Das Bundessozialgericht wies die Revision eines Urteils zurück. Die Kläger hatten höhere Bezüge nach dem SGB II (heute Bürgergeld) gefordert. Strittig war, ob Verpflegung als Einkommen gültig ist. (B 4 AS 83/20 R)
Zum Fall
Die Kläger begehrten höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für mehrere Monate des Jahres 2017. Kläger und Klägerin bewohnten als Ehepaar und ihren drei Kindern eine Dreizimmerwohnung.
Der Kläger erhielt als Kellner in Vollzeit Einkommen auf ein Konto überweisen, wobei sein Arbeitgeber Verpflegung während der Arbeitszeit als abzurechnenden Sachbezug zur Verfügung stellte.
Die Kläger erhielten zwei mal 192 Euro und einmal 198 Euro Kindergeld pro Monat, und außerdem Leistungen nach dem SGB II. Von Juni bis Ende November 2017 waren dies AlG II und Sozialgeld von 958,05 Euro pro Monat. Das Durchschnittseinkommens des Klägers lag im Mai 2017 bei 1314,09 Euro netto, das Kindergeld bei insgesamt 582 Euro.
“Essen nicht in Anspruch genommen”
Der Kläger widersprach dem Jobcenter, weil er kein Essen des Arbeitgebers in Anspruch nehme. Der Widerspruch wurde abgewiesen. Im folgenden Gerichtsverfahren verurteilte das Sozialgericht das Jobcenter, die strittigen Leistungen für 2017 zu gewähren, ohne dabei die Verpflegung auf der Arbeit zu berücksichtigen.
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Im Berufungsverfahren hob das Landessozialgericht das erste Urteil auf. Die kostenlos zur Verfügung gestellte Verpflegung sei als Einkommen zu berücksichtigen. Es ginge um die Möglichkeit, nicht darum, ob der Kläger dieses Angebot nutze.
In der Revision argumentierte der Kläger, der Sachbezug Verpflegung sei nicht unentgeltlich gewesen, ihr fehle es außerdem an einem Marktwert, und deswegen lasse sie sich nicht als Einkommen qualifizieren.
Verpflegung ist “Einkommen in Geldeswert”
Das Bundessozialgericht erklärte letztlich die Entscheidung des Jobcenters für rechtmäßig, Es gebe keinen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung. Die Verpflegung sei zutreffend als “Einkommen in Geldeswert” berücksichtigt, denn der Sachbezug sei -arbeitsvertraglich- als Gegenleistung zur Arbeit erbracht worden.
Wörtlich heißt es im Urteil: “Ein Sachbezug – auch in Form von Verpflegung – ist danach gemäß § 11 Abs 1 Satz 2 SGB II (weiterhin) als Einkommen zu berücksichtigen, wenn er, wie es hier zwischen dem Kläger zu 1 und seinem Arbeitgeber der Fall war, arbeitsvertraglich als Teil der Arbeitsvergütung vereinbart worden ist.”
“Verfügbarer Sachbezug erfüllt Verpflichtung im Arbeitsvertrag”
Dabei sei es unerheblich, ob die entsprechende Verpflegung auch genutzt würde. So erläutert das Gericht: “Kommt der Arbeitgeber seiner Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag nach und stellt den Sachbezug – wie hier – tatsächlich zur Verfügung, ist von einem Zufluss der geldwerten Einnahme auszugehen.
Unabhängig von den Schwierigkeiten, im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren zu ermitteln, ob (…) Verpflegung als Sachbezug wirklich in Anspruch genommen wird, wirkt sich eine Nichtinanspruchnahme ebenso wenig auf die Höhe des zu berücksichtigenden Bedarfs und damit auf die Höhe des Leistungsanspruchs aus, wie der unterbliebene Verbrauch mit Grundsicherungsleistungen gekaufter Lebensmittel – etwa, weil sie verdorben sind.”
Zudem werde der für die Verpflegung angerechnete Betrag von monatlich 30,18 Euro durch den höheren Erwerbstätigenfreibetrag von 330 Euro monatlich gedeckt.