Die Frage, ob die Deutsche Rentenversicherung (DRV) jede einzelne Rente korrekt berechnet, beschäftigt viele Menschen. Dr. Anhalt, Experte für Sozialrecht, zeigt einige der häufigsten Fehlberechnungen an, die Betroffenen zum Teil Rentennachteile bescheren können.
Dabei wird schnell klar: Ein genauer Blick auf den eigenen Rentenbescheid lohnt sich – vor allem, wenn bestimmte Lebensumstände wie Zeiten im Ausland, Phasen der Selbstständigkeit oder vorzeitige Rentenansprüche eine Rolle spielen. Doch was sind die konkreten Ursachen für diese Fehler und wie kann man sich dagegen wappnen?
Inhaltsverzeichnis
Welche klassischen Fehlerquellen gibt es bei der Rentenberechnung?
Dr. Anhalt schildert sechs besonders verbreitete Fehler, die immer wieder in Rentenbescheiden auftauchen.
Dabei reicht das Spektrum von übersehenen Anrechnungszeiten bis hin zu fehlerhaften Kürzungen bei gleichzeitigem Bezug von Unfall- und Altersrente. Die unterschiedlichen Fälle zeigen: Die DRV ist nicht davor gefeit, wichtige Details schlichtweg zu übersehen oder falsch zu erfassen.
1. Übersehene Anrechnungszeiten
Einer der häufigsten Fehler betrifft sogenannte Anrechnungszeiten. Darunter fallen insbesondere Ausbildungszeiten, in denen man nicht pflichtversichert war, sowie Auslandsaufenthalte.
Gerade wenn man für ein Studium oder einen Job ins Ausland gegangen ist, kann es passieren, dass diese Zeit nicht – oder nicht korrekt – in die Berechnung einfließt.
Ein solcher Fehler führt mitunter dazu, dass das eigene Rentenkonto weniger Beitragsjahre aufweist als in Wirklichkeit vorhanden sind, was die spätere Rente deutlich mindern kann.
2. Falsche Berechnung von Witwen- oder Witwerrenten
Auch bei der Hinterbliebenenversorgung gibt es immer wieder Probleme. Besonders wenn der verstorbene Partner lange Zeit selbstständig war und freiwillige Beiträge geleistet hat, können die Einkommensschwankungen zu falschen Annahmen bei der DRV führen.
Dasselbe gilt, wenn jemand bereits vor dem Eintritt des Todesfalls eine Teilrente bezogen hat. Hier können komplexere Berechnungen leicht fehlerhaft ausfallen – was die Witwen- oder Witwerrente unnötig schmälert.
3. Unkorrekte Ansätze bei vorzeitiger Rente und Erwerbsminderungsrente
Bei Frührentnerinnen und Frührentnern oder Personen mit Erwerbsminderung setzt die DRV den Zahlbetrag gelegentlich zu niedrig an.
Wer aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in Rente gehen muss, sollte besonders wachsam sein. Denn oft spielen hier viele Faktoren eine Rolle, unter anderem bereits geleistete Beiträge, Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder Pflegezeiten von Angehörigen.
4. Nicht erfasste Pflegezeiten
Pflegende Angehörige haben in einigen Fällen Anspruch darauf, dass die Pflegezeiten in der Rentenberechnung berücksichtigt werden. Doch leider wird dieser Punkt von der Rentenkasse leicht übersehen.
Obgleich die Pflege eines Familienmitglieds meist eine erhebliche zeitliche Belastung darstellt und die Berufstätigkeit einschränkt oder unterbricht, findet sie nicht immer automatisch Eingang in das Rentenkonto. Ein Blick in den eigenen Bescheid ist daher unverzichtbar.
5. Falsch verrechnete freiwillige Rentenbeiträge
Wer freiwillig Rentenbeiträge einzahlt, erhofft sich dadurch meist eine höhere Rente. Kommt dann ein Rentenbescheid, der weit unter den Erwartungen liegt, lohnt es sich, die Berechnungsgrundlage zu überprüfen.
Oft stellen sich solche Abweichungen als Rechenfehler der DRV heraus. Dabei kann es um Beträge gehen, die im Bescheid nicht korrekt zugeordnet oder schlicht übersehen wurden.
6. Fehlerhafte Kürzung bei gleichzeitiger Unfallrente
Eine hohe Unfallrente kann in der DRV-Berechnung zu Unstimmigkeiten führen.
Nicht selten wird dann mehr gekürzt als eigentlich erlaubt. Werden die Rentenansprüche falsch summiert oder verrechnet, spiegelt sich das in einer zu niedrigen monatlichen Altersrente wider. Auch hier ist eine Überprüfung ratsam, zumal es um existenzielle Einkünfte geht.
7. Was ist beim Versorgungsausgleich nach Scheidung zu beachten?
Ein besonders leidiges Thema ist oft der Versorgungsausgleich, der bei einer Scheidung durchgeführt wird. Hier werden die in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften auf Rente zwischen den Partnern aufgeteilt.
Diese Berechnung birgt vielfältige Fehlerquellen – und nicht selten kommt es vor, dass die Rentenversicherung selbst nach Abschluss des Scheidungsverfahrens den Versorgungsausgleich nicht korrekt im Rentenbescheid umsetzt.
Gerade weil Scheidungen ohnehin emotional und organisatorisch belastend sind, wird der Versorgungsausgleich häufig nur oberflächlich kontrolliert. Betroffene sollten sich jedoch nicht darauf verlassen, dass die Rentenkasse alles richtig errechnet hat.
Ein sorgfältiger Abgleich kann im Zweifelsfall eine bessere Absicherung für die spätere Rente sichern.
Wie erkennt man, ob der Bescheid fehlerhaft ist?
Zuerst lohnt sich ein aufmerksamer Vergleich aller relevanten Zeiten und Beitragsdaten mit dem Rentenverlauf, den man von der DRV erhält. Stimmt die Anzahl der Versicherungsjahre und die Höhe der eingezahlten Beiträge? Sind Zeiten für Ausbildung, Pflege oder Auslandsaufenthalte vollständig vermerkt?
Gerade wenn eine Phase einer Beschäftigung im Ausland vorliegt oder man in verschiedenen Bundesländern gearbeitet hat, kommt es teils zu Lücken oder Unstimmigkeiten.
Wer zusätzliche Ansprüche wie Witwenrente, Erwerbsminderungsrente oder eine Unfallrente hat, sollte genau auf die entsprechende Anrechnung achten. Ein unplausibel niedriger Betrag oder ein Hinweis im Bescheid, der nicht mit den eigenen Unterlagen übereinstimmt, ist ein Warnsignal.
Was tun, wenn der Rentenbescheid nicht stimmt?
Haben Betroffene das Gefühl, dass ihre Rente falsch berechnet wurde, können sie bei der DRV einen Antrag auf Überprüfung stellen. Innerhalb bestimmter Fristen (meist ein Monat nach Erhalt des Bescheids) ist es möglich, Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen.
Der Widerspruch kann formlos eingereicht werden, sollte aber gut begründet sein und gegebenenfalls belegt werden: Kopien von Zeugnissen, Nachweisen über Pflegezeiten oder Versicherungsunterlagen sind für eine korrigierte Berechnung wichtig.
Wer unsicher ist, kann sich an eine fachkundige Beratung wenden. Hierbei ist zu beachten, dass die DRV selbst zwar eine kostenlose Rentenberatung anbietet, diese jedoch laut Stiftung Warentest nur mit „ausreichend“ bewertet wurde.
Viel effektiver ist es meist, sich an Organisationen wie den Sozialverband Deutschland (SoVD) zu wenden. Dort erhalten Ratsuchende kompetente Unterstützung, weil die Beraterinnen und Berater nicht im Dienste der DRV, sondern auf Seiten der Versicherten stehen.
Warum empfiehlt sich eine unabhängige Beratung?
Unabhängige Beratungsstellen oder Sozialverbände wie der SoVD können helfen, alle Unterlagen und Sachverhalte gründlich zu prüfen. Da die Thematik Rente sowohl arbeitsrechtliche als auch sozialrechtliche Aspekte berührt, profitieren Betroffene von einem neutralen Blick von außen.
Zudem wissen die Experten genau, welche Fristen beachtet und welche Dokumente eingereicht werden müssen, um erfolgreich einen korrigierten Rentenbescheid zu erhalten.
Gerade bei komplexen Situationen, wie einer langjährigen Selbstständigkeit, vielen Jobwechseln oder einer Scheidung, zahlt sich diese Info aus. Ein einmal begangener Fehler kann die monatliche Rente jahre- oder sogar jahrzehntelang negativ beeinflussen – doch wer rechtzeitig widerspricht und nachhakt, kann finanzielle Einbußen vermeiden oder zumindest reduzieren.
Extra-Tipp: Frühzeitig handeln und Widerspruch einlegen
Um die eigenen Ansprüche zu wahren, sollten Versicherte unmittelbar nach Erhalt des Rentenbescheids alle Angaben überprüfen und bei Bedarf zügig einen Widerspruch verfassen. Wer damit zu lange wartet, riskiert, dass die Frist verstreicht und sich der fehlerhafte Bescheid dann nur noch schwer oder gar nicht mehr ändern lässt. Eine kostenlose Beratung bei einem seriösen Sozialverband kann den Einstieg in dieses oft komplexe Verfahren erheblich erleichtern.