Wohngeld reicht nicht: Studie zeigt immer höhere Mieten und zunehmende Armut

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In Deutschland nimmt die Wohnkostenbelastung in vielen Regionen drastisch zu. Während das allgemeine Einkommensniveau steigt, wachsen die Mieten in vielen städtischen Gebieten überproportional an.

Dies führt dazu, dass selbst Menschen mit vermeintlich ausreichendem Einkommen in Armut abrutschen, sobald die Wohnkosten berücksichtigt werden.

Die Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes „Wohnen macht arm“ zeigt nun, wie stark die Wohnkostenbelastung die soziale Ungleichheit verschärft. Die Forschenden zeigen, dass Wohnkosten nicht nur ein individuelles Problem sind, sondern eine gesamtgesellschaftlich angegangen werden muss.

Wohnkosten erhöht die Armutsquote

Traditionelle Armutsmessungen fokussieren sich auf das verfügbare Einkommen vor Abzug von Wohnkosten.

Diese Verfahren verkennen jedoch, dass gerade die Wohnkosten einen signifikanten Anteil der finanziellen Mittel beanspruchen.

Die Studie des Paritätischen Gesamtverbands zeigt, dass durch die Berücksichtigung der Wohnkosten die tatsächliche Armutsquote von zuvor 16,5 Prozent auf 21,2 Prozent ansteigt.

Dies bedeutet, dass zusätzliche 5,4 Millionen Menschen unter die Armutsgrenze fallen. Besonders betroffen sind Menschen in Großstädten und Ballungszentren, wo die Mietpreise besonders hoch sind.

Wer ist besonders von Wohnarmut betroffen?

Die Studie offenbarte verschiedene Risikogruppen, die überproportional von der Wohnarmut betroffen sind:

  1. Alleinerziehende: Diese Gruppe hat häufig ein niedriges Einkommen und trägt zusätzlich die finanzielle Verantwortung für Kinder. Hohe Wohnkosten verschärfen ihre wirtschaftliche Lage erheblich.
  2. Menschen mit Migrationshintergrund: Sie sind oft in prekären Arbeitsverhältnissen tätig und haben Schwierigkeiten, Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zu finden.
  3. Geringverdiener: Personen mit niedrigen Einkommen geben oft mehr als 50 Prozent ihres Einkommens für Miete aus, was ihre finanzielle Lage extrem belastet.
  4. Bürgergeld-Bezieher: Besonders Haushalte ohne Erwerbseinkommen sind stark von Wohnarmut betroffen, da die Kosten für Wohnen häufig die staatlichen Unterstützungsleistungen übersteigen.

Regionale Unterschiede: Wo ist die Wohnarmut am größten?

Die Studie weist auf erhebliche regionale Unterschiede hin. Besonders in wirtschaftsstarken Bundesländern wie Bayern, Baden-Württemberg und Berlin steigen die Mietpreise kontinuierlich an. Großstädte wie München, Hamburg oder Frankfurt am Main sind Hotspots der Wohnarmut.

Dagegen ist die Belastung in ländlichen Regionen, insbesondere in Ostdeutschland, etwas geringer.

Allerdings führt die Abwanderung aus ländlichen Gebieten in urbane Zentren zu einer weiteren Verschärfung der Wohnraumkrise in den Städten.

Die Wohnkostenbelastung hat direkte Auswirkungen für die Armutslücke

Die Wohnkostenbelastung hat direkte Auswirkungen auf die sogenannte „Armutslücke“, also den Betrag, der Menschen mit niedrigen Einkommen fehlt, um aus der Armutsgefährdung herauszukommen.

Die Studie zeigt, dass diese Lücke durch steigende Wohnkosten erheblich vergrößert wird. Menschen in Armut haben nach Abzug der Wohnkosten kaum noch Mittel für Lebensmittel, Bildung oder soziale Teilhabe. Die Wohnkosten werden somit zu einem der Haupttreiber für soziale Exklusion.

Warum reichen bestehende Sozialleistungen wie Wohngeld nicht aus?

Obwohl es Sozialleistungen wie das Wohngeld gibt, zeigt die Studie, dass diese Maßnahmen häufig nicht ausreichen, um die hohen Wohnkosten zu decken.

Besonders problematisch ist, dass das Wohngeld nicht in allen Fällen an die steigenden Mietpreise angepasst wurde. Zudem erreichen viele Förderprogramme die Menschen nicht, die sie am dringendsten benötigen. Der Paritätische Gesamtverband fordert daher eine grundlegende Reform der sozialen Absicherungssysteme.

Welche Maßnahmen sind notwendig?

Die Expertise des Paritätischen zeigt, dass Wohnarmut nur durch ein umfassendes Maßnahmenpaket bekämpft werden kann. Zu den wichtigsten Vorschlägen gehören:

  1. Schaffung von bezahlbarem Wohnraum: Der Bau von Sozialwohnungen muss priorisiert werden, um die Versorgungslücke zu schließen. Zudem sollten private Vermieter stärker in die Pflicht genommen werden, bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen.
  2. Regulierung des Mietmarkts: Mietpreisbremse und Kappungsgrenzen sollten ausgeweitet und konsequent durchgesetzt werden, um exorbitante Mietsteigerungen zu verhindern.
  3. Erhöhung des Wohngelds: Die Anpassung des Wohngelds an die tatsächlichen Mietkosten ist unerlässlich, um Haushalte mit geringem Einkommen zu entlasten.
  4. Förderung ländlicher Räume: Um den Druck auf städtische Wohnungsmärkte zu verringern, sollten ländliche Regionen durch Infrastrukturmaßnahmen attraktiver gemacht werden.
  5. Stärkung des sozialen Wohnungsbaus: Der Bund und die Länder sollten stärker in den Bau von Wohnungen investieren, die dauerhaft preisgebunden sind.

Die Kurzexpertise „Wohnen macht arm“ zeigt also, dass die Wohnkostenkrise nicht nur ein Symptom, sondern eine treibende Kraft für soziale Ungleichheit und Armut in Deutschland ist.

.”Ohne gezielte Maßnahmen wird sich die Situation weiter verschärfen, mit schwerwiegenden Folgen für die betroffenen Haushalte und die Gesellschaft als Ganzes. Es ist daher höchste Zeit, dass Wohnen als zentrales Menschenrecht anerkannt wird und entsprechend gehandelt wird”, mahnt der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt angesichts der Studienergebnisse.

Quelle: Die Studie basiert auf Daten des Statistischen Bundesamtes. Die Einkommen wurden um die Wohnkosten bereinigt, um eine realistische Einschätzung der verfügbaren finanziellen Mittel der Haushalte zu erhalten. Durch diese Methode konnte das tatsächliche Ausmaß der Armut in Deutschland genauer erfasst werden.