Wer eine niedrige Rente bezieht wird doppelt benachteiligt

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Wer wenig verdient, bekommt nicht nur weniger Rente, sondern stirbt im Durchschnitt auch frรผher. Diese Tatsache wird bei der Rentenberechnung jedoch nicht berรผcksichtigt. Das zeigt eine Auswertung der Deutschen Rentenversicherung.

Wer wenig verdient stirbt zehn Jahre frรผher

Differenziert nach Einkommen liegt das durchschnittliche Lebensalter bei Frauen, die weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens verdienen, bei 76,9 Jahren. Bei Frauen mit 80 bis 100 Prozent des Durchschnittseinkommens steigt das Durchschnittsalter auf 82 Jahre, bei 100 bis 150 Prozent auf 84,4 Jahre und bei mehr als 150 Prozent auf 85,3 Jahre.

Mรคnner mit weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens werden im Durchschnitt 70,1 Jahre alt, die Gruppe mit mehr als 150 Prozent des Durchschnittseinkommens 80,9 Jahre und die Gruppe mit 80 bis 100 Prozent 75,2 Jahre.

Wer frรผher stirbt, bezieht kรผrzer Rente

Im Durchschnitt erhalten Geringverdiener nicht nur niedrigere Renten, sondern sie beziehen diese im Schnitt auch bis zu zehn Jahre kรผrzer als Spitzenverdiener und rund fรผnf Jahre kรผrzer als Durchschnittsverdiener. Umgekehrt bedeutet das: Wer viel verdient hat, bekommt nicht nur monatlich mehr Rente, sondern bezieht diese hรถhere Rente auch viele Jahre lรคnger.

Aktuelle Daten der Rentenversicherung ausgewertet

Das Deutsche Institut fรผr Wirtschaftsforschung hat Daten der Deutschen Rentenversicherung ausgewertet, und zwar westdeutsche Mรคnner mit einer hรถheren Anzahl von Beitragsjahren.

Das Ergebnis: Der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen den Beitragszahlern mit den niedrigsten und den hรถchsten Lรถhnen betrรคgt viele Jahre. โ€žWer sehr gut verdient hat, bekommt durch die statistisch lรคngere Einzahlungsdauer viel mehr als jemand, der frรผh verdient hat und frรผher stirbt”.

โ€žWer arm ist, stirbt jungโ€œ

Die Lebensbedingungen der englischen Arbeiter/innen inspirierten Karl Marx zu seiner Kapitalismuskritik. Unhygienische Wohnverhรคltnisse, keimverseuchtes Wasser, Wanzen, Lรคuse, Flรถhe und Ratten als รœbertrรคger zahlloser Krankheitserreger, Mangel- und Unterernรคhrung, gefรคhrliche Arbeit und Arbeitsunfรคlle, feuchte Wohnungen und Schimmelpilzbefall fรผhrten zu einer Vielzahl chronischer und akuter Krankheiten und zum frรผhen Tod der Armen.

Die sozialen Kรคmpfe der Gewerkschaften haben dieses Elend zwar gemildert, indem sie Arbeitsnormen, Arbeitszeitbegrenzungen, eine allgemeine Krankenversicherung und andere soziale Verbesserungen durchgesetzt haben.

Doch die grundsรคtzliche Kluft bleibt bestehen: Wer arm ist, weil er in der Erwerbsarbeit wenig verdient oder keine Erwerbsarbeit hat, stirbt deutlich frรผher als finanziell Bessergestellte.

Rentenungerechtigkeit?

Laut Auskunft der Bundesregierung erhรคlt mehr als jeder und jede Zweite mit 40 oder mehr Jahren Berufstรคtigkeit weniger als 1400 Euro Altersrente.

Generationengerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit

Die unterschiedliche Lebenserwartung zwischen sehr gut Verdienenden und schlecht Verdienenden ist selbst bereits ein Weckruf, die soziale Frage auf die Agenda zu setzen.

Denn in einem reichen Land mit angeblich allgemein zugรคnglicher Gesundheitsfรผrsorge mรผsste sich diese Schere bei einer realen sozialen Gesundheitspolitik allmรคhlich schlieรŸen.

Gerade die Rente gilt indessen wegen des Prinzips, dass, wer in seinem Arbeitsleben einzahlt, im Alter ausbezahlt bekommt, als gerechtes System. Die taz schreibt dazu jedoch: โ€žDas in Deutschland so hochgehaltene ร„quivalenzprinzip zwischen Einzahlung und Auszahlung รคhnelt einem gezinkten Kartenspiel, wo die einen mehr Asse, die anderen mehr Luschen zugeteilt bekommen.โ€œ

Laut Statistik mรผssten Niedriglรถhner eine hรถhere Rente bekommen

Das durchschnittliche Lebensalter ist als statistische GrรถรŸe eine Tatsache, und zwar eine der Tatsachen, auf deren Grundlage sonst die Rente berechnet wird. Berรผcksichtige man die voraussichtlichen Jahre des Rentenbezugs, so โ€žmรผssten die รคrmsten Rentner statt 1.000 Euro eigentlich 1.381 Euro im Monat erhalten, die wohlhabendsten statt 2.000 Euro nur 1.758 Euroโ€œ.