Die Erstattungsforderung (§ 34 SGB 2 – Ersatzanspruch bei sozialwidrigem Verhalten) des Jobcenters ist rechtswidrig, wenn die Hilfebedürftige mit der zu erwartenden Urlaubsabgeltung private Verbindlichkeiten getilgt hatte.
Und zugleich gegenüber dem JobCenter einen Verzicht auf Bürgergeld anzeigt hatte, ein sozialwidriges Verhalten i. S. d. Rechtsprechung des BSG liegt dann eben nicht vor so ausdrücklich das Gericht mit ausführlicher Begründung.
Eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB 2 muss die vom Jobcenter geforderten 4143 € nicht zurück zahlen, so aktuell ein Urteil aus Sachsen – Anhalt, denn der Erstattungsanspruch des Jobcenters war rechtswidrig, so der zuständige Rechtsanwalt.
Ein Leistungsverzicht für einen Monat aufgrund der zu erwartenden Urlaubsabgeltung ( einmalige Einnahme ) stelle kein sozialwidriges Verhalten dar , so aber das JobCenter.
Denn ein erklärter Leistungsverzicht eines Leistungsbeziehers, um die Anrechnung einer bevorstehenden Urlaubsabgeltung auf den ALG 2 Bezug zu verhindern, kann einen Erstattungsanspruch nach § 34 SGB II des JobCenters nicht begründen, wenn damit private Verbindlichkeiten wie Insolvenzschulden und Krankenversicherungsbeiträge getilgt wurden.
SGB II: Tilgung privater Schulden eines Leistungsbeziehers stellt kein sozialwidriges Verhalten dar im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
Des weiteren begründen die Tilgung privater Verbindlichkeiten in Absprache mit dem Innsolvenzverwalter und die Begleichung fälliger – durch den Leistungsvezicht entstandener – Krankenversicherunsbeiträge kein sozialwidriges Verhalten im Sinne des § 34 SGB II ( Rechtsprechung Bundessozialgericht ).
Ein für einen Anspruch nach § 34 SGB II erforderlicher eigener Verschuldensbeitrag des damaligen Ehemannes war nicht gegeben, da dieser selbst nicht über die zugeflossene Einnahme verfügen durfte bzw. tatsächlich darüber verfügt hat.
Hinsichtlich des Fehlens der Sozialwidrigkeit ist auch auf folgende Entscheidung hin zuweisen SG Magdeburg, Urteil vom 27. Januar 2021 – S 16 AS 1814/17 –
Dort hatte die Kammer das bereits für eine Sanktionierung nach § 31 Abs. 2 SGB II erforderliche Verschulden, an das geringere Anforderungen zu stellen sind als an den Verschuldensmaßstab § 34 SGB 2 bei der Klägerin nicht feststellen können.
Fazit
Allein der Umstand, dass der Hilfebedürftigen dabei bewusst gewesen sein dürfte, dass sie durch die Schuldentilgung womöglich früher wieder ihren Lebensunterhalt durch SGB II-Leistungen bestreiten muss und sie dieses in Kauf genommen hat, reicht aber allerdings nicht aus, um ein -sozialwidriges Verhalten – im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts begründen zu können.
Praxistipp zum SGB 2:
SG Magdeburg, Urteil vom 27. Januar 2021 – S 16 AS 1814/17 –
Jobcenter: Bürgergeld-Sanktion rechtswidrig, wenn mit der Urlaubsabgeltung Schulden getilgt wurden
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Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.