Rund 5,3 Millionen Menschen sind in Deutschland von Leistungen nach dem SGB II abhรคngig. “Hartz IV” ist mittlerweile in manchen gesellschaftlichen Kreisen ein Schimpfwort. Viele Betroffene sehen sich mit wiederkehrenden Vorurteilen konfrontiert. Viele Mythen sind sachlich falsch und nicht begrรผndbar. Die Diskussion um ein Bรผgergeld ohne Sanktionen hat die Vorurteile weiter angefacht.
Betroffene von Hartz IV haben keinen Bock auf Arbeit?
Das gรคngiste aller Vorurteile. Hartz IV-Bezieher wรผrden faul auf dem Sofa abhรคngen und hรคtten keinen Bock auf Arbeit. Tatsรคchlich liegt die Sanktionsquote lediglich bei 3,1 Prozent.
Das bedeutet, dass lediglich ein kleiner Teil der Betroffenen zu Terminen beim Jobcenter nicht erscheint oder Vermittlungsvorschlรคge grundlos ablehnt. Wer allerdings sanktioniert wird, kann nach wie vor einen wesentlichen Teil der Leistungen gekรผrzt bekommen.
Es gibt keine Hartz IV-Sanktionen mehr?
Das Bundesverfassungsgericht hat 2019 Sanktionen, welche die ausgezahlten Regelsรคtze verringern, wenn Betroffene beispielsweise nicht zu Meldeterminen erscheinen oder Vermittlungsangebote ohne triftigen Grund ablehnen, teilweise als verfassungswidrig bezeichnet.
Seither sind Sanktionen รผber 30 Prozent der Leistungen nicht mehr zulรคssig. Und 30 Prozent von einem Regelsatz von maximal 446 Euro, sind 133,80 Euro! Wer kann von 312,20 Euro im Monat leben? Sozialverbรคnde und Gewerkschaften fordern daher schon seit Beginn des Hartz-Systems die Abschaffung der Sanktionen.
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Hartz IV-Bezieher haben mehr Geld als Geringerverdiener?
Das ist praktisch mรถglich. Der groรe Niedriglohnsektur und magere Mindestlohn in Deutschland fรผhrt dazu, dass Hartz IV-Bezieher ohne arbeit mehr Geld erhalten kรถnnen, als Geringverdiener.
Dabei gilt es jedoch zu berรผcksichtigen, dass ein Groรteil der Betroffenen von Hartz IV Aufstocker sind, also zusรคtzlich zu ihrem Einkommen Hartz IV-Leistungen erhalten, weil sie andernfalls ihren Lebensunterhalt nicht decken kรถnnen.
Auรerdem fรผhren die geringen Freibetrรคge dazu, dass es sich fรผr Betroffene fast gar nicht lohnt, einer Arbeit nachzugehen, da das Einkommen auf die Hartz IV-Sรคtze angerechnet wird. Wer mehr verdient, wird also quasi dafรผr bestraft.
Wer in Hartz IV-Familien aufwรคchst, aus dem wird nichts?
Langzeitstudien zeigen, dass Jugendliche, deren Eltern Arbeitslos waren, abhรคngig von der Dauer der Arbeitslosigkeit ihrer Eltern spรคter selber potentiell lรคnger ohne Arbeit.
Die Sozialisierung hat selbstverstรคndlich einen gewissen Einfluss. Entscheidender aber noch ist das strukturelle Fehlen angemessener Bildungs- und Fรถrderungsprogramme fรผr Kinder und Jugendliche in Armut. Mit geringen Regelsรคtzen, die so schon kaum fรผr den Lebensunterhalt reichen und von denen das Kindergeld noch abgezogen wird, fรคllt es vielen Familien schwer, ihren Kindern den selben Bildungsstandard zu bieten, wie in wohlhabenden Familien. Bild: Asier / AdobeStock
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