Laut eines Beschlusses des Sozialgerichts (SG) Berlin muss das Jobcenter auch nach Beendigung des Mietverhältnisses die sogenannte Nutzungsentschädigung an den Vermieter zahlen. Das Jobcenter hatte die Zahlung verweigert, weshalb sich der betroffene Bürgergeld-Bezieher verschuldete.
Was ist eine Nutzungsentschädigung und wann fällt sie an?
Die Nutzungsentschädigung müssen ehemalige Mieter für die Weiternutzung der Wohnung nach der offiziellen Beendigung des Mietverhältnisses zahlen.
Sie tritt vor allem in Situationen ein, in denen die Wohnung nach dem Ende des Mietvertrags – beispielsweise nach einer Kündigung oder einem Räumungsurteil – weiterhin genutzt wird, etwa weil noch kein anderer Wohnraum verfügbar ist.
Die Entschädigung ist rechtlich nicht als Miete anzusehen, erfüllt jedoch eine ähnliche Funktion, da sie den Vermieter für die fortgesetzte Nutzung seines Eigentums entschädigt.
Im hier behandelten Fall hatte ein Bürgergeldempfänger sich gerichtlich verpflichtet, seine Wohnung bis zum 31. Dezember 2023 zu räumen. Da der Antragsteller jedoch noch keinen neuen Wohnraum finden konnte, blieb er in der Wohnung, ohne dass eine Zwangsräumung beantragt wurde. Er war somit gezwungen, eine Nutzungsentschädigung zu zahlen.
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Warum stellt das Jobcenter häufig die Zahlungen nach einer Kündigung ein?
In der Praxis neigen viele Jobcenter dazu, Mietzahlungen einzustellen, sobald ein Mietverhältnis offiziell endet, beispielsweise nach einer Kündigung oder einem Räumungsurteil.
Diese Praxis führt jedoch häufig zu Problemen für betroffene Bürgergeldempfänger, die sich in einer Übergangsphase ohne eigenen Wohnraum befinden.
Das Jobcenter argumentiert dabei oft, dass nach dem Ende des Mietverhältnisses keine „Miete“ mehr anfällt und somit auch keine Übernahmeverpflichtung bestehe.
Allerdings ignoriert diese Praxis häufig die Regelungen des Sozialgesetzbuches II (SGB II), welches im Rahmen des § 22 auch die Übernahme von Nutzungsentschädigungen vorsieht, die den Bedarf für Unterkunft und Heizung sicherstellen sollen, bestätigt der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.
Wird diese Zahlung ausgesetzt, laufen Bürgergeldempfänger Gefahr, in eine Verschuldungsspirale zu geraten oder gar in die Obdachlosigkeit abzurutschen, so Anhalt.
Welche rechtliche Grundlage gibt es für die Übernahme der Nutzungsentschädigung?
Gemäß § 22 des SGB II gehört auch die Nutzungsentschädigung nach Ende eines Mietverhältnisses zu den Unterkunftskosten, die durch das Jobcenter übernommen werden müssen. Dieser Paragraph wurde im Sozialrecht verankert, um Bürgergeldempfängern den Schutz ihrer Wohnsituation und eine finanzielle Absicherung in Übergangsphasen zu bieten.
Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin, Aktenzeichen S 121 AS 6506/23 ER, betont, dass die Nutzungsentschädigung als ein Unterkunftsbedarf anzusehen ist.
Das Jobcenter kann sich demnach nicht auf den Standpunkt stellen, dass nach dem Ende des Mietverhältnisses keine Zahlungspflicht mehr bestünde.
Das Gericht entschied, dass auch nach einer Kündigung oder einem Räumungsurteil das Jobcenter zur weiteren Kostenübernahme verpflichtet ist, solange der ehemalige Mieter tatsächlich in der Wohnung verbleibt und die Wohnung faktisch noch als Unterkunft dient.
Welche Konsequenzen hat der Beschluss des Sozialgerichts Berlin?
Der Beschluss stellt eine wichtige Klärung für Bürgergeldempfänger dar, die sich nach dem Ende eines Mietverhältnisses in einer Übergangssituation befinden.
Die Verpflichtung zur Weiterzahlung der Nutzungsentschädigung bedeutet, dass betroffene Empfänger nicht länger befürchten müssen, ohne Unterstützung durch das Jobcenter in der Wohnung verbleiben zu müssen, bis sie geeigneten Ersatzwohnraum gefunden haben.
Die Entscheidung könnte auch Einfluss auf künftige Verfahrensweisen anderer Jobcenter haben. Sie zeigt, dass eine rigorose Einstellung der Zahlungen in vergleichbaren Fällen nicht rechtens ist und bei betroffenen Bürgergeldempfängern Anträge auf weitere Zahlungen für Unterkunftskosten Erfolg haben können.
Wie sollten Betroffene vorgehen, wenn das Jobcenter die Zahlungen einstellt?
Falls das Jobcenter die Miet- oder Nutzungsentschädigungszahlungen nach einer Kündigung einstellt, ist ein sofortiges rechtliches Handeln ratsam. Betroffene sollten:
- Widerspruch einlegen: Die Betroffenen haben das Recht, gegen die Entscheidung des Jobcenters Widerspruch einzulegen. Dieser sollte möglichst zeitnah erfolgen, um den Sachverhalt schnellstmöglich klären zu können.
- Einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellen: Wie der aktuelle Fall zeigt, kann ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz Erfolg haben. Dadurch kann das Sozialgericht eine vorübergehende Zahlungsverpflichtung des Jobcenters anordnen, bis eine endgültige Klärung erfolgt.
- Rechtsberatung in Anspruch nehmen: Für eine fundierte rechtliche Auseinandersetzung mit dem Jobcenter ist eine anwaltliche Beratung oder die Unterstützung durch eine Sozialberatungsstelle sinnvoll. Dies kann helfen, die eigenen Rechte erfolgreich durchzusetzen.
Welche Folgen ergeben sich für die Wohnraumsicherung von Bürgergeldempfängern?
Der Beschluss stärkt die Rechte von Bürgergeldempfängern. Das Sozialgericht hat klargestellt, dass die Sicherung des Wohnraums auch nach dem formellen Ende eines Mietverhältnisses zu leisten ist. Das Jobcenter muss also die Nutzungsentscheidung zahlen. (AZ: S 121 AS 6506/23ER)
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.