Bürgergeld: Rechtswidrige Kürzungen während der Corona-Pandemie: So gibt es Geld zurück

Lesedauer 2 Minuten

Kürzungen der Unterkunftskosten während der Corona-Pandemie bei Beziehern von Bürgergeld und Sozialhilfe waren oft rechtswidrig. Noch gibt es die Möglichkeit, die gekürzten Gelder teilweise rückwirkend zu bekommen, informiert die Erwerbsloseninitiative Tacheles e. V.

Angemessenheitsfiktion gilt für die gesamte Pandemie

Das Bundessozialgericht stellte am 14.12.2023 klar: Die Angemessenheitsfiktion der Unterkunfts- und Heizkosten laut Paragraf 67 Absatz 3 des Sozialgesetzbuchs II ist auf den Gesamtzeitraum der COVID-19-Pandemie anzuwenden, also für alle Bewilligungszeiträume zwischen März 2020 und Dezember 2023, und dies für alle in diesem Zeitraum angemieteten Unterkünfte. (B 4 AS 4/23 R)

Das bedeutet, dass Jobcenter vor dem Anmieten einer Wohnung nicht zustimmen mussten, weil alle Unterkunftskosten als angemessen galten.

Eine Ausnahme davon sei es, laut dem Bundessozialgericht, lediglich, wenn jemand das Recht missbrauchte, also in eine deutlich teurere Wohnung zog und so die Corona-Sonderregelungen nutzte, um zulasten der Allgemeinheit die eigene Wohnsituation zu verbessern.

Kostensenkungsverfahren ist notwendig

Außerdem, so das Gericht, sei es grundsätzlich nur möglich, die Kosten der Unterkunft zu begrenzen, wenn das zuständige Jobcenter zuvor ein Kostensenkungsverfahren durchgeführt hätte. Da die Jobcenter jedoch bei Umzügen in zu teure Wohnungen während der Pandemie die Unterkunftskosten schon vorab auf die angemessenen Kosten begrenzt hätten, hätte es in der Folge in diesen Fällen auch kein Kostensenkungsverfahren gegeben.

Alle Kürzungen sind rechtswidrig

Mit diesem Urteil des Bundessozialgerichts sind, laut Tacheles e.V., bis heute alle Kürzungen für die Kosten der Unterkunft durch die Jobcenter rechtswidrig, wenn die Wohnungen zwischen März 2020 und Dezember 2023 angemietet wurden.

Denn erstens hätte zunächst die Angemessenheitsfiktion gegolten und zweitens sei es nicht zulässig, die Unterkunftskosten ohne Kostensenkungsverfahren zu verringern.

Die Jobcenter hätten für einen Zeitraum von sechs Monaten auch unangemessen teure Mieten berücksichtigen müssen, und das in voller Höhe. Eine Ausnahme bestand nur dann, wenn die Jobcenter die Miete bereits vor März 2020 deckelten. Angemessenheit bezieht sich auf die Angemessenheit jeglicher Miete.

Wenn diese sechsmonatige Frist vorbei war, hätten die Jobcenter auch eine überteuerte Miete laut dem Paragrafen 22 Absatz 1 Satz 3 des Sozialgesetzbuchs II für einen Übergang von bis zu weiteren sechs Monaten zahlen müssen.

Was können Sie als Betroffener tun?

Wenn Ihnen das Jobcenter rechtswidrig die Kosten der Unterkunft kürzte, dann haben Sie das Recht, diese zurückzuerhalten. Dies ist allerdings mittels eines Überprüfungsantrags beim Jobcenter nur noch ab Januar 2024 rückwirkend möglich, und dies gilt auch für Sozialhilfe.

Denn auch im Sozialgesetzbuch XII (Sozialhilfe) gilt die Angemessenheitsfiktion bei identischer Rechtslage wie beim Sozialgesetzbuch II, so entschied das Bundessozialgericht in mehreren Urteilen (B 8 SO24/08 R sowie B 8 SO 13/19 R).

Wozu dient ein Überprüfungsantrag?

Ein Überprüfungsantrag dient im deutschen Sozialrecht dazu, dass Betroffene einen mutmaßlich rechtswidrigen Bescheid auch dann noch durch die zuständige Behörde prüfen lassen können, wenn der entsprechende Verwaltungsakt bereits bestandskräftig geworden ist, und die Widerspruchsfrist verstrichen ist.

Einen entsprechenden Überprüfungsantrag können Sie auf der Seite von Tacheles e.V. herunterladen.