Viele Menschen, die unter einer Einschränkungen leiden, kennen das Problem: Die Hürden, um einen Pflegegrad anerkannt zu bekommen, wirken oft hoch und unübersichtlich. Dabei kann es einen entscheidenden Unterschied machen, genau zu wissen, in welchen Bereichen und auf welche Weise zusätzlicher Unterstützungsbedarf geltend gemacht werden kann.
Wer bereits Erfahrung in der Pflege hat, weiß: Es sind manchmal die eher unbekannten Details, die zum gewünschten Ergebnis führen. Besonders spannend ist der Blick auf das Modul „Umgang mit der Krankheit“, denn hier verbirgt sich oft ungenutztes Potenzial.
Inhaltsverzeichnis
Pflegegrad-Rechner hilft
Einen schnellen und anschaulichen Überblick über die wichtigen Punkte bei der Begutachtung erhält man beispielsweise im Pflegegrad-Rechner von Malteser. Hier werden nicht nur die Hauptkategorien wie Mobilität, Selbstversorgung oder Verhaltensweisen dargestellt.
Entscheidend ist auch das Modul mit dem Schwerpunkt „Umgang mit der Krankheit“. In diesem Bereich kann es zu einer nicht unerheblichen Anzahl an Punkten kommen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
„Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung“ und „Besuche medizinischer Einrichtungen“?
Um den entscheidenden Unterschied zu verstehen, hilft ein genauer Blick auf die Module 5.11 und 5.14. Diese beziehen sich auf Therapiemaßnahmen in der häuslichen Umgebung sowie auf die Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen. Wer beispielsweise regelmäßig Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie in einer Praxis aufsucht und dafür Unterstützung benötigt, kann hier punkten.
Entscheidend ist, dass nicht nur die Therapeutin oder der Therapeut selbst hilft, sondern dass eine weitere Person benötigt wird, um überhaupt dorthin zu gelangen oder die Therapie vor Ort durchzuführen.
Wie verschafft ein eigenes Übungsprogramm Punkte im Gutachten?
Im Rahmen der Therapie kommt es häufig vor, dass Ärztinnen und Ärzte oder Therapeutinnen und Therapeuten ein eigenes Übungsprogramm für zu Hause empfehlen. Wird dies in den Pflegealltag integriert und kann nicht eigenständig durchgeführt werden, liegt ein Unterstützungsbedarf vor.
Wer solche Übungen regelmäßig, zum Beispiel morgens und abends, durchführt und dabei stets Hilfe benötigt, sammelt schnell entscheidende Punkte. Es ist dabei gleichgültig, ob es sich um ein Gleichgewichtstraining, ein Schlucktraining oder andere Übungen handelt. Die Hauptsache ist, dass eine Hilfsperson eingebunden wird, weil die Betroffenen nicht allein sicher üben können.
Wie schnell kommt man damit zum Pflegegrad 1?
Die Punkte aus diesen Modulen machen einen beachtlichen Sprung möglich. Bereits zwei Besuche pro Woche in einer medizinischen Einrichtung und ein eigenes Übungsprogramm, das zuhause mit Hilfestellung absolviert werden muss, können zu 15 Punkten im Pflegegrad-Gutachten führen.
Damit ist der Pflegegrad 1 oft schon gesichert. Wer weitere Einschränkungen in anderen Modulen geltend machen kann, hat Chancen auf einen höheren Pflegegrad. Diese Möglichkeit ist vielen Betroffenen gar nicht bekannt und wird daher in der Begutachtung häufig unterschätzt.
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Psychischer Faktor kann wichtig sein
Oft wird angenommen, Pflegegrad-Punkte seien nur bei körperlichen Einschränkungen realistisch. Doch auch psychische Erkrankungen und Verhaltensweisen können eine große Rolle spielen, wenn es darum geht, Unterstützung im Alltag zu benötigen. Ein Beispiel ist die im Video genannte Dermatillomanie, eine krankhafte Form des Hautaufkratzens.
Betroffene bemerken ihr Verhalten oft gar nicht oder erst sehr spät, was die konsequente Umsetzung von Therapien erschwert. Wenn Angehörige oder Freundinnen und Freunde immer wieder eingreifen müssen, um auf das schädigende Verhalten hinzuweisen und das alternative Übungsprogramm in Erinnerung zu rufen, ist dieser Hilfebedarf ebenso beachtenswert wie das physische Problem beim Aufstehen oder Schlucken.
Ist der Pflegegrad gerechtfertigt?
Nicht selten kommen Zweifel auf, ob all das legitim ist. Sobald therapeutische Maßnahmen verordnet wurden und Ärztinnen, Ärzte oder Therapeutinnen und Therapeuten eine aktive Mitarbeit empfehlen, entsteht in vielen Fällen ein fortlaufender Betreuungsbedarf – gerade dann, wenn Übungen nicht selbstständig durchgeführt werden können.
Diesen Bedarf in der Begutachtung klar darzustellen, ist ein wichtiger Schritt, der Menschen im Alltag nachhaltig entlasten kann. Wer unsicher ist, ob er oder sie den Pflegegrad verdient hat, sollte sich daran erinnern, dass professionelle medizinische Stellen diesen Bedarf festgestellt haben. Letztlich geht es um mehr Lebensqualität und Sicherheit.
Warum ist es sinnvoll, genau hinzusehen?
Viele lehnen mögliche Therapiemaßnahmen oder die Beantragung eines Pflegegrads ab, weil sie Scheu davor haben, als „nicht selbstständig“ zu gelten. Dabei bietet die Kombination aus Therapiebesuchen und häuslichen Übungen die Chance, körperliche oder psychische Leiden besser zu bewältigen. Wer einen Pflegegrad erhält, hat zudem Anspruch auf weitere Leistungen und Unterstützung, die den Alltag leichter machen können. Es lohnt sich also, im eigenen Umfeld gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen und bei Bedarf professionelle Beratung einzuholen.
Wie geht es weiter?
Nach dem Erhalt des Pflegegrads ist es sinnvoll, regelmäßig zu prüfen, ob sich der Bedarf verändert hat. Gerade chronische Leiden oder psychische Belastungen können sich im Lauf der Zeit verschlimmern oder verbessern, wodurch ein höherer oder niedrigerer Pflegegrad infrage kommt. Auch hier helfen Beratungsstellen und professionelle Pflegeberatungen dabei, den individuellen Status zu ermitteln.
Mit dem Wissen, welche Module im Gutachten besonders relevant sind und wie man diese glaubhaft mit der alltäglichen Situation verbindet, lässt sich sicherstellen, dass Betroffene die Unterstützung erhalten, die ihnen zusteht.