Schwerbehinderung: Merkzeichen G bei schlechtem Trainingszustand?

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Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass ein mangelnder Trainingszustand nicht als Grundlage fรผr die Zuerkennung des Merkzeichens G bei einer Schwerbehinderung dient. AZ: L 13 SB 89/16

Die Klรคgerin, die seit Januar 2013 die Anerkennung der Merkzeichen G und B begehrt, konnte ihre Bewegungsfรคhigkeit im StraรŸenverkehr nicht als hinreichend eingeschrรคnkt nachweisen. Der Klรคgerin wurde bereits 2010 ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 zuerkannt, jedoch lehnte das Gericht eine weitere Erhรถhung und die Zuerkennung der begehrten Merkzeichen ab.

Ausgangslage und medizinische Bewertung

Die Klรคgerin, Jahrgang 1960, hatte bereits 2010 einen GdB von 60 aufgrund mehrerer gesundheitlicher Beeintrรคchtigungen erhalten, darunter psychische Stรถrungen und orthopรคdische Probleme. 2013 stellte sie einen Antrag auf Neufeststellung des GdB und die Zuerkennung der Merkzeichen G und B, da sie eine Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Situation geltend machte.

Sie klagte รผber anhaltende Schmerzen in Rรผcken, Hรผfte und Knien, sowie รผber psychische Beeintrรคchtigungen wie Angst und Panikattacken, die ihre Mobilitรคt einschrรคnken wรผrden.

Keine Verรคnderung durch Widerspruchsverfahren

Der Beklagte, die zustรคndige Behรถrde, wertete รคrztliche Atteste aus und lehnte den Antrag der Klรคgerin ab. Auch das Widerspruchsverfahren brachte keine ร„nderung, sodass die Klรคgerin 2014 Klage beim Sozialgericht einreichte.

Im Laufe des Verfahrens erkannte der Beklagte aufgrund einer Verschlechterung der Hรถrfรคhigkeit der Klรคgerin einen GdB von 80 an, lehnte jedoch weiterhin die Zuerkennung der Merkzeichen G und B ab.

Gutachterliche Einschรคtzungen

Das Sozialgericht beauftragte einen Facharzt fรผr Allgemeinmedizin mit einem Gutachten, der die Klรคgerin eingehend untersuchte. Der Gutachter stellte fest, dass die Klรคgerin trotz der von ihr geschilderten Beschwerden in der Lage sei, eine Strecke von 2000 Metern innerhalb von 30 Minuten zu bewรคltigen und dabei auch Treppen ohne Probleme steigen kรถnne. Der Sachverstรคndige betonte, dass das Gangbild der Klรคgerin stabil und ohne Hilfsmittel mรถglich sei.

Einschrรคnkungen aufgrund fehlendem Trainings

Im Berufungsverfahren wurde ein weiterer Gutachter hinzugezogen, der Facharzt fรผr Innere Medizin und Psychosomatik ist. Dieser bestรคtigte weitgehend die Einschรคtzungen des ersten Gutachters, stellte jedoch fest, dass die Klรคgerin fรผr die Bewรคltigung der 2000 Meter mehr als 30 Minuten benรถtigen kรถnnte.

Dies sei jedoch auf eine psychomotorische Verlangsamung und mangelnde Kondition zurรผckzufรผhren, die wiederum durch Training verbessert werden kรถnnten. Die Nutzung รถffentlicher Verkehrsmittel sei der Klรคgerin ebenfalls ohne fremde Hilfe mรถglich, wenngleich sie sich aus Gewohnheit oft begleiten lasse.

Gerichtliche Entscheidung und Begrรผndung

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg folgte den Einschรคtzungen der Sachverstรคndigen und wies die Berufung der Klรคgerin ab. Nach den gesetzlichen Vorgaben des ยง 229 Abs. 1 SGB IX ist fรผr die Zuerkennung des Merkzeichens G entscheidend, dass die Einschrรคnkung des Gehvermรถgens auf eine Behinderung zurรผckzufรผhren ist, die die Bewegungsfรคhigkeit im StraรŸenverkehr erheblich beeintrรคchtigt.

Das Gericht stellte klar, dass der mangelnde Trainingszustand und die dadurch bedingte Verlangsamung der Klรคgerin nicht auf eine solche Behinderung zurรผckzufรผhren seien, sondern auf persรถnliche Faktoren, die durch Training รผberwunden werden kรถnnten.

Merkzeichen B ebenfalls abgelehnt

Auch das Merkzeichen B, das die Mitnahme einer Begleitperson in รถffentlichen Verkehrsmitteln ermรถglicht, wurde der Klรคgerin verweigert. Das Gericht fรผhrte aus, dass die Klรคgerin nicht regelmรครŸig auf fremde Hilfe angewiesen sei, sondern sich lediglich aus Gewohnheit begleiten lasse. Die gesetzlichen Voraussetzungen fรผr die Zuerkennung des Merkzeichens B seien somit ebenfalls nicht erfรผllt.

Zusammenfassung

Das Urteil verdeutlicht, dass fรผr die Zuerkennung von Nachteilsausgleichen wie den Merkzeichen G und B nach dem SGB IX die gesundheitlichen Beeintrรคchtigungen klar auf eine Behinderung zurรผckzufรผhren sein mรผssen. Ein schlechter Trainingszustand oder eine mangelnde Kondition sind keine ausreichenden Grรผnde fรผr die Anerkennung.

Betroffene mรผssen in der Lage sein, ihre gesundheitlichen Einschrรคnkungen durch geeignete MaรŸnahmen, wie Training, zu verbessern, um einen Anspruch auf diese Merkzeichen geltend machen zu kรถnnen.