentenhöhe bis zum Lebensende festgelegt bleibt, lässt sich durch eine sorgfältige Planung und die Berücksichtigung aller Ansprüche oft viel Geld sparen.
Wer zu ungeduldig ist und sich zu wenig über seine Rechte informiert, geht womöglich mit deutlich höheren Abschlägen in Rente. Das lässt sich vermeiden, indem man die eigene gesundheitliche Situation aufmerksam prüft und gegebenenfalls die Schwerbehindertenanerkennung abwartet oder zumindest den laufenden Antrag im Rentenformular erwähnt.
Wie geht es weiter, wenn die Schwerbehinderung offiziell anerkannt ist?
Sobald die Behörde den Schwerbehindertenausweis bewilligt, erhält man einen entsprechenden Bescheid mit dem Grad der Behinderung.
Im Idealfall wurde dieser Status bereits beim Rentenantrag erwähnt, sodass die Rentenversicherung auf die Altersrente für schwerbehinderte Menschen umstellen kann. Damit kann sich die Rentenhöhe erhöhen oder zumindest der Abschlag reduzieren.
Die genaue Berechnung erfolgt durch die Rentenversicherung, da verschiedene Kriterien wie Beitragsjahre, Verdiensthöhe und Versicherungszeiten berücksichtigt werden. Sollte der Bescheid negativ ausfallen und nur ein GdB unter 50 festgestellt werden, besteht die Möglichkeit des Widerspruchs, bei dem man gegebenenfalls zusätzliche medizinische Nachweise einreichen kann.
Führt die Schwerbehinderteneigenschaft immer zu einem automatischen Rentenvorteil?
Obwohl in vielen Fällen ein Schwerbehindertenausweis eine deutlich verbesserte Rentensituation bedeutet, hängt das tatsächliche Ergebnis stets vom individuellen Versicherungsleben und von der geplanten Rentenart ab. Vor allem Menschen, die ihre Regelaltersgrenze nahezu erreicht haben, müssen genau rechnen, ob der Vorteil noch vorhanden ist.
Entscheidend ist, dass man alle Zeiträume, Einkünfte und gesundheitlichen Aspekte offenlegt. Mitunter lohnt es sich sogar, den Rentenbeginn geringfügig zu verschieben, um den Abschlag weiter zu verringern.
Wer mit beiden Rentenarten – für langjährig Versicherte und für schwerbehinderte Menschen – rechnet, erkennt in den meisten Fällen, dass die Variante für Schwerbehinderte häufig die finanziell attraktivere ist.
Ein Beispiel aus der Praxis
Zum Schluss noch ein Beispiel aus der Praxis von Dr. Utz Anhalt: Petra M. ist 63 Jahre alt und steht kurz vor ihrem geplanten Rentenbeginn. Da sie gesundheitlich stark eingeschränkt ist, hat sie vor einigen Monaten beim zuständigen Landesamt einen Schwerbehindertenausweis beantragt.
Gleichzeitig musste sie den Rentenantrag stellen, weil ihr Arbeitsvertrag ausgelaufen ist und sie nun keine Einkünfte mehr hat. Beim Ausfüllen des Rentenantrags gab sie an, dass sie noch auf die Entscheidung des Schwerbehindertenverfahrens wartet.
Zwar konnte sie vorerst nur die Altersrente für langjährig Versicherte beantragen, doch sobald der Bescheid zur Schwerbehinderung vorliegt, möchte sie in die für schwerbehinderte Menschen günstigere Rentenart wechseln.
Als der GdB von 50 schließlich offiziell anerkannt wurde, korrigierte die Rentenversicherung ihre Entscheidung. Dadurch muss Petra M. monatlich weniger Abschläge hinnehmen und erhält eine höhere Altersrente, als wenn sie ihren Antrag nicht um diesen Hinweis ergänzt hätte.