Wer weniger als ein Jahr verheiratet ist und anschlieรend Witwen oder Witwerrente beantragt, steht oft vor einer schwierigen rechtlichen Hรผrde: dem Verdacht einer sogenannten Versorgungsehe.
Ein aktuelles Urteil des Sozialgerichts verdeutlicht, worauf Paare in einer vergleichbaren Situation achten sollten, um diesen Verdacht erfolgreich auszurรคumen.
Worum geht es bei der Versorgungsehe?
Eine Versorgungsehe vermutet das Gesetz immer dann, wenn ein Ehepartner zum Zeitpunkt der Hochzeit bereits erkennbar lebensbedrohlich erkrankt war und innerhalb eines Jahres nach der Eheschlieรung verstirbt. Laut Sozialgesetzbuch (ยง 46 Absatz 2a SGB VI) entfรคllt dann grundsรคtzlich der Anspruch auf Witwen oder Witwerrente.
Der Hintergrund dieser Regelung: Die Sozialversicherung will vermeiden, dass Eheschlieรungen allein oder รผberwiegend zur finanziellen Absicherung nach dem Tod eines Partners geschlossen werden.
Aktueller Fall: Erkrankung bekannt, Hochzeit kurzfristig erfolgt
Im konkreten Fall, รผber den das Sozialgericht entschied, hatte ein Mannย Witwerrente beantragt. (Az: S 23 R 487/20) Seine Ehefrau war kurz zuvor an einer schweren Krebserkrankung verstorben.
Das Paar hatte erst kurz vorher geheiratet, wenige Wochen nachdem bei der Frau ein unheilbares Bauchspeicheldrรผsenkarzinom mit Metastasen diagnostiziert wurde.
Die Rentenversicherung lehnte die Witwerrente ab und begrรผndete dies mit der kurzen Ehedauer sowie dem Umstand, dass dem Paar die lebensbedrohliche Krankheit bereits bei der Hochzeit bekannt gewesen sei. Daher liege laut Rentenversicherung eindeutig eine Versorgungsehe vor.
Gericht bestรคtigt die Haltung der Rentenversicherung
Das Sozialgericht bestรคtigte die Auffassung der Rentenversicherung: Wenn eine schwere Krankheit bereits vor der Eheschlieรung bekannt ist, spricht vieles dafรผr, dass Versorgungsabsichten eine Rolle spielen.
Entscheidend ist dann, dass der รผberlebende Ehepartner glaubhaft macht, dass nicht finanzielle Absicherung, sondern andere Grรผnde im Vordergrund standen.
Im aktuellen Urteil wog besonders schwer, dass das Paar zuvor fast 20 Jahre unverheiratet zusammenlebte und sich erst unmittelbar nach Bekanntwerden der Krebserkrankung fรผr eine Hochzeit entschied.
Laut dem Gericht hรคtte der Klรคger hier besonders starke Beweise vorlegen mรผssen, die belegen, dass die Ehe aus emotionalen oder sozialen Grรผnden geschlossen wurde.
Wie lรคsst sich der Verdacht widerlegen?
Paare, die trotz schwerer Erkrankung heiraten, kรถnnen den Verdacht einer Versorgungsehe entkrรคften, wenn sie รผberzeugend darlegen, dass andere Motive dominieren. Beispiele hierfรผr sind:
- Gemeinsame langfristige Planungen vor Bekanntwerden der Krankheit (z. B. Terminbuchungen oder Einladungen)
- Persรถnliche oder religiรถse Motive, die glaubhaft dokumentiert wurden
- Bereits geplante Hochzeit, die zufรคllig mit einer Krankheitsdiagnose zusammentraf
Die Beweispflicht liegt allerdings klar bei den Hinterbliebenen.
Praktische Empfehlungen fรผr Betroffene
Wer in einer vergleichbaren Situation ist, sollte frรผhzeitig entsprechende Nachweise sammeln:
- Schriftliche Zeugenaussagen von Freunden und Familie
- Dokumentation gemeinsamer Lebensplanungen oder Aktivitรคten vor der Krankheitsdiagnose
- Nachweise langfristiger Partnerschaft und emotionaler Verbundenheit durch Briefe oder Fotos
Je รผberzeugender und eindeutiger diese Belege sind, desto hรถher ist die Wahrscheinlichkeit, den Verdacht auf eine Versorgungsehe zu entkrรคften.