Schwerbehinderung: Tipps und Tricks für das wertvolle Merkzeichen aG

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Das Merkzeichen aG („außergewöhnlich gehbehindert“) ist eines der begehrtesten Merkzeichen für Menschen mit einer Schwerbehinderung. Es ermöglicht nicht nur praktische Vergünstigungen, sondern erleichtert auch den Alltag in zahlreichen Situationen. Dennoch sind die Hürden für die Zuerkennung hoch. In diesem Beitrag erklären wir die Voraussetzungen und wir zeigen einen “Trick”, der beim Beantragen des Merkzeichens aG hilfreich sein kann.

Was bedeutet überhaupt das Merkzeichen aG genau?

Das Merkzeichen aG steht für „außergewöhnlich gehbehindert“ und verdeutlicht, dass die Einschränkungen beim Gehen stark von gewöhnlichen Gehbehinderungen abweichen. Wer dieses Merkzeichen erhält, gehört zu einem Personenkreis, der aus medizinischer Sicht nur unter erschwerten Bedingungen oder mit großen Anstrengungen Wege zurücklegen kann. Das Wort „außergewöhnlich“ mag zunächst verwirrend klingen. Im Kern geht es jedoch darum, dass die Betroffenen körperlich besonders stark beeinträchtigt sind, sodass selbst kurze Entfernungen zu einer erheblichen Belastung werden.

Welche Vorteile sind mit dem Merkzeichen aG verbunden?

Die Bewilligung des Merkzeichens aG eröffnet umfangreiche Erleichterungen und Vergünstigungen, die im Alltag oft entscheidend sind. Menschen, die auf eine ständige oder sehr weitreichende Unterstützung angewiesen sind, profitieren von speziellen Parkausweisen, wodurch sie auf Behindertenparkplätzen sowie in bestimmten Umweltzonen oder gebührenpflichtigen Parkbereichen parken dürfen.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, finanzielle Hilfen für den Kauf und den Umbau eines Autos zu erhalten, wenn der Betroffene zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug nutzen muss.

Bei notwendigen Fahrten, etwa zu Arztpraxen, Therapien oder in Krankenhäuser, können bestimmte Krankentransporte genehmigt werden. Ein wichtiger Aspekt ist zudem, dass eine nachgewiesene außergewöhnliche Gehbehinderung in vielen Fällen den Anspruch auf eine größere, barrierefreie Wohnung unterstützt, wenn Sozialleistungen wie Grundsicherung oder Bürgergeld (ehemals Hartz IV) bezogen werden. Auf diese Weise kommt das Merkzeichen aG Menschen zugute, die im alltäglichen Leben auf speziell angepasste Räumlichkeiten angewiesen sind.

Welche Voraussetzungen legen Gerichtsurteile fest?

Die rechtlichen Anforderungen sind hoch, denn Behörden und Gerichte überprüfen sehr genau, ob ein Betroffener tatsächlich nur in sehr begrenztem Maße ohne Rollstuhl oder andere Hilfsmittel gehen kann.

Ein wegweisendes Urteil des Bundessozialgerichts hatte dabei Maßstäbe gesetzt, die beschreiben, dass das entscheidende Kriterium nicht die genaue Anzahl der Meter ist, die man noch bewältigen kann. Wichtiger ist vielmehr, in welcher Verfassung sich die Betroffenen befinden, wenn sie kurze Strecken zu Fuß zurücklegen.

Das Bundessozialgericht beschreibt, dass das Gehen schon von den ersten Schritten an von großer Erschöpfung oder starken Schmerzen begleitet sein muss. Wer selbst eine Strecke von rund 30 Metern nur mithilfe von Pausen, mit erheblichen Schmerzen oder unter erheblicher Anstrengung bewältigt, kann die Voraussetzung für das Merkzeichen aG erfüllen. Auch fremde Hilfe kann erforderlich sein, wenn das Risiko besteht, ohne Begleitung zu stürzen.

Neben typischen Beispielgruppen wie Amputierten oder Querschnittsgelähmten zählen inzwischen auch Personen mit chronischen Erkrankungen dazu, sofern sie einem der sogenannten „Regelbeispiele“ gleichzustellen sind.

Wie lässt sich das Merkzeichen aG trotz höherer Gehstrecke beantragen?

Menschen, die zwar mehr als 30 Meter am Stück gehen können, sich jedoch dabei in großer Gefahr befinden, sollten das Thema Sturzrisiko und dauerhafte Bewegungseinschränkung genauer betrachten. Ärztinnen und Ärzte neigen häufig dazu, eine dauerhafte Rollstuhlnutzung zu verordnen, wenn ein erhebliches Risiko für gefährliche Stürze besteht.

Gerade bei neuromuskulären Erkrankungen oder starken altersbedingten Einschränkungen kann ein einzelner Sturz bedrohliche Folgen haben. Wenn dieses Risiko bescheinigt wird, kann es dazu führen, dass man trotz einer objektiv vielleicht etwas längeren Gehstrecke im Sinne der gesetzlichen Vorschriften als außergewöhnlich gehbehindert gilt.

In der Praxis bedeutet dies, dass Betroffene ihren Ärztinnen und Ärzten klarmachen sollten, wie oft es tatsächlich zu Stürzen kommt oder welche Hindernisse im Alltag kaum überwunden werden können. Eine entsprechende medizinische Verordnung kann dann die Grundlage dafür liefern, dass das Versorgungsamt oder das Gericht eine Gleichstellung mit den klassischen Fällen (etwa Doppelamputationen) vornimmt und das Merkzeichen aG bewilligt.

Warum lohnt sich das genaue Prüfen der eigenen Einschränkungen?

Viele Menschen unterschätzen ihr eigenes Sturzrisiko, verharmlosen stärkere Erschöpfung bei kurzen Wegstrecken oder nehmen Schmerzen beim Gehen als gegeben hin.

Im Rahmen eines Antragsverfahrens für das Merkzeichen aG kann es jedoch wichtig sein, diese Gründe offen zu schildern. Ein gelegentliches Verschweigen von Stürzen oder Schmerzepisoden aus Scham oder anderen Gründen führt häufig dazu, dass Behörden den Grad der Einschränkung geringer einschätzen und eine Bewilligung ablehnen.

Wer hingegen von Beginn an sämtliche Befunde, Verordnungen sowie ärztlichen Einschätzungen darlegt, hat bessere Chancen, dass der Antrag genehmigt wird. Wichtig ist, dass die dokumentierten Symptome, Beschwerden und Mobilitätseinschränkungen klar erkennen lassen, wie stark die Einschränkungen tatsächlich sind.

Wie kann das persönliche Umfeld unterstützen?

Neben Gutachten und Befunden kann das persönliche soziale Umfeld eine wichtige Rolle bei der Antragstellung spielen. Angehörige oder Betreuende beobachten im Alltag meist sehr genau, wie beschwerlich selbst kurze Fußwege sind. Wer im Antrag oder in Anhörungsbögen auf detaillierte Berichte von Familienmitgliedern oder Pflegekräften verweist, liefert zusätzliche Belege dafür, wie herausfordernd das Gehen tatsächlich ist. Durch eine solche Dokumentation gewinnt die Darstellung der Einschränkungen an Glaubwürdigkeit.

Was ist das Fazit dieses Tricks?

Die konsequente Einbeziehung von Sturzgefahr und angeordneter Rollstuhlnutzung kann dazu führen, dass man trotz verbliebener Gehfähigkeit das Merkzeichen aG erhält. Wer sich also in der Situation befindet, dass jeder Schritt mit erhöhter Sturzgefahr oder schweren Erschöpfungszuständen verbunden ist, sollte diesen Punkt bei Antragstellung klar betonen. Das zeigt, wie wichtig das persönliche Sicherheitsrisiko und der körperliche Kraftaufwand für die endgültige Einschätzung sind.

Abschließend gilt, dass dieses Vorgehen kein „Täuschungsmanöver“ darstellt, sondern ein realitätsnahes Aufzeigen der Gefahren und Belastungen beim Gehen. In vielen Fällen ist es nicht die reine Streckenlänge, sondern gerade die ständige Bedrohung durch Verletzungen und Schmerzen, die einem Menschen den Alltag erschwert und ihn in die Gruppe der außergewöhnlich Gehbehinderten fallen lässt.

Wie geht es weiter, wenn der Antrag abgelehnt wird?

Falls die zuständige Behörde den Antrag trotz entsprechender ärztlicher und persönlicher Nachweise ablehnt, ist ein Widerspruch oft der nächste Schritt. Bei einer anhaltenden Weigerung bleibt die Möglichkeit, den Fall gerichtlich klären zu lassen. Gerade dann, wenn Gerichte die konkreten Umstände überprüfen und ärztliche Gutachten miteinbeziehen, bestehen gute Chancen, dass die Sturzgefahr und die große Anstrengung als ausreichendes Kriterium anerkannt werden.