Arbeitslosengeld: Ist die Nicht-Berücksichtigung des Inflationsausgleichs beim ALG 1 verfassungswidrig?

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Keine Gewährung höheren Arbeitslosengeldes unter Berücksichtigung eines Inflationsausgleichs

Die Berücksichtigung einer Inflationsrate bei der Leistungsgewährung findet in den gesetzlichen Regelungen der Höhe des Arbeitslosengeldes keine Stütze. So aktuell das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom heutigem Tage.

Begründung

1. Eine Verfassungswidrigkeit der Berechnung könne das Gericht nicht erkennen.

2. Auch eine Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG im Vergleich zu Leistungen nach dem SGB II liegt – nicht vor.

Auch eine Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG im Vergleich zu Leistungen nach dem SGB II liege bereits deswegen nicht vor, weil die existenzsichernden Leistungen des SGB II die Regelbedarfe für den notwendigen Lebensunterhalt, Unterkunft und Heizung umfassten und Leistungen nach dem SGB II nur Personen erhielten, die hilfebedürftig seien.

Demgegenüber hänge die Höhe des Arbeitslosengeldes maßgeblich vom Familienstatus, von der Lohnsteuerklasse und dem Arbeitsentgelt ab.

Das zugrunde zu legende Arbeitsentgelt sei nach den §§ 151 SGB III zu berechnen, die Höhe der Abzüge ergebe sich aus § 153 SGB III, wobei individuelle Abzüge und Freibeträge bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht zu berücksichtigen seien.

Der sog. Inflationsausgleichsprämie, die Arbeitnehmer von den Arbeitgebern erhalten könnten, liege eine freiwillige Entscheidung des jeweiligen Arbeitgebers zu Grunde. Eine Vergleichbarkeit mit den Leistungen nach dem SGB III sei daher nicht ersichtlich.

Schließlich könne das Gericht auch eine Verpflichtung des Gesetzgebers zu einer inflationsbedingten Erhöhung der Leistungssätze nach dem SGB III nicht erkennen.

Eine Vergleichbarkeit des nach dem SGB III zu berechnenden Arbeitslosengeldes mit den im SGB II vorgesehenen existenzsichernden Leistungssätzen bestehe daher nicht.

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmungen des Arbeitslosengeldes

Auch insbesondere kann das Gericht – keinen Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG- normierten Gleichheitsgrundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, erkennen.

Verletzung Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG – Kläger strebt die Revision zum BSG an und möchte seine Frage dem Bundesverfassungsgericht vorlegen

Soweit der Kläger meint, der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sei dadurch verletzt, dass Leistungen nach dem SGB II in den Jahren 2022 und 2023 jeweils um 12 % erhöht worden seien, sein Anspruch auf Arbeitslosengeld hingegen nur um 5,9 Promille angestiegen sei, begründet dies keine willkürliche Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG.

Denn der Arbeitslose verkennt bereits, dass es sich bei Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts um existenzsichernde Leistungen handelt, während dem Arbeitslosengeld eine Lohnersatzfunktion zukommt.

Jeder Arbeitslose hat die Möglichkeit ergänzend bzw. aufstockend – Bürgergeld zu beantragen

Soweit der Arbeitslose schließlich seinen Anspruch auf eine inflationsbedingte Erhöhung auf die konkrete Höhe der bezogenen Leistungen gestützt sieht, die die Armutsgrenze unterschreite, steht ihm die Möglichkeit offen, ergänzend bzw. aufstockend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu beantragen.

Hierdurch könnte einem ggf. bestehenden Unterschreiten des soziokulturellen Existenzminimums begegnet werden. Ein Anspruch darauf, das Arbeitslosengeld in einer existenzsichernden Höhe erhalten zu können, besteht daneben nicht.

Fazit

1. Die Berücksichtigung einer Inflationsrate bei der Leistungsgewährung findet in den gesetzlichen Regelungen der Höhe des Arbeitslosengeldes keine Stütze.

2. Wenn das Arbeitslosengeld so gering ist, dass es zum Leben nicht reicht, besteht die Möglichkeit für den Arbeitslosengeldempfänger, ergänzend bzw. aufstockend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II/ Bürgergeld zu beantragen.