Eine Nicht-Übernahme der Nebenkostennachforderung bewirkt – faktische Umzugssperre, so die obersten Richter in Kassel beim 14. Senat des BSG.
Ausnahmsweise muss das Jobcenter auch – Schulden – übernehmen, denn nach Auffassung des Bundessozialgerichts würde die Nicht – Übernahme einer fälligen Nebenkostennachforderung einer früher bewohnten Wohnung zu einer – faktischen Umzugssperre führen.
Das Jobcenter meint: Während des Bezugs von Bürgergeld gilt eine – faktische Umzugssperre! Dem hat das Bundessozialgericht aber einen Riegel vorgeschoben ( B 14 AS 13/16 R).
Denn Grundsätzlich sind nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nur die angemessenen, tatsächlichen Aufwendungen für die aktuell bewohnte Wohnung zu übernehmen, weil nur dies der Sicherung der Unterkunft dient.
Nicht bezahlte Aufwendungen für frühere Wohnungen sind Schulden; diese werden nur ausnahmsweise übernommen (§ 22 Abs 8 SGB II).
Vorliegend ist jedoch eine Ausnahme zu machen, weil die Leistungsempfänger durchgehend schon zum Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Nachforderung bis zu deren Geltendmachung und Fälligkeit im Leistungsbezug nach dem SGB II standen.
Bezieher von Bürgergeld sind bei Nicht- Übernahme der Forderung der Gefahr von Schulden ausgesetzt
Würde die Nachforderung nicht durch das Jobcenter übernommen, würde dies faktisch wie eine Umzugssperre wirken, weil Empfänger von Bürgergeld bei unzureichenden Nebenkostenvorauszahlungen dem Risiko, Schulden zu machen, ausgesetzt wären.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung müssen Jobcenter Leistungsempfänger bei Streitigkeiten beraten und unterstützen
Besteht vor und nach dem Umzug ein Rechtsverhältnis zu demselben Vermieter oder Energielieferanten, können weitere Streitigkeiten bei den Abrechnungen in den Folgejahren auftreten, hinsichtlich deren das Jobcenter die Leistungsberechtigten zu beraten hätte.
Zudem mindert eine Nebenkostenerstattung unabhängig von der Frage eines vorangegangenen Umzugs nach § 22 Abs 3 SGB II die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
Darum hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 30.03.2017 – B 14 AS 13/16 R – fest gestellt, dass Nebenkostennachforderungen für eine Wohnung, die erst fällig geworden sind, nachdem diese nicht mehr bewohnt wird, ein anzuerkennender Bedarf für Unterkunft und Heizung sind, wenn die leistungsberechtigte Person durchgehend von der tatsächlichen Entstehung der Nachforderung bis zur deren Fälligkeit hilfebedürftig nach dem SGB II war ( Weiterführung von BSG vom 25.6.2015 – B 14 AS 40/14 R – ) .
Praxistipp
Jobcenter müssen auch – anteilige Nebenkostennachforderungen – nach § 22 Abs. 1 SGB II auch dann übernehmen, wenn der Bürgergeldempfänger die bisherige Wohnung nicht während des gesamten Abrechnungszeitraums bewohnt haben.