Zusammenziehen trotz Bürgergeld ohne Anrechnung und sogar plus 57 Euro

Lesedauer 2 Minuten

Wer das Bürgergeld bezieht, ist bestimmten Regeln des Jobcenters unterworfen. Wer einen neuen Partner oder Partnerin kennenlernt und zusammenziehen will, muss mit Leistungseinbußen rechnen. Aber es gibt eine wichtige Regel, an die sich auch die Ämter halten müssen. Sie können nicht so einfach gleich eine Bedarfsgemeinschaft unterstellen.

Frisch verliebt: Zusammenziehen trotz Bürgergeld-Bezug eines oder beider Partner?

Aber: Im ersten Jahr nach dem Zusammenziehen bleiben beide eigenständige Personen. Sie werden behandelt wie eine WG, danach werden sie nach den Regeln des Jobcenters zu einer sogeannten Bedarfsgemeinschaft.

Das hat für dieses Jahr zur Folge, dass nicht von einer gegenseitigen Unterstützung ausgegangen wird.

In der Berechnung wird also kein Einkommen des Partners beim Leistungsberechtigten angerechnet. Außerdem wird der volle Regelbedarf gezahlt, nicht der für Partner. Auswirkung sind +57€/Monat.

Nur die Miete für die nun zusammen bewohnte Wohnung wird nun auf beide hälftig verteilt – so kann es für den Erwerbstätigen sogar noch zu einer Entlastung kommen.

Rechtlicher Hintergrund

§7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II:
“Zur Bedarfsgemeinschaft gehören (…)als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (…)eine Person die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.”

Dieser Wille wird in §7 Abs.3a SGB II genauer definiert:

“Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner 1. länger als ein Jahr zusammenleben (…)”
Folge: Unter einem Jahr keine Bedarfsgemeinschaft.

Weitere Gründe zur Annahme einer Bedarfsgemeinschaft

Es gibt aber auch Fälle in denen es gar kein “Probejahr” gibt:

  • gemeinsames Kind
  • Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (der neue Partner muss dafür aber auch real aktiv sein)
  • befugt sind über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen

Widerlegung einer Verantwortungs- und Einstehgemeinschaft

Was aber wenn das Jahr abgelaufen ist oder einer der drei anderen Punkte zutrifft?

In den oben genannten 4 Fällen gibt es eine Unterstützungsvermutung.
Die dann erwartete Unterstützung ist umfassend und beinhaltet Wohnkosten, Lebensunterhalt (Regelbedarf) und auch die häufig in dieser Situation vergessene Krankenkasse.

Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden.
Ansatzpunkte:

    • Unterhaltszahlung für Kinder außerhalb der Bedarfsgemeinschaft
    • Unterhaltszahlung für Kinder außerhalb der Bedarfsgemeinschaft
    • Zahlung von Krediten, die eine Unterstützung ausschließen
    • Beziehungen zu dritten Personen
    • wenn der Partner sein Einkommen für eigene Zwecke nutzt (Hobbys)
    • Zahlung von Krediten, die eine Unterstützung ausschließen

    Folgen der Bedarfsgemeinschaft

    Wenn das Einkommen des Partners reicht um den Bedarf beider zu decken, stellt sich die Frage neben den Lebenskoste entweder 200€ für die freiwillige Krankenversicherung zu zahlen oder zu heiraten, dann greift die kostenfreie Mitversicherung in der Familienversicherung.

    “Ungewollte” gesellschaftliche Folgen dieser Vorschrift

    Diese Handhabung hat vielerlei Folgen:

    1. Paare die sich wieder trennen, da es finanzielle Probleme gibt
    2. Paare die sich aus finanziellen Gründen gegen das zusammenziehen entscheiden
    3. Paare die offiziell in 2 Wohnungen leben, eine Wohnung steht aber praktisch leer.

    Gerade Punkt 2+3 stellen in angespannten Wohnungsmärkten eine Katastrophe dar, denn diese Wohnungen werden eigentlich dringend benötigt.

    Auch finanziell entstehen dem Jobcenter unnötige Kosten für die Wohnung. Hier wäre die Politik gefragt, Abhilfe zu schaffen.

    Eine Möglichkeit wäre, diese Paare zeitlich begrenzt nicht als Bedarfs- sondern als Haushaltsgemeinschaft (mit höheren Freibeträgen) laufen zu lassen oder generell Regelbedarf und Krankenversicherung weiter zu übernehmen.