Umzug bei Bürgergeld: Zusicherung des Jobcenters nicht immer notwendig – Urteil

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Junge Erwachsene unter 25 Jahren benötigen eine Zusicherung vom Jobcenter nur dann, wenn sie zum ersten Mal aus dem Elternhaus ausziehen. Das regelt § 22 Abs. 5 SGB II eindeutig. Bei einem weiteren Umzug, etwa in eine andere Wohnung oder in eine andere Stadt, ist keine erneute Zusicherung mehr erforderlich – auch dann nicht, wenn die Person unter 25 Jahre alt ist.

Keine neue Prüfung bei Folgeumzügen unter 25

Der Gesetzgeber will mit der Regelung in § 22 Abs. 5 SGB II verhindern, dass junge Menschen vorschnell aus dem Elternhaus ausziehen und dadurch unnötige Kosten entstehen. Doch wenn bereits eine eigene Wohnung bezogen wurde, gilt ein Folgeumzug nicht mehr als „Erstauszug“. Das bedeutet: Ein 23-jähriger Leistungsbezieher muss keine neue Zusicherung einholen, wenn er beispielsweise aus beruflichen oder privaten Gründen umziehen möchte.

Gericht: Zusammenleben mit einem Elternteil ist keine Rückkehr ins Elternhaus

Wichtig: Selbst wenn ein Elternteil vorübergehend in die Wohnung des jungen Erwachsenen zieht, wird diese nicht automatisch zur „elterlichen Wohnung“. Das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Az.: L 1 AS 4236/16 ERB) entschieden.

Recht auf Privatsphäre: Selbstentfaltung auch unter 25 Jahren geschützt

Das Grundrecht auf Selbstentfaltung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG gilt auch für junge Bürgergeldempfänger. Im entschiedenen Fall stellte das Gericht fest, dass das Zusammenleben mit der Mutter in nur einem Zimmer die Lebensführung des 23-jährigen Antragstellers erheblich einschränkte. Der Wunsch, soziale Kontakte zu Gleichaltrigen oder zur Partnerin in einem eigenen Rückzugsort zu pflegen, sei nachvollziehbar und durch das Grundgesetz geschützt.

Sonstiger schwerwiegender Grund: Jobcenter muss Zusicherung erteilen

In diesem Fall verpflichtete das Gericht das Jobcenter im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zur Erteilung der Zusicherung. Begründung: Es liege ein „sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund“ vor (§ 22 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 SGB II), der eine Ausnahme rechtfertigt. Dieser sogenannte Auffangtatbestand greift, wenn grundrechtliche Aspekte wie Privatsphäre und persönliche Entfaltung berücksichtigt werden müssen.

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Fazit: Was Bürgergeldempfänger zum Umzug wissen sollten

  1. Die Zusicherung des Jobcenters ist nur beim erstmaligen Auszug aus dem Elternhaus notwendig.
  2. Folgeumzüge benötigen keine Genehmigung nach § 22 Abs. 5 SGB II.
  3. Eine zu strenge Auslegung der Vorschrift kann eine unverhältnismäßige Kontrolle des Lebensstils junger Erwachsener darstellen.
  4. Grundrechte wie das auf Selbstentfaltung müssen auch bei jungen Bürgergeldempfängern gewahrt bleiben.

Praxistipp: Was bedeutet § 22 Abs. 5 SGB II konkret?

Der Paragraf soll verhindern, dass junge Erwachsene ohne triftigen Grund aus dem Elternhaus ausziehen und dadurch höhere Kosten entstehen. Doch:
Die Regelung ist eng auszulegen,
betrifft nur den Erstauszug und
darf nicht gegen Freiheits- oder Gleichheitsrechte verstoßen (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG).