Schwerbehinderung: Mehrbedarf wenn man den Ausweis dabei hat

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Ein Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung gilt erst mit Vorlage des Schwerbehindertenausweises. Eine in der Begrรผndung des Bescheides getroffene Feststellung, seit wann die Behinderung besteht, spielt keine Rolle. So urteilte das Sozialgericht Wiesbaden.

Mehrbedarf auch fรผr die Zeit vor dem Schwerbehindertenausweis

Der Betroffene bezog Sozialhilfe und verlangte, ihm einen Mehrbedarf als Schwerbehinderter mit Merkzeichen โ€žGโ€œ auch fรผr eine bestimmte Zeit zu gewรคhren, bevor das Versorgungsamt seinen Ausweis ausstellte. Er begrรผndete dies damit, dass die Behinderung bereits zuvor bestand und die zustรคndige Behรถrde dies auch bestรคtigte.

Grad der Behinderung von 100 und Merkzeichen Gehbehinderung

Das zustรคndige Versorgungsamt stellte fest, dass bei ihm die Voraussetzungen fรผr das Merkzeichen โ€žGโ€œ vorliegen und er einen Grad der Behinderung von 100 habe. Die Behรถrde erklรคrte in ihrem Bescheid auรŸerdem, dass diese Einschrรคnkungen bereits seit eineinhalb Jahren vorhanden waren, bevor er seinen Schwerbehindertenausweis erhielt. Darauf bezog sich der Klรคger.

Mehrbedarf erst ab Ausstellung des Ausweises

Die zustรคndige Behรถrde fรผr Soziale Arbeit bewilligte ihm einen Mehrbedarf als Schwerbehinderter von 61,03 Euro pro Monat, allerdings erst ab Ausstellung des Ausweises. Der Betroffene begehrte jetzt, den Mehrbedarf bereits fรผr die Zeit zu zahlen, seit der die Voraussetzungen fรผr eine Schwerbehinderung vorlagen und legte Widerspruch ein.

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Anspruch entsteht erst mit dem Ausweis

Die Behรถrde wies den Widerspruch ab und erklรคrte ihn fรผr unbegrรผndet. Sie berief sich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts, nach dem ein Anspruch auf den pauschalierten Mehrbedarf nicht vor dem Ausstellen des jeweiligen Schwerbehindertenausweises eintrete. (B 8 SO 12/10 R).

Klage vor dem Sozialgericht

Der Betroffene klagte vor dem Sozialgericht Wiesbaden und argumentierte, seine erhebliche Behinderung sei bereits vor der Ausstellung des Ausweises aktenkundig gewesen, und die rรผckwirkende Festlegung des Eintritts seiner Behinderung wรผrde auch steuerrechtlich berรผcksichtigt.

Er beantragte, die Behรถrde fรผr Soziale Arbeit zu verurteilen, ihm fรผr die Zeit vom anerkannten Beginn seiner Behinderung bis zur Ausstellung des Ausweises einen Mehrbedarf zu gewรคhren, in Hรถhe von 17 Prozent des Regelbedarfs nach dem Sozialgesetzbuch XII.

Die Behรถrde fรผr Soziale Arbeit beantragte, die Klage abzuweisen. Ihr sei nicht bekannt gewesen, dass der Klรคger vor der Ausstellung des Ausweises einen Antrag auf Zuerkennung einer Schwerbehinderung gestellt habe.

Einem Sozialhilfetrรคger sei nicht zuzumuten, die Notwendigkeit einer Leistung zu erahnen. Es bestรผnde zum Beispiel auch kein Anspruch darauf, nachtrรคglich hรถhere Leistungen der Hilfe zur Pflege zu gewรคhren, wenn die Pflegekasse nachtrรคglich eine hรถhere Pflegestufe zuerkenne. Eine Behรถrde kรถnne mรถgliche Mehraufwendungen erst dann prรผfen, wenn dafรผr Nachweise vorliegen.

Das Sozialgericht erklรคrt die Klage fรผr unbegrรผndet

Das Sozialgericht sprach dem Klรคger keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf vor der Ausstellung seines Schwerbehindertenausweises zu. Ein solcher Mehrbedarf sei anzuerkennen, wenn die Betroffenen ihre Schwerbehinderung durch einen Bescheid des Versorgungsamtes oder einen Schwerbehindertenausweis nachweisen wรผrden. Dies hรคtte der Klรคger getan und fรผr die Zeit seit diesem Nachweis beziehe er den entsprechenden Mehrbedarf.

Sozialhilfeleistungen seien erst ab dem Zeitpunkt zu gewรคhren, zu dem die Voraussetzungen beim zustรคndigen Sozialhilfetrรคger aktenkundig wรผrden. Die amtliche Bescheinigung, dass seine Behinderung bereits eineinhalb Jahre zuvor eingetreten war, fรผhre nicht automatisch zum rรผckwirkenden Anspruch auf einen Mehrbedarf.

Denn hier stehe klar im Gesetz, dass dieser erst gewรคhrt werden kรถnne, wenn beim Sozialhilfetrรคger ein Bescheid des Versorgungsamtes oder ein Schwerbehindertenausweis vorliege. Im Umkehrschluss hieรŸe das: Vorher besteht kein Anspruch.

Es ginge laut dem Bundessozialgericht (B 8So 12/10 R) nicht darum, ob und ab wann die Voraussetzungen fรผr den Nachteilsausgleich โ€žGโ€œ vorliegen, sondern darum, den entsprechenden Ausweis zu zeigen, um die die Verwaltung zu vereinfachen. Erst, wenn die Feststellung der Schwerbehinderung und des Merkezeichens โ€žGโ€œ aktenkundig bei der Sozialbehรถrde seien, bestรผnde ein Anspruch.