Viele Menschen mit einer Schwerbehinderung wissen gar nicht, dass es möglich ist, zwei Jahre früher in Rente zu gehen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Einer der wichtigsten Gründe hierfür ist eine anerkannte Schwerbehinderung.
Doch dieses Recht kann schnell verloren gehen, wenn man bestimmte Dinge nicht beachtet – insbesondere kurz vor Renteneintritt. In diesem Beitrag erfahren Sie, warum ein falscher Antrag Ihre Rente kosten kann, welche Bedingungen Sie erfüllen müssen und wie Sie sich als schwerbehinderter Mensch vor bösen Überraschungen schützen.
Dr. Utz Anhalt: Das kostet Dich die Rente
Warum kann ich als Schwerbehinderte*r früher in Rente gehen?
Der Gesetzgeber hat verschiedene Nachteilsausgleiche geschaffen, damit Menschen mit einer Schwerbehinderung in vollem Umfang am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Einer dieser Nachteilsausgleiche ist die Möglichkeit, zwei Jahre vor dem regulären Rentenalter in Rente zu gehen. Wer also offiziell als schwerbehindert anerkannt ist (mindestens Grad der Behinderung von 50) und die erforderlichen Versicherungszeiten erfüllt, kann den Renteneintritt entsprechend vorziehen.
Welche Voraussetzungen sind für die vorgezogene Altersrente wichtig?
- Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50
Erst ab einem Grad der Behinderung von 50 gilt man als „schwerbehindert“ und kann Nachteilsausgleiche – wie die vorgezogene Altersrente – in Anspruch nehmen. - 35 Jahre Wartezeit (Versicherungsjahre)
Zusätzlich muss man mindestens 35 Jahre in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt haben. Hierzu zählen neben Beitragszeiten auch bestimmte Anrechnungszeiten wie zum Beispiel Kindererziehungszeiten oder Zeiten der Pflege von Angehörigen.
Befristeter oder unbefristeter Schwerbehindertenausweis – Was bedeutet das?
- Unbefristeter Ausweis
Mit einem unbefristeten Schwerbehindertenausweis sind Sie auf der sicheren Seite. Verliert man diesen Status nicht, steht einem vorgezogenen Rentenbeginn nichts im Wege – vorausgesetzt, alle formellen und zeitlichen Voraussetzungen (z. B. 35 Versicherungsjahre) sind erfüllt. - Befristeter Ausweis
Anders sieht es bei einem befristeten Schwerbehindertenausweis aus: Läuft dieser nur wenige Jahre vor Ihrem Rentenbeginn ab, riskieren Sie, den Anspruch auf die vorgezogene Rente zu verlieren. Insbesondere bei einer Nachprüfung, die kurz vor dem Rentenbeginn stattfindet, kann es passieren, dass der GdB herabgesetzt wird. Verliert man damit den Status „schwerbehindert“, muss man im schlimmsten Fall wieder den regulären Renteneintritt abwarten – also zwei Jahre länger arbeiten.
Was ist der entscheidende Fehler, den ich unbedingt vermeiden muss?
Stellen Sie kurz vor der Rente keinen Verschlimmerungsantrag.
Warum? Ein Verschlimmerungsantrag soll eigentlich dazu dienen, dass der GdB angehoben wird und Sie eventuell mehr Nachteilsausgleiche erhalten. Doch das Problem: Wenn die Behörden bei der Überprüfung feststellen, dass sich Ihr Gesundheitszustand entgegen Ihrer Einschätzung sogar verbessert hat, kann der GdB herabgesetzt werden. Haben Sie bislang einen GdB von 50 oder mehr (schwerbehindert), kann es nach einer solchen Prüfung plötzlich nur noch 40 sein. Das bedeutet: Kein Schwerbehindertenstatus mehr – und damit auch kein Anrecht mehr auf die vorgezogene Altersrente.
Wann sollte ich einen Verschlimmerungsantrag stellen?
Wenn Sie kurz vor Ihrem vorgezogenen Rentenbeginn stehen, sollten Sie sich genau überlegen, ob es sinnvoll ist, jetzt noch einen Verschlimmerungsantrag zu stellen.
- Warten Sie, bis die Rente beginnt
Sobald Sie sich in der Altersrente für schwerbehinderte Menschen befinden, kann Ihnen diese Leistung nicht mehr entzogen werden, selbst wenn Ihr GdB später wieder sinkt. - Erst nach Renteneintritt
Stellen Sie den Verschlimmerungsantrag erst nach dem Erhalt Ihrer Rente. Dann haben Sie die Chance auf zusätzliche Nachteilsausgleiche, ohne das Risiko, Ihren Rentenanspruch zu verlieren.
Kann mir die Rente wieder entzogen werden, wenn ich nachträglich meinen Schwerbehindertenstatus verliere?
Sobald Sie offiziell in der Altersrente für schwerbehinderte Menschen sind, kann Ihnen diese Rente nicht mehr gestrichen werden. Selbst wenn bei einer späteren Überprüfung festgestellt wird, dass Ihr GdB unter 50 fällt, behalten Sie Ihren Rentenanspruch unverändert. Entscheidend ist aber, dass Sie zum Zeitpunkt des Rentenbeginns tatsächlich als schwerbehindert anerkannt sind. Ist dieser Status nur einen Tag vorher erloschen, müssen Sie die reguläre Rente (zwei Jahre später) in Anspruch nehmen.
Worauf sollte ich kurz vor Renteneintritt besonders achten?
- Statusprüfung
Prüfen Sie, ob Ihr Schwerbehindertenausweis noch gültig ist und ob eine Nachprüfung ansteht. - Zeitpunkt des Rentenantrags
Beantragen Sie die vorgezogene Altersrente rechtzeitig und stellen Sie sicher, dass Ihr Status zum Zeitpunkt des Rentenbeginns ununterbrochen vorhanden ist. - Verschlimmerungsantrag
Überlegen Sie gut, ob Sie wirklich kurz vor Ihrer Rente eine Erhöhung des GdB anstreben wollen. Das Risiko einer Herabstufung könnte Ihre Pläne durchkreuzen.
Wie schütze ich meinen Anspruch auf die vorgezogene Rente?
Um als schwerbehinderter Mensch von der zwei Jahre früher möglichen Altersrente zu profitieren, sind zwei Punkte entscheidend: Sie brauchen einen GdB von mindestens 50 und müssen eine Wartezeit von 35 Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen. Beachten Sie außerdem, dass Sie Ihren Schwerbehindertenstatus unbedingt bis zum Zeitpunkt des Rentenbeginns aufrechterhalten sollten.
Ein unüberlegter Verschlimmerungsantrag kurz vor dem Rentenstart kann Sie diesen Status kosten und damit das Recht auf die vorgezogene Rente zunichtemachen.
Wenn Sie die nötigen Voraussetzungen erfüllen und sorgsam mit Ihrem Status umgehen, können Sie ohne Bedenken in die vorgezogene Altersrente starten. Achten Sie darauf, sich im Zweifel rechtlich beraten zu lassen und keinerlei Schritte zu unternehmen, die Ihre lang geplante Frührente gefährden könnten.
- Über den Autor
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.