7000 € Witwenrente darf nicht zurück gefordert werden bei Fehlverhalten des Leistungsträgers
Ein Altersrentner muss keine Witwenrente zurück erstatten an den Sozialversicherungsträger, wenn dieser seine Belehrungspflicht verletzt hat und der Versicherte seine Mitteilungspflicht nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzte.
Berücksichtigen der Altersrente eines Leistungsberechtigten bei der Anrechnung von Einkommen auf seine Witwerrente
Wenn der Versicherte im Zusammenhang mit einem Antrag auf eine anzurechnende Alters- Rente den Bezug seiner bisherigen, vom selben Versicherungsträger geleisteten Witwen- Rente an gibt, obliegt dem Rentenversicherungsträger der Hinweis darauf, dass eine gesonderte Mitteilung über die anzurechnende Rente erforderlich ist, und zwar zur Versicherungsnummer der Rente, auf die die Anrechnung zu erfolgen hat.
Rentenversicherungsträger verletzt seine Belehrungspflicht – Atypischer Fall
Unterlässt der Versicherungsträger einen solchen Hinweis (Belehrungspflicht), kann die darin liegende Verletzung seiner Beratungspflichten einen atypischen Fall begründen, der vor einer (teilweisen) rückwirkenden Aufhebung eines Bewilligungsbescheides nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X eine Ermessensentscheidung des Versicherungsträgers erforderlich macht.
Ist damit die erfolgte teilweise Aufhebung des Bescheides aufgrund des Ermessensausfalls der Rentenversicherungsträgers rechtswidrig, fehlt es zugleich an einer Grundlage für die Erstattungsforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X und somit musste der Alters- Rentner keinerlei Rentenzahlungen zurück erstatten ( LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.11.2024, Az.: L 12 R 98/22 ).
Fazit
Es ist nicht grob fahrlässig, wenn der Versicherte, nachdem er bei seinem Antrag auf Altersrente die vom selben Rentenversicherungsträger bezogene Witwenrente angegeben hatte, nach Bewilligung der Altersrente diesen Bezug dem für die Witwenrente zuständigen Dezernat nicht mitteilt.
Denn es muss nicht jedem einleuchten, dass ein Rentenbezug vom selben Versicherungsträger diesem mitzuteilen ist und die in den Bescheiden erteilten Hinweise erfassen diesen Fall nicht.
Ein atypischer Fall kann bei einem mitwirkendem Fehlverhalten des Versicherungsträgers anzunehmen sein( BSG Rechtsprechung ) .
Praxistipp
Wann würde ein – grob fahrlässiges Verhalten des Versicherten – vorliegen und somit der Leistungsträger berechtigt sein zur Rückforderung der Witwenrente?
Grob fahrlässig falsche Angaben (hier: Verschweigen einer eigenen Versichertenrente bei Antragstellung auf Witwenrente) liegen auch dann vor, wenn eine dritte Person das Antragsformular ausfüllt und die Versicherte dies “blind” unterschreibt.
Im Rahmen des Ermessens ist nicht zugunsten der Versicherten einzustellen, dass der Rentenversicherungsträger keinen Datenabgleich mit einem anderen Versicherungsträger vorgenommen hat ( LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2023 – L 10 R 2383/22 – ).
Denn – Auch das “blinde” Unterschreiben des Antrags sind nach der Rechtsprechung (u.a. LSG Baden-Württemberg 23.05.2022, L 5 R 2792/21; 07.11.2006, L 11 R 2053/06; Bayerisches LSG 27.11.2014, L 14 R 741/12; LSG Berlin-Brandenburg 29.08.2013, L 2 R 825/12; Sächsisches LSG 18.12.2012, L 4 R 737/10; Hessisches LSG 21.10.2011, L 7 AL 101/11) als grob fahrlässig zu werten.