Anrechnung auf Witwenrente und Hinterbliebenenrente nicht verfassungswidrig

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Verfassungsmäßigkeit der Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf die gesetzliche Hinterbliebenenrente. So aktuell die Urteilsbegründung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg.

Die Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf die gesetzliche Hinterbliebenenrente berührt – nicht die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie des Art. 14 GG , da die Hinterbliebenenversorgung dem Versicherten schon nicht als – seine Rechtsposition – zugeordnet werden könne ( BVerfG – 1 BvR 1318/86 – ).

Denn sie stellt eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung dar, zumal sie ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt werde (Landessozialgericht – LSG – Baden-Württemberg 16.03.2022, L 2 R 3787/21; LSG Mecklenburg-Vorpommern 13.06.2019, L 4 R 21/17).

Da die Hinterbliebenenrente nicht auf einer speziell dafür erhobenen eigenen Beitragsleistung des Versicherten oder des Berechtigten beruhe, sondern gerade verheiratete Versicherte begünstigt würden, könne ihr auch nicht in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG eine eigentumsgeschützte Rechtsposition zuerkannt werden (LSG Nordrhein-Westfalen 29.11.2022, L 4 RA 45/02).

Insgesamt habe die Hinterbliebenenrente eine Unterhaltsersatzfunktion, weshalb die Berücksichtigung des eigenen Einkommens der Hinterbliebenen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sachgerecht und unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden sei und auch keine Systemwidrigkeit begründe (LSG Baden-Württemberg 24.06.2014, – L 11 R 3853/13).

Dass diese Berücksichtigung in pauschalierender Weise erfolge, sei angesichts der Vielfalt der zu regelnden Fälle sachlich vertretbar (Bundessozialgericht – BSG – 06.09.2001, B 5 RJ 28/00 R).

Soweit der Kläger vorbringe, der damalige Versorgungsausgleich sei verfassungswidrig durchgeführt worden, habe dies keine Auswirkungen auf das vorliegende Verfahren.

Denn der Einwand verfassungsrechtlicher Bedenken gegen familien- bzw. versorgungsrechtliche Regelungen hätte im Scheidungsverfahren vorgebracht werden müssen.

Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG liegt nicht vor

Die Hinterbliebenenrente ist eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung, weil sie ohne eigene Leistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt wird. Sie ersetzt in der Person des Berechtigten nicht früheres eigenes Einkommen, sondern den Unterhalt, den der verstorbene Versicherte vordem aus seinem Einkommen geleistet hat und genießt damit nicht den Schutz des Eigentums nach Art. 14 GG.

Der erstinstanzliche Gerichtsbescheid beruht auch nicht deshalb auf einem Verfahrensfehler

Weil das SG das Verfahren nicht ausgesetzt und nicht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 97 SGB VI gemäß Art. 100 GG dem BVerfG vorgelegt hat.

Denn nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das BVerfG nur dann in Betracht, wenn das erkennende Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Es kommt folglich ausschließlich auf die Überzeugung des erkennenden Gerichts an.

Ob die Beteiligten eine entsprechende Regelung wünschen bzw. beantragen, ist irrelevant.

Fazit

Es bestehen keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Anrechnungsregelung des § 97 SGB VI, denn die Grundsätze der Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf Hinterbliebenenrenten sind in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung bereits geklärt (vgl. BVerfG 18.02.1998, 1 BvR 1318/86 und 1 BvR 1484/86).