Bürgergeld: Jobcenter kürzen jetzt die Wohnkosten

Lesedauer 3 Minuten

Im Januar 2025 ist eine Schutzfrist bei den Kosten der Unterkunft für Leistungsberechtigte ausgelaufen. Die Jobcenter drängen jetzt verstärkt darauf, die Wohnkosten zu senken und ansonsten nicht mehr die volle Miete zu übernehmen.

Wir zeigen Ihnen, was Sie wissen müssen, was das für Sie bedeutet, und was Ihre Rechte sind.

Die Karenzzeit ist abgelaufen

Wenn Sie 2024 einen Erstantrag auf Bürgergeld stellten, dann galt eine einjährige Karenzzeit. In dieser übernahm das Jobcenter die Kosten der Unterkunft und Heizung in voller Höhe, ohne zu prüfen, ob sie dem entsprechen, was die Behörde als angemessen ansieht.

Für tausende Bürgergeld-Bezieher ist diese Karenzzeit im Januar 2025 abgelaufen, und die Jobcenter prüfen jetzt mit der Lupe, ob die Wohnkosten innerhalb der Angemessenheit liegen.

Das Kostensenkungsverfahren

Wenn das Jobcenter meint, dass die Kosten Ihrer Wohnung die Grenze der Angemessenheit überschreiten, dann schickt es Ihnen eine Aufforderung zur Kostensenkung. Sie werden also angehalten, innerhalb der nächsten sechs Monate die Mietkosten zu vermindern, zum Beispiel durch einen Mitbewohner oder durch einen Umzug in eine günstigere Wohnung.

Lesen Sie dazu auch: unseren Ratgeber im PDF Format

Eine Aufforderung zum Dialog

Einige Punkte, die Ihre Rechte stärken, müssen Sie als Leistungsberechtigte wissen. Die sechs Monate sind nicht als starre Grenze anzusehen. So urteilte das Bundessozialgericht. (B 4 AS 30/08 R).

Eine Kostensenkung kann nur wirksam sein, wenn die vom Jobcenter ermittelten und mitgeteilten Werte stimmen. Wesentlich dabei ist: Die Kostensenkungsaufforderung macht ein Angebot an den Leistungsberechtigten und fordert ihn zum Dialog über die richtige Höhe der Kosten auf. Auch dies entschied das Bundessozialgericht (B 14 AS 11/18 R).

Was passiert, wenn Sie die Kosten nicht senken?

Wenn Sie nach der gesetzten Frist die Kosten nicht gesenkt haben, dann zahlt die Behörde die Miete nur bis zu der Grenze, die als angemessen gilt. Die Differenz zu den tatsächlichen Kosten müssen Sie dann aus dem Regelsatz bezahlen.

Das ist eine extreme finanzielle Belastung, denn dieser Regelsatz ist ausschließlich dafür berechnet, das Minimum dessen zu decken, was Sie für Ihren Lebensunterhalt benötigen. Um die Miete zu zahlen, können Sie sich also zum Beispiel nicht mehr ausreichend Lebensmittel und Kleidung erwerben.

Wichtige Gründe rechtfertigen volle Mietzahlungen

Nur in Ausnahmen zahlt das Jobcenter die Miete auch über die gesetzte Angemessenheit hinaus. Das gilt zum Beispiel, wenn es unmöglich ist, einen Mitbewohner einziehen zu lassen und ein Umzug ebenfalls keine Option wäre.

Gründe, warum ein Umzug nicht zumutbar ist, sind zum Beispiel mangelnde Mobilität aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen, eine entsprechend solcher Einschränkungen gestaltete barrierefreie Wohnung oder auch psychische Beschwerden, bei denen ein Umzug eine nicht zu rechtfertigende Belastung darstellt.

Das Jobcenter der Region Hannover nennt weitere wichtige Gründe, bei denen das Jobcenter die Kosten der Unterkunftsaufwendungen nicht senkt.

Dazu gehören erstens ein nur kurzzeitiger Leistungsbezug zum Beispiel wegen einer Arbeitsaufnahme, zweitens eine Veränderung der familiären Situation wie eine Kindsgeburt, drittens der Schul- oder Kita-Besuch eines Kindes, das auf eine besondere Einrichtung der Schule angewiesen ist (zum Beispiel wegen Hochbegabung oder Lernbeeinträchtigung).

Gerichtsfeste Gründe gegen eine Kostensenkung

Einige der genannten Gründe sind gerichtsfest. So ist eine Kostensenkung nicht zumutbar, wenn Leistungsempfänger aus gesundheitlichen Gründen, wegen des Alters, einer Pflegebedürftigkeit oder einer Behinderung nicht umziehen können. Dies entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (L13 AS 185/23 B ER).

Auch wenn die Betroffenen auf ein Wohnumfeld mit entsprechenden Unterstützungsangeboten angewiesen sind, ist eine Kostensenkung unzumutbar, so das Bundessozialgericht (B 8 SO 7/21 R).

Wann liegt ein Härtefall vor?

In besonders begründeten Einzelfällen liegt ein Härtefall vor, in dem der Richtwert der Angemessenheit für Bruttokaltmieten des Jobcenters bis zu zehn Prozent überschritten werden darf.

Das gilt zum Beispiel für Schwangere, Alleinerziehende, bei mindestens zehn Jahren Wohndauer, bei Gefahr für wesentliche soziale Bezüge wie der Pflege naher Angehöriger, für über 60jährige, für Pflegebedürftige und bei Modernisierungszuschlägen.

Umzug wirtschaftlich nicht sinnvoll?

Ein Jobcenter kann auch Mieten oberhalb der Angemessenheit übernehmen, wenn ein Umzug wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. In die Wirtschaftlichkeit fließen auch die Kosten des Umzugs ein, und wenn diese höher sind als eine geringfügig „nicht angemessene“ Miete kann das Jobcenter weiterhin die höhere Miete übernehmen.

Jobcenter verlängert die Frist, wenn ein Senken nicht möglich ist

Das Jobcenter Region Hannover erklärt: „Gelingt es Ihnen nicht, trotz umfassender Wohnungs- und Untermietersuche innerhalb der gesetzten Frist die Unterkunftskosten zu senken, kann die Frist verlängert werden, wenn Sie Ihre Bemühungen gegenüber dem Jobcenter nachweisen.“

Belegen Sie deshalb umfassend alle Aktionen, um die Mietkosten zu senken, also zum Beispiel Zeitungsanzeigen und Aushänge, um einen Untermieter zu suchen, oder Nachweise, dass Sie intensiv nach einer Wohnung gesucht haben, zum Beispiel durch Wohnungsbesichtigungen.

Ohne solche Nachweise übernimmt das Jobcenter lediglich die Miete bis zur Grenze der Angemessenheit. Mit solchen Nachweisen können Sie damit rechnen, dass die Behörde die Frist verlängert, in der Sie die Kosten senken können.

Das Jobcenter ist in der Beweispflicht

Hier jetzt ein wichtiger Punkt, der Ihre Rechte stärkt. Damit Leistungen der Bürgergeldes gekürzt werden können, müssen für einen Umzug günstigere Wohnungen vor Ort verfügbar sein.

Bei dieser Frage stellten sich Sozialgerichte mehrfach auf die Seite der klagenden Leistungsberechtigten.

Ihre Chancen stehen gut, mit dem Verweis auf objektiv nicht zugängliche günstigere Wohnungen, höhere Kosten der Unterkunft erstattet zu bekommen, als das Jobcenter als angemessen ansieht.

Erstens entspricht die von den jeweiligen Kommunen gesetzte Grenze der Angemessenheit sehr oft nicht den Realitäten der immer höheren Mieten, besonders in Großstädten. Zweitens ist das Jobcenter in der Beweispflicht, dass es diesen günstigeren Wohnraum vor Ort überhaupt gibt.