Schwerbehinderung: Darf die Behörde zur vorzeitigen Rente zwingen?

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Als Mensch mit Schwerbehinderung haben Sie mit 35 Jahren Versicherungszeit das Recht auf eine vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Mit Abschlägen können Sie bereits mit 62 Jahren in den Ruhestand eintreten.

Wie sieht es jetzt aus, wenn Sie im Bürgergeld-Bezug sind? Darf das Jobcenter dann eine vorzeitige Rente mit Abschlägen anordnen?

Schwerbehinderung nahe der Rente?

Die Frage stellt sich nicht selten, denn Schwerbehinderung entsteht oft erst in fortgeschrittenem Alter. Beschäftigte erkranken und können wegen einer folgenden Einschränkung ihren alten Job nicht mehr ausüben.

Nach dem Krankengeld beziehen sie Arbeitslosengeld. Wenn Sie weiterhin als erwerbsfähig gelten (und das ist auch bei einer teilweisen Erwerbsminderung der Fall), dann landen Sie nach dem Arbeitslosengeld im Bürgergeld.

Als älterer Mensch rückt jetzt bei einer Schwerbehinderung der Tag näher, an dem Sie eine Altersrente mit Abzügen beginnen könnten. Für das Jobcenter besteht ein Interesse daran, dass Sie diese Rente wahrnehmen, denn dann entfällt der Anspruch auf Bürgergeld.

Einschnitte bei der Rente

Die Abschläge summieren sich. Für jeden Monat, den Sie vorzeitig in den Ruhestand gehen, sinkt ihre monatliche Rente um 0,3 Prozent. Bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen können Sie ohne Abschläge zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze das Erwerbsleben beenden. Mit Abschlägen können Sie die Rente noch einmal um drei Jahre vorziehen.

Wenn Sie die möglichen vollen drei Jahre mit Abschlägen beanspruchen, dann bedeutet das ein monatliches Rentenminus von 10,8 Prozent, und das gilt für den Rest ihres Lebens.

Darf das Jobcenter die Rente erzwingen?

Menschen mit Schwerbehinderung kurz vor dem Rentenalter gelten beim Jobcenter als kaum vermittelbar. An dieser Stelle gibt es jedoch eine Entwarnung: Das Jobcenter darf nicht von Ihnen verlangen, dass Sie eine vorzeitige Altersrente mit Abschlägen in Anspruch nehmen.

Der Bezug von Bürgergeld hat für Sie den Vorteil, dass Sie die Abschläge auf die Rente verringern können.

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Sie sind zur Mitwirkung verpflichtet

Auch wenn Sie als schwer vermittelbar gelten, ist das Bürgergeld trotzdem kein „bedingungsloses Grundeinkommen“. Sie gelten grundsätzlich als erwerbsfähig und verpflichten sich dazu, alles zu tun, um in ein Arbeitsverhältnis zu kommen.

Sie müssen sich also weiterhin bewerben, an Maßnahmen des Jobcenters teilnehmen, oder möglicherweise Weiterbildungen besuchen.

Wie ist die gesetzliche Grundlage?

Bis zum 31.12.2026 gilt eine Übergangsregelung: Das Jobcenter darf Sie nicht dazu zwingen, eine vorgezogene Altersrente mit Abschlag in Anspruch zu nehmen. Ab dem 01. Januar 2027 ist das dann wieder möglich, wenn die Übergangsregelung nicht fixiert wird.

Gilt das auch bei einer Rente ohne Abschlag?

Die Übergangsregelung bezieht sich ausdrücklich auf vorgezogene Altersrenten, für die Sie Abschläge hinnehmen müssen. Altersrenten ohne Abschläge sind davon ausgenommen. Das bedeutet: Wenn Sie zwei Jahre früher ohne Abschläge in Rente gehen können, dann haben Sie ab dem Stichtag keinen Anspruch mehr auf Bürgergeld.

Das gilt nicht nur für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen sondern auch für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

Was ist bei Erwerbsminderung?

Erwerbsminderung und Schwerbehinderung sind nicht identisch. Sie überschneiden sich jedoch häufig. In diesem Fall hat das Jobcenter tatsächlich die Möglichkeit, Sie zur Prüfung einer Rente zu zwingen.

Voraussetzung ist, dass das Jobcenter meint, dass Sie keine Erwerbsleistung mehr erbringen können. Dann wären Sie nicht erwerbsfähig und somt auch nicht berechtigt, Bürgergeld zu beziehen.

Die zuständige Behörde kann verlangen, dass Sie bei der Rentenversicherung einen Antrag auf Reha stellen. Wenn die Reha nicht zur Verbesserung führt, kann die Behörde fordern, dass Sie einen Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente stellen.

Das läuft aber nicht willkürlich. Das Jobcenter muss vielmehr nachweisen, dass Sie erwerbsgemindert sind, und somit im Sinne des Bürgergeldes nicht mehr erwerbsfähig. Dafür muss die Behörde ein medizinisches Gutachten erstellen lassen.